Professor Mouhanad Khorchide bemüht sich um Diplomatie, sonst könnte er als Leiter des Zentrums für Islamische Theologie auch gar nicht bestehen. Jetzt sitzt er in seinem mit Büchern vollgestopften Büro und ärgert sich: Seit Jahren wartet er darauf, dass der laut Satzung vorgeschriebene Beirat endlich tätig wird, bis jetzt vergeblich:
"Der Beirat wurde bis heute nicht konstituiert, da gab es in der Vergangenheit Spannungen, da warten wir noch immer, dass wir eine Lösung bekommen, wir haben hier alles erledigt und geliefert, warum die Arbeit mit den Verbänden nicht funktioniert, das weiß ich nicht."
Die vier großen muslimischen Verbände, unter anderem die Ditib, sollen mitbestimmen, wer islamische Theologie lehren darf und wer nicht. So wie es auch die Kirchen in den katholischen und evangelischen Fachbereichen tun. Vier Vertreter sollen die Verbände für den Beirat des Zentrums für islamische Theologie in Münster stellen. Solange sie es nicht tun, hakt es im Betrieb, werden z.B. Stellen nicht besetzt, so Professor Khorchide:
"Wir warten seit zweieinhalb Jahren auf die Lehrerlaubnis für Dr. Karimi, seitens der Verbände, er hat sich mehrfach vorgestellt, und wir warten, seitdem haben wir nichts gehört."
Streit um Auslegung des Islam
Seinen Ärger darüber kann er kaum verbergen. Sein Kollege Milad Karimi hat seit Jahren nur eine Vertretungsprofessur, dabei wird er dringend gebraucht. Die muslimischen Verbände aber lassen sich mit der Besetzung des Beirats Zeit, und das habe seinen Grund, sagt Zekeriya Altug, Sprecher der türkisch-islamischen Ditib-Gemeinden:
"Es geht nicht darum, was wir wollen, sondern was unsere Verpflichtung ist. Wir müssen entscheiden, ob die Inhalte, die an der Uni gelehrt werden, mit den Grundsätzen vereinbar sind, und wir müssen gleichzeitig verantworten, ob die Hochschullehrer, die diese Inhalte vermitteln sollen, mit dem personellen Substrat geeignet sind, diese Inhalte zu vermitteln."
Das klingt streng und ist wohl auch so gemeint. Alle vier großen islamischen Verbände gelten als eher konservativ Das hat es auch der Münsteraner Islamprofessor Khorchide zu spüren bekommen. Der hatte in seinem Buch "Islam ist Barmherzigkeit" Thesen vertreten, die den Verbänden zu liberal erschienen, – daraufhin hatten sie mit seiner Absetzung gedroht. Erst seit Khorchide in einer Neuauflage seines Buchs umstrittene Textstellen geändert hat, scheint der Streit beigelegt. Ein führender Ditib-Vertreter hat inzwischen einen Lehrauftrag am Zentrum für islamische Theologie.
Keine Stellungnahme der Uni Münster
Und trotzdem ist der Beirat des Zentrums noch immer nicht besetzt. Die Uni Münster will sich dazu nicht äußern, und auch die meisten Studierenden schweigen lieber dazu. Die Situation ist kompliziert, sagt Islam-Student Yüksel Ünlü:
"Dass die Gemeinden ein Auge drauf haben, das kann ich verstehen, andererseits macht es auch die Arbeit nicht einfacher, wenn man Professoren hat, deren Stellen mit einem Fragezeichen besetzt sind, dass man so bewacht wird, dass da jemand die Hand drauf hält."
Klar ist: Wer später mal Islamlehrer werden oder an die Uni gehen will, sollte sich nicht mit den muslimischen Verbänden überwerfen, so Yüksel Ünlü:
"Man ist auf die Verbände angewiesen, das wird sicher auch noch eine Zeit so sein."
Senat der Uni Münster fordert eine Einigung bis Ende März
Jetzt müssen sich die muslimischen Verbände sputen: Der Senat der Uni Münster hatte beschlossen, dass sich der Beirat für das Zentrum für islamische Theologie bis Ende März zusammensetzen muss. Trotz aller Verzögerungen - Professor Mouhanad Khorchide ist zuversichtlich, dass es doch noch klappt:
"Es wäre schade, wenn wir nicht die Chance ergriffen, viele andere Länder in Europa beneiden uns dafür. Ich war in Österreich, da will man so etwas etablieren. Das heißt, ich bin voller Hoffnung, dass das alle verantwortungsvoll sehen und auch das ganze Projekt, nicht nur in Münster, sondern in ganz Deutschland wohlwollend tragen und unterstützen werden."