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Unterkünfte
Flüchtlinge kosten doppelt

Die Stadt Magdeburg hat von einem Berliner Immobilienunternehmer fünf Gebäude angemietet, um Flüchtlinge unterzubringen - und zahlt fast doppelt so viel für die Wohnungen wie andere Mieter. Der Unternehmer meint: Flüchtlinge wirtschaften die Wohnungen schneller herunter. Kritiker werfen ihm Rassismus vor.

Von Christoph Richter |
    Ein Flüchtling sitzt in München in einem Unterkunftszelt am Internationalen Jugendübernachtungscamp am Kapuzinerhölzl in seinem Bett.
    Die Kommunen suchen händeringend nach Unterkünften für Flüchtlinge - für Immobilienunternehmen ein gutes Geschäft? (dpa / picture alliance / Tobias Hase)
    In einem Magdeburger Gewerbegebiet entstehen derzeit fünf monolithische, etwa 100 Meter lange Zweistöcker, die Containerbauten ähneln. Flüchtlingsunterkünfte. Das Gelände selbst ist noch eine riesige Baustelle. Es gibt kaum Grün, keine normale Wohnbebauung drum herum. Stattdessen stolpert man über staubige, nur notdürftig gepflasterte Wege.
    "Jede Wohneinheit hat ein WC, ein Waschbecken, eine Dusche. Küche, Kühlschrank ist drin. Zweifaches Kochfeld. Geschirr, Töpfe alles da."
    Gedacht waren die Apartments ursprünglich als Zimmer für Studierende, erzählt Heimleiter Nils Schufft, ein groß gewachsener Mann.
    "In diesen Dreier-Räumen werden wir schon Menschen reinbringen, die sich kennen, ansonsten sind es schon drei Fremde."
    Eigentümer ist die LorenzQuartier GmbH, ein Berliner Immobilien-Unternehmen. Mietpreis für die kleinen Zimmer: 275 Euro. Doch zur Unterbringung der Flüchtlinge nimmt man fast den doppelten Preis, also monatlich 480 Euro. Ein Umstand, der für viel Wirbel gesorgt hat. Das Wort von Wucher und Abzocke machte schnell die Runde. Hier würde die Notlage von Kommunen - die händeringend Immobilien für Flüchtlingsunterkünfte suchen - schamlos ausgenutzt, ist zu hören. Argumente, mit denen Immobilienunternehmer Steffen Goldmann - ein Mann in blauen Anzug und gemusterten Einstecktuch - wenig anfangen kann.
    "Die Belegung mit Flüchtlingen, die dann auch den ganzen Tag hier sein werden, weil sie nichts machen können, wird anders sein. Auch auf die Herkunftsländer bezogen, durch die Art und Weise wie man wohnt, und dann auf dem engen Raum, da wird es schon anderen Verschleiß geben."
    Offen formulierte ausländerfeindliche Ressentiments?
    Rufe, dass Immobilienunternehmer Goldmann ein Gewinner der Flüchtlingskrise sei, weist der ausgebildete Bankkaufmann weit von sich. Sagt aber:
    "Ja, jeder Mensch, der ein Geschäft macht, macht einen Gewinn, das ist doch selbstverständlich."
    11,3 Millionen Euro wird die Berliner LorenzQuartier GmbH in den nächsten zehn Jahren von der Stadt Magdeburg überwiesen bekommen. Sozialdezernentin Simone Borries nennt es einen guten Preis:
    "Wenn Sie es runterbrechen, sind es 8 Euro pro Tag pro Quadratmeter."
    Eine etwas ungewöhnliche Rechnung. Zum Vergleich: Ortsüblich ist in dieser Lage in Magdeburg ein monatlicher Mietzins pro Quadratmeter von etwa 5 Euro.
    Das aber von Asylbewerbern bezogene Wohnungen eher runtergewohnt werden als durch Studierende, für den Grünen Sören Herbst sind das offen formulierte ausländerfeindliche Ressentiments.
    "Genau. Diese Begründung finde ich haarsträubend und ist auch grundfalsch. Und sagt einiges über diesen Geschäftsmann aus. Ich kann mir nicht vorstellen, warum es mehr Umstände machen sollte, Flüchtlinge unterzubringen. Das grenzt an Rassismus."
    Oberbürgermeister: In der Not frisst der Teufel fliegen
    Das Geschäftsmodell Flüchtlingsunterbringung ist in den Augen des Politologen und Landtagsabgeordneten Herbst altbekannt. Darauf müsste man aber gar nicht eingehen, so Herbst weiter, da es in Magdeburg tausende leer stehende Immobilien gäbe.
    "Das bestätigt auch der Oberbürgermeister. Und ich kann mir auch schwer vorstellen, dass es nicht möglich sein kann, Flüchtlinge in diesen Wohnungen unterzubringen. Sicherlich ist es etwas aufwendiger, die zu beschaffen und daran zu kommen, als die Leute blockweise unterzubringen. Wir brauchen dezentrale Unterbringung."
    Etwa 20 Quadratmeter sind die Apartments groß, wo dann zwei, mancherorts auch drei Asylbewerber zusammen wohnen werden.
    Ab 7. Mai sollen in dem Magdeburger Gewerbegebiet Flüchtlinge untergebracht werden. Dass man damit doch nicht so ganz glücklich ist, kann man daran ablesen, dass der Magdeburger SPD-Oberbürgermeister Lutz Trümper erst kürzlich in einem Zeitungsinterview gesagt hat, dass der Mietpreis natürlich viel zu hoch sei. Aber, so Trümper wörtlich weiter, in der Not fresse der Teufel eben Fliegen. Sozialdezernentin Simone Borries nickt mit dem Kopf, sagt aber:
    "Hier existiert eben der Vorteil, dass wir es schnellstmöglich nutzen können. Wenn sie 137 Personen vor der Tür stehen haben, da hätte ich im nächsten Monat anfangen müssen Sporthallen zu nutzen. Das wollen wir eigentlich nicht."