Als Andrea Röpke vor zwei Jahren beim niedersächsischen Verfassungsschutz nachfragte, ob möglicherweise Angaben über sie gespeichert würden, war ihr mitgeteilt worden, es gäbe über sie keinerlei Unterlagen. Das war, gelinde gesagt, die Unwahrheit. Am Strand der Insel Rügen sei sie spazieren gewesen, erzählt Röpke, als am Mittwoch vergangener Woche ihr Telefon klingelte. Am anderen Ende: Maren Brandenburger.
Die Präsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutzes teilte bei dem Gespräch in ebenso höflichem wie bedauernden Tonfall mit, dass die Behörde sehr wohl sechs Jahre lang – von 2006 bis 2012 - Informationen über die Journalistin gesammelt habe. Anschließend sollen die Daten – wiederum heimlich – gelöscht worden sein. Als vielfach mit Preisen ausgezeichnete Fachjournalistin, Expertin für die rechtsextreme Szene in Deutschland und eine der Sachverständigen im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zur Aufarbeitung des NSU-Skandals hat Röpke den Verfassungsschutz immer wieder kritisiert.
"Gerade 2006, als dann diese Akte anscheinend über mich angelegt wurde, da habe ich zur 'Heimattreuen Deutschen Jugend' recherchiert. Und in Niedersachsen waren sehr viele Lager von denen. Es war empörend und ich fand es auch skandalös, dass der niedersächsische Verfassungsschutz in seinen Jahresberichten j nicht einmal die Heimattreue Deutsche Jugend erwähnt hat.
Und das habe ich natürlich auch in Medien geäußert und auch in Vorträgen. Der Verfassungsschutz hat meines Erachtens einfach zu wenig gegen Rechts getan in Niedersachsen. Und umso empörter bin ich natürlich, dass die, anstatt aufzuklären, über die Neonazis dann tatsächlich uns im Visier hatten als Journalisten, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen."
Was gesammelt wurde, lässt sich möglicherweise nur noch schwer rekonstruieren. Andrea Röpke und ihr Anwalt haben Strafanzeige wegen Urkundenunterdrückung gestellt, denn bei der Akte habe es sich nach dem Auskunftsbegehren um ein Dokument gehandelt, über das der Verfassungsschutz nicht mehr frei verfügen durfte.
Innenminister Boris Pistorius von der SPD ist nach dem Machtwechsel in Niedersachsen mit dem erklärten Vorsatz angetreten, für mehr Transparenz unter zu sorgen und die Behörde neu aufzustellen. Eine Kommission soll neue Richtlinien für die Geheimen ausarbeiten. Die neue Präsidentin des Verfassungsschutzes betont bei jeder Gelegenheit ihren Aufklärungswillen. Bei Stichproben habe sie unrechtmäßig gesammelte Daten über mindestens sechs weitere Reporter entdeckt. Doch Maren Brandenburger versichert auch:
"Eine Struktur ist da nicht erkennbar. Wir müssen das erst mal in Ruhe aufklären. Grundsätzlich gilt aber auch, es sind nicht Journalisten gezielt vom Verfassungsschutz beobachtet worden, und schon mal nicht in ihrer Eigenschaft als Journalist. Sondern es war eine Erhebung und Speicherung von Daten aufgrund verschiedener Erkenntnisse, dass der eine oder andere bei Veranstaltungen von extremistischen Organisationen dabei war oder sich da in dem Umfeld bewegt hat."
Kai Budler, Hörfunk-Redakteur in Göttingen und freier Fachjournalist im Bereich Rechtsextremismus hat inzwischen alle Landesämter für Verfassungsschutz und auch das Bundesamt aufgefordert, ihm mitzuteilen, ob bei der jeweiligen Behörde personenbezogene Daten über ihn gespeichert sind.
Bereits vor zwei Jahren hatte Budler mit Hilfe seines Anwalts in Erfahrung gebracht, dass der niedersächsische Verfassungsschutz eine Akte über ihn geführt, diese in der Folge des Auskunftsersuchens jedoch unwiderruflich gelöscht worden sei. Wurde er als Gehilfe abgeschöpft oder als Gegner verfolgt? Drüber ist sich Budler bis heute im Unklaren. Das Verhältnis zu den Sicherheitsbehörden sei schon immer kompliziert gewesen:
"Wir kennen das alle, diejenigen, die sich in dem Themenfeld bewegen und arbeiten: Man wird teilweise über alle Maße behindert, sich frei zu bewegen. Man wird teilweise in der Arbeit mit Platzverweisen belegt. Am schlimmsten ist es, wenn man bei Neonazi-Treffen ist, von der Polizei angegangen wird – und das vor den Augen der Neonazis. Was für sie wiederum eine Art Bestätigung ist. Da wird die vermeintlich die Journaille von der Polizei abgeräumt während die Neonazis vor Ort bleiben können. Ich glaube diese Behörden haben ein Problem mit der Aufklärungsarbeit, wenn sie nicht von ihnen kommt."
Beide Varianten seien für die Arbeit des investigativen Journalisten fatal, sagt Kai Budler. Informanten würden es sich dreimal überlegenden Kontakt aufzunehmen, weil sie befürchten müssten, dass Informationen die man austauscht nicht mehr vertraulich blieben.
"Das ist schon anfangs ein Ohnmachtsgefühl gewesen. Zu wissen, es ist ein Geheimdienst, das Wort birgt es schon in sich – ein Amt das im Geheimen arbeitet und deshalb erhält man als Betroffener keinen Einblick in die Akten, die dieses Amt über einen selber speichert. Ich weiß nicht, wie das in den Jahren, in den ich beobachte worden bin, ich weiß nicht ob ich es jetzt noch werde, mit Telefon abhören gewesen ist, ich weiß nicht, wie das mit sogenannten Spitzeln oder V-Leuten gewesen ist, das ist mir alles völlig unklar.
Und deshalb bleibt natürlich die Unwägbarkeit zu sagen, was ist in dieser zeit passiert, was passiert heute eigentlich. Welche Informationen behalte ich für mich, wenn ich telefoniere? Und das geht natürlich auch in den privaten Bereich: Wer möchte, dass eine Behörde wie der VS ganz private Gespräche mitkriegt, die man am Telefon führt."
Die Präsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutzes teilte bei dem Gespräch in ebenso höflichem wie bedauernden Tonfall mit, dass die Behörde sehr wohl sechs Jahre lang – von 2006 bis 2012 - Informationen über die Journalistin gesammelt habe. Anschließend sollen die Daten – wiederum heimlich – gelöscht worden sein. Als vielfach mit Preisen ausgezeichnete Fachjournalistin, Expertin für die rechtsextreme Szene in Deutschland und eine der Sachverständigen im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zur Aufarbeitung des NSU-Skandals hat Röpke den Verfassungsschutz immer wieder kritisiert.
"Gerade 2006, als dann diese Akte anscheinend über mich angelegt wurde, da habe ich zur 'Heimattreuen Deutschen Jugend' recherchiert. Und in Niedersachsen waren sehr viele Lager von denen. Es war empörend und ich fand es auch skandalös, dass der niedersächsische Verfassungsschutz in seinen Jahresberichten j nicht einmal die Heimattreue Deutsche Jugend erwähnt hat.
Und das habe ich natürlich auch in Medien geäußert und auch in Vorträgen. Der Verfassungsschutz hat meines Erachtens einfach zu wenig gegen Rechts getan in Niedersachsen. Und umso empörter bin ich natürlich, dass die, anstatt aufzuklären, über die Neonazis dann tatsächlich uns im Visier hatten als Journalisten, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen."
Was gesammelt wurde, lässt sich möglicherweise nur noch schwer rekonstruieren. Andrea Röpke und ihr Anwalt haben Strafanzeige wegen Urkundenunterdrückung gestellt, denn bei der Akte habe es sich nach dem Auskunftsbegehren um ein Dokument gehandelt, über das der Verfassungsschutz nicht mehr frei verfügen durfte.
Innenminister Boris Pistorius von der SPD ist nach dem Machtwechsel in Niedersachsen mit dem erklärten Vorsatz angetreten, für mehr Transparenz unter zu sorgen und die Behörde neu aufzustellen. Eine Kommission soll neue Richtlinien für die Geheimen ausarbeiten. Die neue Präsidentin des Verfassungsschutzes betont bei jeder Gelegenheit ihren Aufklärungswillen. Bei Stichproben habe sie unrechtmäßig gesammelte Daten über mindestens sechs weitere Reporter entdeckt. Doch Maren Brandenburger versichert auch:
"Eine Struktur ist da nicht erkennbar. Wir müssen das erst mal in Ruhe aufklären. Grundsätzlich gilt aber auch, es sind nicht Journalisten gezielt vom Verfassungsschutz beobachtet worden, und schon mal nicht in ihrer Eigenschaft als Journalist. Sondern es war eine Erhebung und Speicherung von Daten aufgrund verschiedener Erkenntnisse, dass der eine oder andere bei Veranstaltungen von extremistischen Organisationen dabei war oder sich da in dem Umfeld bewegt hat."
Kai Budler, Hörfunk-Redakteur in Göttingen und freier Fachjournalist im Bereich Rechtsextremismus hat inzwischen alle Landesämter für Verfassungsschutz und auch das Bundesamt aufgefordert, ihm mitzuteilen, ob bei der jeweiligen Behörde personenbezogene Daten über ihn gespeichert sind.
Bereits vor zwei Jahren hatte Budler mit Hilfe seines Anwalts in Erfahrung gebracht, dass der niedersächsische Verfassungsschutz eine Akte über ihn geführt, diese in der Folge des Auskunftsersuchens jedoch unwiderruflich gelöscht worden sei. Wurde er als Gehilfe abgeschöpft oder als Gegner verfolgt? Drüber ist sich Budler bis heute im Unklaren. Das Verhältnis zu den Sicherheitsbehörden sei schon immer kompliziert gewesen:
"Wir kennen das alle, diejenigen, die sich in dem Themenfeld bewegen und arbeiten: Man wird teilweise über alle Maße behindert, sich frei zu bewegen. Man wird teilweise in der Arbeit mit Platzverweisen belegt. Am schlimmsten ist es, wenn man bei Neonazi-Treffen ist, von der Polizei angegangen wird – und das vor den Augen der Neonazis. Was für sie wiederum eine Art Bestätigung ist. Da wird die vermeintlich die Journaille von der Polizei abgeräumt während die Neonazis vor Ort bleiben können. Ich glaube diese Behörden haben ein Problem mit der Aufklärungsarbeit, wenn sie nicht von ihnen kommt."
Beide Varianten seien für die Arbeit des investigativen Journalisten fatal, sagt Kai Budler. Informanten würden es sich dreimal überlegenden Kontakt aufzunehmen, weil sie befürchten müssten, dass Informationen die man austauscht nicht mehr vertraulich blieben.
"Das ist schon anfangs ein Ohnmachtsgefühl gewesen. Zu wissen, es ist ein Geheimdienst, das Wort birgt es schon in sich – ein Amt das im Geheimen arbeitet und deshalb erhält man als Betroffener keinen Einblick in die Akten, die dieses Amt über einen selber speichert. Ich weiß nicht, wie das in den Jahren, in den ich beobachte worden bin, ich weiß nicht ob ich es jetzt noch werde, mit Telefon abhören gewesen ist, ich weiß nicht, wie das mit sogenannten Spitzeln oder V-Leuten gewesen ist, das ist mir alles völlig unklar.
Und deshalb bleibt natürlich die Unwägbarkeit zu sagen, was ist in dieser zeit passiert, was passiert heute eigentlich. Welche Informationen behalte ich für mich, wenn ich telefoniere? Und das geht natürlich auch in den privaten Bereich: Wer möchte, dass eine Behörde wie der VS ganz private Gespräche mitkriegt, die man am Telefon führt."