London vor 60 Jahren: In der Central Hall Westminster haben sich fast 2000 Diplomaten versammelt. Auf dem Podium spricht der Belgier Paul Henri Spaak. Neben ihm steht im dunklen Smoking der Norweger Trygve Lie. Spaak wird Lie als ersten Generalsekretär der Vereinten Nationen vereidigen. Es ist ein feierlicher Moment. Durch die kleinen Fenster der Kathedrale fällt fahles Licht, als Lie seine Hand zum Schwur erhebt:
"Ich, Trygve Lie, schwöre feierlich, die Funktion, die mir als Generalsekretär anvertraut wurde, gewissenhaft, in Loyalität und mit Taktgefühl auszuüben."
Lie war schon bei den Gründungskonferenzen der UNO dabei. Als Vertreter Norwegens hatte er maßgeblich die Befugnisse des Weltsicherheitsrates ausgehandelt. Dass die Delegierten ausgerechnet ihn zum ersten Generalsekretär der UNO wählten, hatte viel mit seiner Biografie zu tun. In den Augen der Amerikaner war Lie ein Mann des Westens. Schließlich hatte er lange in England gelebt. Andererseits war Lie viele Jahre Minister in einer linken norwegischen Regierung gewesen. Diese sozialistische Seite machte ihn für die Sowjetunion akzeptabel. Nach seiner Vereidigung gab es von allen Seiten Glückwünsche.
Spaak: "Viel Erfolg und viel Glück, Herr Generalsekretär. Und lassen Sie mich hinzufügen: Viel Erfolg und viel Glück mein guter Freund. "
Glück konnte Lie gut gebrauchen. Die Erwartungen an ihn und seine Organisation waren hoch. Die UNO sollte nichts Geringeres als den Frieden in der Welt sichern. In den ersten Monaten seiner Amtszeit baute Lie sein Sekretariat auf und versprach immer wieder eine bessere Welt – dank der UNO:
"Forderungen, Wünsche, Probleme, Gegebenheiten und Streitigkeiten werden diskutiert. Und manchmal wird darunter die Harmonie leiden. Aber wir machen weiter, in der Hoffnung, ein neues internationales Parlament aufzubauen, auf der Grundlage von Frieden, Gerechtigkeit und Sicherheit."
Doch der Generalsekretär merkte schnell, dass das nicht so einfach war. Schon kurz nach seiner Wahl trat die Spaltung der Welt in zwei Blöcke offen zu Tage. Die Sowjetunion und die USA versuchten, die UNO für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Ost wie West warfen Lie vor, die jeweils andere Seite zu bevorzugen. Ein Streitpunkt war zum Beispiel, ob das kommunistische China einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat erhalten sollte – anstatt der chinesischen Exilregierung in Taiwan. Die Westmächte verweigerten dieses Anliegen. Daraufhin boykottierte die Sowjetunion alle weiteren Sitzungen der UNO. Lies Traum vom Weltparlament platzte schnell. Auszug aus einer Pressekonferenz:
Reporter:" Mister Lie, glauben Sie, ein Teil des Problems ist, dass wir von den Vereinten Nationen am Anfang Wunder erwartet haben?"
Lie:" Vielleicht ist das so in einem gewissen Ausmaß. Aber das ist nicht Kern der Sache. Die größten Schwierigkeiten sind das wachsende Misstrauen und die Verdächtigungen zwischen einigen Großmächten. Der Spielraum wird dadurch noch enger."
Trotzdem konnte Lie auch Erfolge vorweisen. So wurde in seiner Amtszeit die Erklärung der Menschenrechte verabschiedet, und er vermittelte beim Abzug der Sowjetunion aus dem Iran. 1947 schenkte der Milliardär John Rockefeller Lies Organisation ein Grundstück am New Yorker Hudson-River. Noch heute ist dort der Sitz der UNO.
1950 beschloss der Weltsicherheitsrat den ersten Militäreinsatz. Das kommunistische Nordkorea hatte Südkorea überfallen. Die USA sollten im Namen der UNO eingreifen. Die Sowjetunion war bei der entscheidenden Abstimmung wieder nicht dabei.
Lie: "Die Korea-Krise ist Symptom und Auswirkung einer gespaltenen und blockierten Welt. Die Vereinten Nationen müssen jedem Zwischenfall, jedem Konflikt entschlossen begegnen. Die Atmosphäre des großen Konfliktes begünstigt kleine bewaffnete Konflikte – und ich hoffe, sie bleiben klein."
Der Einsatz gegen das kommunistische Korea unter UNO-Flagge machte Lie endgültig zum Feind Stalins. Der russische Diktator betrieb nun hartnäckig die Absetzung des Norwegers. Doch einige Jahre konnte sich Lie auch ohne Unterstützung des Ostblocks halten. Erst am 10. November 1952 trat er frustriert zurück – ein Jahr vor Ablauf seiner zweiten Amtszeit. Seinen Nachfolger Dag Hammerskjöld begrüßte Lie mit den Worten:
"Willkommen in New York und bei den Vereinten Nationen. Sie übernehmen hier den unmöglichsten Job der Erde. "
"Ich, Trygve Lie, schwöre feierlich, die Funktion, die mir als Generalsekretär anvertraut wurde, gewissenhaft, in Loyalität und mit Taktgefühl auszuüben."
Lie war schon bei den Gründungskonferenzen der UNO dabei. Als Vertreter Norwegens hatte er maßgeblich die Befugnisse des Weltsicherheitsrates ausgehandelt. Dass die Delegierten ausgerechnet ihn zum ersten Generalsekretär der UNO wählten, hatte viel mit seiner Biografie zu tun. In den Augen der Amerikaner war Lie ein Mann des Westens. Schließlich hatte er lange in England gelebt. Andererseits war Lie viele Jahre Minister in einer linken norwegischen Regierung gewesen. Diese sozialistische Seite machte ihn für die Sowjetunion akzeptabel. Nach seiner Vereidigung gab es von allen Seiten Glückwünsche.
Spaak: "Viel Erfolg und viel Glück, Herr Generalsekretär. Und lassen Sie mich hinzufügen: Viel Erfolg und viel Glück mein guter Freund. "
Glück konnte Lie gut gebrauchen. Die Erwartungen an ihn und seine Organisation waren hoch. Die UNO sollte nichts Geringeres als den Frieden in der Welt sichern. In den ersten Monaten seiner Amtszeit baute Lie sein Sekretariat auf und versprach immer wieder eine bessere Welt – dank der UNO:
"Forderungen, Wünsche, Probleme, Gegebenheiten und Streitigkeiten werden diskutiert. Und manchmal wird darunter die Harmonie leiden. Aber wir machen weiter, in der Hoffnung, ein neues internationales Parlament aufzubauen, auf der Grundlage von Frieden, Gerechtigkeit und Sicherheit."
Doch der Generalsekretär merkte schnell, dass das nicht so einfach war. Schon kurz nach seiner Wahl trat die Spaltung der Welt in zwei Blöcke offen zu Tage. Die Sowjetunion und die USA versuchten, die UNO für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Ost wie West warfen Lie vor, die jeweils andere Seite zu bevorzugen. Ein Streitpunkt war zum Beispiel, ob das kommunistische China einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat erhalten sollte – anstatt der chinesischen Exilregierung in Taiwan. Die Westmächte verweigerten dieses Anliegen. Daraufhin boykottierte die Sowjetunion alle weiteren Sitzungen der UNO. Lies Traum vom Weltparlament platzte schnell. Auszug aus einer Pressekonferenz:
Reporter:" Mister Lie, glauben Sie, ein Teil des Problems ist, dass wir von den Vereinten Nationen am Anfang Wunder erwartet haben?"
Lie:" Vielleicht ist das so in einem gewissen Ausmaß. Aber das ist nicht Kern der Sache. Die größten Schwierigkeiten sind das wachsende Misstrauen und die Verdächtigungen zwischen einigen Großmächten. Der Spielraum wird dadurch noch enger."
Trotzdem konnte Lie auch Erfolge vorweisen. So wurde in seiner Amtszeit die Erklärung der Menschenrechte verabschiedet, und er vermittelte beim Abzug der Sowjetunion aus dem Iran. 1947 schenkte der Milliardär John Rockefeller Lies Organisation ein Grundstück am New Yorker Hudson-River. Noch heute ist dort der Sitz der UNO.
1950 beschloss der Weltsicherheitsrat den ersten Militäreinsatz. Das kommunistische Nordkorea hatte Südkorea überfallen. Die USA sollten im Namen der UNO eingreifen. Die Sowjetunion war bei der entscheidenden Abstimmung wieder nicht dabei.
Lie: "Die Korea-Krise ist Symptom und Auswirkung einer gespaltenen und blockierten Welt. Die Vereinten Nationen müssen jedem Zwischenfall, jedem Konflikt entschlossen begegnen. Die Atmosphäre des großen Konfliktes begünstigt kleine bewaffnete Konflikte – und ich hoffe, sie bleiben klein."
Der Einsatz gegen das kommunistische Korea unter UNO-Flagge machte Lie endgültig zum Feind Stalins. Der russische Diktator betrieb nun hartnäckig die Absetzung des Norwegers. Doch einige Jahre konnte sich Lie auch ohne Unterstützung des Ostblocks halten. Erst am 10. November 1952 trat er frustriert zurück – ein Jahr vor Ablauf seiner zweiten Amtszeit. Seinen Nachfolger Dag Hammerskjöld begrüßte Lie mit den Worten:
"Willkommen in New York und bei den Vereinten Nationen. Sie übernehmen hier den unmöglichsten Job der Erde. "