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Der Sondergesandte der Vereinten Nationen für Syrien, Pedersen, mahnte, "Blutvergießen zu vermeiden". Er rief zum Dialog und zur Vorbereitung einer Übergangsregierung auf. Assad war vor den Aufständischen mit seiner Familie nach Moskau geflohen. Russland habe ihnen Asyl gewährt, meldeten staatliche Agenturen unter Berufung auf Vertreter des Kremls.
Aufständische unter der Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten in der Nacht zum Sonntag die Kontrolle über die syrische Hauptstadt Damaskus übernommen und damit das Ende der mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Herrschaft Assads eingeläutet. Seit Beginn der Rebellenoffensive starben Aktivisten zufolge mindestens 910 Menschen. Darunter seien mehr als 130 Zivilisten, auch mehrere Kinder, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien. Deren Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Teile des Präsidentenpalasts in Brand gesetzt
In Damaskus waren gestern Plünderer und Schaulustige in den verwaisten Präsidentenpalast eingedrungen. Dabei wurde eine Empfangshalle in Brand gesetzt. Die einige Kilometer entfernte Residenz des Diktators sei geplündert worden, berichteten Reporter. In den Räumen seien nur noch wenige Möbelstücke und verstreute Akten zu sehen. Demnach nutzten neben Plünderern auch viele Schaulustige die Gelegenheit, die Luxus-Liegenschaften zu besichtigen.
Auch in der iranischen Botschaft richteten Eindringlinge Verwüstungen an. Bilder davon waren etwa im iranischen Staatsfernsehen zu sehen, die von dem saudi-arabischen Sender Al-Arabija aufgenommen worden waren. Teheran war neben Russland der größte Unterstützer des Assad-Regimes. Die Zeitung "Tehran Times" berichtet, dass die Diplomaten die Botschaft in Damaskus verlassen hätten, bevor sie gestürmt worden sei.
Biden: "Erhebliche Risiken und Unsicherheit"
Der scheidende US-Präsident Biden kündigte an, dass amerikanische Soldaten bis auf Weiteres in Syrien bleiben werden. Die Vereinigten Staaten ließen nicht zu, dass die Terrormiliz IS dort das Machtvakuum nutzen könne, um den eigenen Einfluss wieder auszubauen. Die US-Regierung werde auch Nachbarländer wie Israel, Jordanien, den Libanon und den Irak unterstützen, falls in der Übergangsphase eine Bedrohung von Syrien ausgehen sollte.
Der Präsident erklärte weiter, er werde in den kommenden Tagen mit Staats- und Regierungschefs in der Region sprechen und ranghohe Beamte dorthin entsenden. "Dies ist ein Moment erheblicher Risiken und Unsicherheit." Es sei aber zugleich für die Syrer die beste Chance seit Generationen, ihre eigene Zukunft zu gestalten, sagte Biden.
Netanjahu: "Historischer Tag"
Russland teilte mit, man stehe in Kontakt mit den Rebellen. Für eigene Militäreinrichtungen bestehe derzeit keine Gefahr. Israels Ministerpräsident Netanjahu sprach nach Assads Sturz von einem "historischen Tag". Das schaffe neue und sehr wichtige Möglichkeiten für Israel. Es gebe aber auch Risiken. Israel arbeite an einer guten Nachbarschaft und werde Drusen, Kurden, Christen und Muslimen "die Hand des Friedens reichen".
Bundeskanzler Scholz erklärte, ein friedlicher Übergangsprozess und eine politische Lösung seien möglich. Gemeinsam mit internationalen Partnern werde Deutschland dazu seinen Beitrag leisten.
Diese Nachricht wurde am 09.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.