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Unruhen im Iran
"Für deutsche Unternehmen vor Ort noch kein Problem"

Nach der Aufhebung von Sanktionen 2016 im Iran hatten sich deutsche Investoren einen wirtschaftlichen Aufschwung und Hoffnungen auf aufblühenden Handel gemacht. Doch beides ist ausgeblieben. Warum die Wirtschaft nicht ans Laufen kommt und wie potenzielle deutsche Investoren die aktuelle Lage bewerten.

Von Paul Vorreiter |
    Ein Mann geht am 02.11.2017 in Teheran im Iran an einem Banner mit der Aufschrift "First German Business Center Opens its Doors in Tehran" vorbei.
    Die Deutsch-Iranische Industrie- und Handelskammer hat 2017 in Teheran das erste "German Business Center" für die Beratung deutscher Unternehmen im Iran eröffnet (dpa / Farshid Motahari)
    Anfang 2016 war die Vorfreude deutscher Investoren groß: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag sah voraus, dass bei den Exporten die Zehn-Milliarden Euro-Marke in einigen Jahren übertroffen werden könnte. Volker Treier, Außenwirtschaftschef beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, gibt heute zu, dass die Prognosen überoptimistisch waren.
    "Wir haben im Jahr 2016 einen Zuwachs von 20 Prozent und auch im Jahr 2017 hat dieser Zuwachs in diesem Tempo angehalten insofern liegen wir jetzt jährliches Handelsvolumen bei über drei Milliarden Euro. Das ist noch dieses Exportvolumen, das wir dereinst hatten im Jahr 2005, da lag es bei fünf Milliarden Euro."
    Probleme bei Großprojekten
    Das deutsche Irangeschäft läuft also an, aber nicht schnell genug. Dabei gibt es in dem Land viel zu tun, vor allem für Deutschland, das 2016 Hauptaußenhandelspartner unter den EU-Ländern war. Der Iran verfügt nach DIHK-Angaben über eine relativ gut diversifizierte Wirtschaft, die selbst viel produziert und weiterverarbeitet. Alte Industrieanlagen müssten erweitert oder modernisiert werden. Das Land lebt von seiner Öl- oder Gasindustrie.
    Aber auch im Bereich erneuerbare Energien, etwa einer effizienteren Wasserwirtschaft gibt es Bedarf, ebenso im medizinischen Sektor werden pharmazeutische Produkte gebraucht. Siemens will die iranische Bahninfrastruktur modernisieren. Und das europäische Luftfahrt-Unternehmen Airbus soll das Land mit mehr als 100 neuen Flugzeugen beliefern. Gerade bei solchen Großprojekten gebe es aber Probleme, sagt der Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer, Michael Tockuss.
    "So ist es aktuell Stand, dass erst vier Flugzeuge von Airbus an die Iraner ausgeliefert wurden, weil es da im Einzelfall mal möglich war über Leasinggesellschaften aus dem persischen Golf die Finanzierungen zu machen, aber die großen deutschen Banken wie Deutsche Bank Commerzbank Hypo Vereinsbank wollen diese Geschäfte aus Angst vor Sanktionen in den USA nicht machen."
    US-Iranpolitik ist die große Unbekannte
    Die US-amerikanische Iranpolitik ist die große Unbekannte für ausländischen Investoren. Bis Mitte Januar muss Präsident Trump erneut darüber entscheiden, ob die amerikanischen Sanktionen gegen iranische Erdöl-Exporte ausgesetzt bleiben. Seine Sprecherin sagte heute, dass er hinsichtlich der Sanktionen noch keine Entscheidung getroffen habe. Die wirtschaftlichen Probleme im Iran haben allerdings nicht nur mit der US-Außenpolitik zu tun, auch innerhalb des Landes gibt es Herausforderungen für die Politik.
    Volker Treier vom DIHK: "Im Moment herrscht nach wie vor eine große Arbeitslosigkeit gerade bei jungen Leuten. Man hat, weil die wirtschaftliche Entwicklung nicht so gut ist, und eine Ausdehnung des Güterangebots nicht einhergeht, hohe Inflationsraten, das heißt Kaufkraftverluste in vielen Segmenten der Bevölkerung und das führt zu Unzufriedenheit."
    Und die äußert sich unter anderem auch in den gegenwärtigen Protesten. Sie selbst haben für den Handel mit Deutschland bislang noch keine Auswirkungen, sagt Michael Tockuss von der Deutsch-Iranischen Handelskammer.
    "Die Masse der Unternehmen ist sowieso in Teheran und die Hauptproteste der letzten Tage ergaben sich ja in den Provinzstädten. Im Augenblick sehe ich für deutsche Unternehmen vor Ort noch kein Problem."
    Unklar ist, welche innenpolitischen Folgen die Proteste nach sich ziehen werden und wie sich das auf den wirtschaftlichen Reformeifer der Regierung auswirken werden. So liegt die Wirtschaft Irans überwiegend in den Händen des Staates beziehungsweise religiöser Stiftungen. Die Regierung will den privaten Anteil stark erweitern.