Knapp ein Jahr lang haben die drei Fachleute der UNO unter Leitung des Australiers Michael Kirby versucht, die Lage in Nordkorea so genau wie möglich darzustellen. Kein leichtes Unterfangen, denn eine Reise in das weitgehend abgeschottete Land wurde ihnen nicht gestattet.
So hörte die Runde mehr als 80 Zeugen in öffentlichen Sitzungen und reiste dafür nach Seoul, Tokio, London und Washington. Mit über 370 Seiten ist der heute vorgestellte Bericht einer der umfassendsten Versuche, die Lage in Nordkorea zu schildern. Auch Satellitenfotos wurden ausgewertet.
Vorgehen erinnert an Nazi-Zeit
Die unabhängige Kommission kommt zu dem Schluss, dass systematische Massentötungen, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen von den nordkoreanischen Machthabern angeordnet werden. Auch Versklavung, Vergewaltigung und erzwungene Abtreibungen werden aufgelistet.
In Lagern müssten Häftlinge zu Tode hungern und anschließend von anderen Gefangenen verbrannt und vergraben werden. Insgesamt erinnere dieses Vorgehen "verblüffend" an das der Nazis. Derzeit befinden sich etwa 80.000 bis 120.000 Menschen in vier großen Lagern in Nordkorea.
"Die Menschenrechtsverletzungen sind von einer Schwere, einem Ausmaß und einer Art, die in der heutigen Welt keinen Vergleich kennt", heißt es in dem Bericht.
UNO droht Machthabern mit Prozess
Verantwortlich für die Verbrechen machen die UNO-Fachleute etwa hundert führende Personen in Nordkorea, allen voran Machthaber Kim Jong Un. Ihm käme als oberstem Führer auch ein Großteil der Verantwortung zu.
Schon im Januar hat die UNO Kim Jong Un einen Brief zukommen lassen und darin darauf hingewiesen, dass jeder Vertreter des Machtapparats auf Völkerrechtsanklagen gefasst sein müsse. Zudem empfiehlt die Kommission, dass der Sicherheitsrat aktiv wird und den Internationalen Strafgerichtshof oder ein Sondertribunal einschaltet, um die Verantwortlichen in Nordkorea anzuklagen.
China für Gespräche
Außerdem wird von China gefordert, sich stärker der Lage anzunehmen. Zwar wird in dem Untersuchungsbericht dem kommunistisch regierten Land vorgeworfen, unliebsame Bürger in nordkoreanische Lager zu schicken. Wegen Chinas Vetorecht im Sicherheitsrat kommt dem Staat jedoch eine Schlüsselrolle zu.
Die Regierung in Peking lehnt es aber ab, den Internationalen Gerichtshof einzuschalten und sprach sich für Gespräche mit Nordkorea aus. Die USA unterstützen dagegen den Bericht und forderten konkrete Schritte von Nordkoreas Führung, um die Menschenrechtslage zu verbessern.
Das ist allerdings wenig aussichtsreich. Aus Pjöngjang hieß es heute nur: Der Bericht der UNO beruhe auf Unterlagen, die gefälscht seien von ausländischen Mächten.