Seit den 70er-Jahren ist das Unkrautvernichtungsmittel auf dem Markt und wird weltweit jährlich mit abertausenden Tonnen breit eingesetzt: In der Landwirtschaft, in der Forstwirtschaft, bei Kleingärtnern. Doch auch die Kritik an Glyphosat wächst seit Jahren. Weil sein Einsatz in Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Pflanzen auch sogenannte Superunkräuter hervorgebracht hat, gegen die weder Glyphosat noch andere Produkte helfen und weil es schon länger den Verdacht gibt, Glyphosat könnte gesundheitsschädlich wirken. Dass die Weltgesundheitsorganisation da nun eine Hochstufung vorgenommen hat, sieht Martin Häusling, EU-Parlamentarier der Grünen, daher als Meilenstein.
"Es gab bis jetzt nur den Verdacht, aber wenig belastbare Studien und da muss man jetzt noch mehr liefern also dem Verdacht muss nachgegangen werden. Das ist schon ein Meilenstein. Man muss das natürlich immer noch mal betonen für eines der am meisten verwendeten Pestizide – nicht nur in Deutschland 6.000 Tonnen, weltweit über 120.000 Tonnen - das sind schon Dimensionen und wenn es da auch nur den Anfangsverdacht gibt, muss das natürlich zu einer ganz neuen Bewertung führen. Wir haben in Europa das Vorsorgeprinzip und der Verdacht muss in der Regel ausreichen, um ein Mittel neu und kritisch zu bewerten."
Glyphosat könnte gesundheitsschädlich wirken
Wir haben Martin Häusling per Handy auf dem Weg nach Brüssel erreicht. In der EU stehe in diesem Jahr eine Neuzulassung von Glyphosat an, betont Häusling, bislang galt diese als wahrscheinlich, das könnte sich nun doch noch ändern hofft der Grünen-Politiker. Glyphosat stehe ohnehin heute auf dem Brüsseler Tagungsprogramm:
"Ich werde heute in der Befragung des Gesundheitskommissars im Agrarausschuss dann mal nachhaken, ob da nicht neue Untersuchungen jetzt fällig werden."
Allerdings hat nicht die WHO als WHO eine neue Warnung vor Glyphosat ausgesprochen. Sondern die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO teilt in der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet" mit, Glyphosat sei "wahrscheinlich krebserzeugend" bei Menschen. So berichtet es die "taz" als Titelgeschichte heute Morgen. Demnach hätten drei Vergleichsstudien zwischen Menschen mit und ohne Kontakt zu Glyphosat ergeben, dass die Personen mit Kontakt ein höheres Risiko hatten an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken.
Glyphosat sei "wahrscheinlich krebserzeugend" bei Menschen
In Deutschland hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung erst im Januar betont, es gebe keine Hinweise auf eine krebserzeugende Wirkung. Wörtlich hieß es damals vom BfR:
"Die Analyse der zahlreichen neuen Dokumente ergab keine Hinweise auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat bei den Versuchstieren. Sie gaben auch keinen Anlass, die gesundheitlichen Grenzwerte wesentlich zu verändern".
Kritiker wie Martin Häusling hatte das schon damals nicht beruhigt.
"Deutschland ist ja zuständig für die Neuzulassung von Glyphosat auf europäischer Ebene, uns hat gewundert, dass angeblich keine kritischen Berichte über Glyphosat gefunden wurden, entweder war das wirklich, dass man das nicht sehen wollte, dass es durchaus kritische Berichte gibt oder man hat es einfach schlicht und ergreifend ignoriert. "
Auch der BUND mahnt Langzeitstudien zur gesundheitlichen Wirkung auf den Menschen an. Derzeit sind in Deutschland 92 Pestizide zugelassen, die Glyphosat enthalten.
Eine Stellungnahme des BfR war bis eben nicht zu erhalten.