Die Pleitewelle ist abgeebbt. Das ist die gute Nachricht. Die kann mit ausreichender Kreditversorgung, sinkender Arbeitslosigkeit, steigender Beschäftigung und bislang stabiler Konjunktur erklärt werden. Aber erfahrene Beobachter des Insolvenzgeschehens wissen:
"Wenn man darüber nachdenkt, dass die Ursachen für Unternehmenspleiten fast immer in Zeiten gelegt werden, die gut sind, dann wird einem vielleicht auch klar, dass - daraus resultierend - im ersten Halbjahr 2015 durchaus mit mehr Insolvenzen zu rechnen ist."
So Helmut Rödl, Aufsichtsrat der Creditreform, eine führende Wirtschaftsauskunftei und Inkassogesellschaft. So könnte es sein, dass sich Unternehmer oder Verbraucher in guter Zeit übernommen haben und nun, nachdem seit Mai die Wirtschaftsleistung stagniert, ja sogar sinkt, die Zahl der Insolvenzen wieder steigt. Creditreform rechnet damit. Hauptgeschäftsführer Volker Ulbricht:
"Deswegen erwarten wir, dass diese lange Serie von rückläufigen Insolvenzzahlen jetzt ein Ende finden wird."
Von großen Insolvenzen verschont geblieben
Die Serie hatte vom Höchststand des Insolvenzgeschehens 2010 ihren Ausgang genommen. Damals hatten sich mehr als 26.000 Unternehmen und gut 87.000 Verbraucher für zahlungsunfähig erklärt. 2014 wird es nur noch 19.600 Unternehmenspleiten und knapp 69.000 Verbraucherinsolvenzen geben. Dieses Jahr gingen gegenüber dem Vorjahr neun Prozent weniger Unternehmen und 4,9 Prozent weniger Verbraucher den Gang zum Insolvenzgericht. Es waren mit der Weltbild-Gruppe, dem Händler Strauss Innovation und dem Windparkbetreiber Prokon namhafte Unternehmen dabei. Aber, so Michael Bretz, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform:
"Wir sind auch verschont geblieben von einer großen Insolvenz wie sie etwa Schlecker war oder solche Fälle, die also wirklich Zehntausende von Arbeitsplätzen beziehungsweise Milliarden von Gläubigerforderungen sich gegenübersehen."
Die recht gute Lage verdecke aber hohe Anfälligkeiten, weiß Hauptgeschäftsführer Ulbricht. Nur ganz wenige Verbraucher mit finanziell wackeligem Hintergrund fänden den Weg zum Insolvenzgericht:
"Die Überschuldungssituation der Deutschen insgesamt bleibt kritisch. Es ist mitnichten so, dass lediglich 86.000 Personen nun wirklich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. Es ist eine sehr viel größere Zahl. Wir sprechen von 6,7 Millionen Bundesbürgern, die mit ernsten Überschuldungsproblemen zu kämpfen haben."
Es gebe auch etwa 100.000 insolvenzgefährdete Unternehmen.