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Unkrautvernichtungsmittel
EU-Behörde: Glyphosat wohl nicht krebserregend

Der Streit um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat geht weiter: Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit rät davon ab, die Chemikalie als krebserregend einzustufen. Die Internationale Agentur für Krebsforschung hatte im Sommer das Gegenteil empfohlen. Auch viele Umweltschutzorganisationen fordern einen Verzicht auf den umstrittenen Wirkstoff.

Von Jörg Münchenberg |
    Mit einem Traktor wird nahe Sallach im Landkreis Straubing-Bogen (Bayern) Pflanzenschutzmittel auf ein Feld gespritzt.
    Krebserregend oder nicht? Glyphosat ist das weltweit am häufigsten benutzte Pflanzengift. (picture alliance / dpa / Armin Weigel)
    Wegen des Umfangs der Datenmengen war der Bericht der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, kurz EFSA, zu Glyphosat zunächst verschoben werden. Heute nun präsentierte EFSA ihre Bewertung zu dem Pestizidwirkstoff. Demnach sei das weltweit am häufigsten benutzte Pflanzengift wahrscheinlich nicht krebserregend, erklärte der zuständige Abteilungsleiter der EFSA, Jose Tarazona: "Wir gehen davon aus, dass Glyphosat wahrscheinlich nicht DNA-schädigend ist und wir empfehlen auch nicht eine Einstufung als krebserregend. Für eine solche Einstufung nutzen wir die entsprechende EU-Regulierung für die Klassifizierung von Chemikalien, die ist nicht speziell für Pestizide, sondern für Chemikalien. Aber nach diesen Kriterien können wir eine Einstufung als krebserregend nicht empfehlen".
    Bisherige Zulassung läuft im Juni aus
    Allerdings, so der EFSA-Fachmann heute, müsse die Toxizität von Glyphosat neu definiert werden. Die Behörde schlägt demnach vor, die Aufnahme von Glyphosat auf 0,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht zu beschränken.
    Der heute veröffentlichte Bericht war mit Spannung erwartet worden. Ist er doch eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage für die EU-Kommission für eine Neuzulassung des Wirkstoffes. Die aktuell gültige Zulassung läuft Ende Juni 2016 aus.
    Bauernverband: es gibt keinen gleichwertigen Ersatz
    Mit der heutigen Stellungnahme stellt sich die EFSA gegen eine Bewertung der Internationalen Agentur für Krebsforschung, die wiederum zur Weltgesundheitsorganisation gehört. Die hatte Glyphosat im Sommer als wahrscheinlich krebserzeugend bei Menschen eingestuft. Auch viele Umweltschutzorganisationen fordern einen Verzicht auf den umstrittenen Wirkstoff. Während wiederum der Deutsche Bauernverband vor einem Zulassungsverbot ausdrücklich gewarnt hat. Es gebe keinen gleichwertigen Ersatz. Bei einem Zulassungsverbot müsste die Bodenbearbeitung wieder intensiviert werden.
    Doch Streit gibt es nicht nur um die möglichen Gesundheitsgefahren, sondern auch um die wissenschaftliche Herangehensweise. EFSA betonte heute, man habe im Gegensatz zur Weltgesundheitsorganisation zusätzliche Studien berücksichtigt. Außerdem sei allein die Wirkung von Glyphosat bewertet worden, während die WHO-Agentur auch Glyphosat zusammen mit anderen Stoffen untersucht habe. Greenpeace warf der Europäischen Behörde dennoch vor, sie habe vor allem Studien der Industrie berücksichtigt. Immer wieder war der EFSA auch in zurückliegenden Jahren vorgeworfen worden, sie sei zu industrienah.