"Wo soll ich anfangen?", Stephen O'Brien, der UNO-Nothilfekoordinator, zugeschaltet per Videoleitung in den Sicherheitsrat nach New York. Sein Job: dem Grauen einen Namen zu geben. Der Ostteil-Aleppos: belagert. Bomben auf Zivilisten. Bunkerbrechende Waffen. O'Brien gehen die Worte aus. Und 15 UNO-Botschafter hören in New York schweigend sein Schweigen. Immer wieder. Sie hören auch, was der syrische UNO-Botschafter später, eine Lüge nennen wird: Bomben der syrischen Armee auf Zivilisten.
"Körper von Babys, Kinder, Männern und Frauen, zerquetscht unter Trümmern, sichtbar aber nicht geborgen in 20 Meter tiefen Kratern. Dort wo sie Schutz in Kellern suchten und einst sicher waren."
Zwei Krankenhäuser bombardiert - zwei von acht verbliebenen. Der syrische Botschafter al-Dschafari steht später, draußen vor der Tür: Am Sonntag noch lachte er laut auf die Frage, ob Syrien zwei Krankenhäuser bombardiert habe: "Bomben auf Zivilisten? Wir machen so etwas nicht."
Wir machen das nicht? Stephen O'Brien zeichnete ein anderes Bild. Über 100 Kinder tot. Das seien nicht einfach Zahlen. "Das sind Menschen, Familien, die wir, die sie nicht in der Lage waren zu retten", sagte er dem Sicherheitsrat.
Syriens Botschafter, gefragt nach den toten Kindern in Aleppo, rät allen, sich "nicht in Details" zu verlieren, natürlich gebe es Kinder in Aleppo. In Syrien stürben überall Kinder aufgrund der Wirtschaftssanktionen durch Europa und die USA.
Während der Syrer draußen vor dem Saal über scheinbare Details wie zerbombte Kinder redet, appellierte Stephen O'Brien an den Sicherheitsrat. Was, sagte er, müsse noch denn passieren, damit eine rote Linie definiert werde. Wenn dieser Sicherheitsrat, sagt O'Brien, nicht umgehend eine 48-stündige Waffenruhe erreiche, dann stehe er auf der falschen Seite der Geschichte.
"Blutbad, Schlachterei, Gräuel"
Jetzt sei es Zeit, Namen zu nennen, Schuldige, die das internationale Recht mit Füßen träten. "Blutbad. Schlachterei. Gräuel." O'Brien ließ kein Wort aus und war doch sprachlos angesichts des Sterbens. Syrien blute, die Einwohner stürben, alle würden die Hilferufe hören. 15 Minuten sprach der UNO-Nothilfekoordinator über die Not der Menschen. Dann war Schluss. Keine Entscheidung des Sicherheitsrates. O'Brien ahnte es wohl, als er sagte, vermutlich werde die wachsende Abscheu der Welt über dieses Schlachten das einzige Mittel sein, es irgendwann doch noch zu beenden.
Syriens UNO-Botschafter fand das alles übrigens hysterisch. "Zwei Treffen zu Syrien binnen eines Tages - hysterisch", sagte er. Hysterisch also. Russlands UNO-Botschafter Witali Tschurkin übrigens hörte das alles nicht. Er war gar nicht erst zur Sicherheitsrats-Sitzung erschienen. Er hatte den Stellvertreter seines Stellvertreters geschickt.