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Unternehmensabspaltungen
Sind Spezialunternehmen das bessere Modell?

Siemens gibt den Startschuss für den Börsengang seiner Medizintechnik-Sparte. Noch im März will das Münchener Unternehmen die Tochter Healthineers in Frankfurt an die Börse bringen. Großkonzerne trennen sich immer häufiger von einzelnen Sparten - doch nicht immer ist das auch ein Erfolgsgarant.

Von Brigitte Scholtes |
    Ein Schild mit dem Logo der Firma Siemens weist ein naheliegendes Siemens-Werk hin. Die Firma hat bereits Erfahrung mit Unternehmensabspaltungen
    Siemens hat bereits Erfahrung mit Unternehmensabspaltungen (dpa / Lino Mirgeler)
    Digitalisierung und Globalisierung treiben den Trend der Unternehmensabspaltungen voran, und das schon seit mehreren Jahren. So hat der Chemie- und Pharmakonzern Bayer AG in den letzten Jahren seine Spezialchemiesparte Lanxess ausgegliedert, 2015 folgte die Abspaltung der Werkstoff-Tochter Covestro. Dessen Wert hat sich seit dem Solo-Börsengang fast verdreifacht.
    Siemens hat ebenfalls langjährige Erfahrung: Schon um die Jahrtausendwende schickten die Münchner ihre Halbleitersparte als Infineon Technologies AG an die Börse, 2013 dann die Lichtsparte Osram. All diese Töchter konnten sich an der Börse profilieren, hat Dirk Schiereck beobachtet, Professor für Unternehmensfinanzierung an der Universität Darmstadt:
    "Man kann davon ausgehen, dass das nicht zufällig ist, weil die Unternehmen die abgespalten wurden, danach sehr häufig ein deutlich größeres Wachstumspotenzial freilegen und umsetzen, als das im vorherigen Konzernverbund der Fall war. Und das scheint sich insgesamt in vielen Ländern so zu zeigen und liegt sicherlich auch daran, dass man freier ist als in einer Konzernwelt, und dass man zusätzliche Mittel hat, um auch eine neue Strategie umzusetzen."
    Nach einer solchen Teiltrennung kann das Management zumeist unabhängiger agieren als in einem Großunternehmen. Doch nicht immer gelingt das Vorhaben. Nicht immer seien Spezialunternehmen das bessere Modell, sagt Thomas Hutzschenreuter, Professor für Strategie und Internationales Management an der Technischen Universität München. Er hat 55.000 Investments und Desinvestments analysiert:
    "Es gibt das bessere Modell nicht. Es ist so, dass es für Unternehmen in unterschiedlichen Phasen ihrer Entwicklung sinnvoll sein kann, einzelne Geschäftsbereiche abzuspalten. Gleichwohl gibt es auch die Situation, dass eine Abspaltung nicht sinnvoll sein könnte."
    Der Markt tendenziell gegen Konglomerate
    Analysten bewerten Mischkonzerne geringer als weniger stark diversifizierte Unternehmen. Am Kapitalmarkt gebe es zudem häufig eine Tendenz gegen Konglomerate. Die Abneigung der großen Investoren erklärt Carsten Stäcker, der bei der Beratungsgesellschaft PwC Unternehmen bei Börsengängen und Kapitalmarkttransaktionen berät:
    "Aus Sicht der Investoren in den Konglomeraten macht eine Separierung oder eine separate Notierung natürlich deswegen Sinn, weil ich als institutioneller Investor mir vielleicht gern mein Portfolio selbst zusammenstellen möchte, ich möchte diese Diversifizierung in unterschiedlichen Aktiengesellschaften gern selber vornehmen, und ich bin vielleicht auch nicht bereit, in einem Konglomerat den Wert aller Einzelteile voll zu bezahlen."
    Hinzu kommt ein enormer Druck seitens der Investoren, die in Zeiten niedriger Zinsen Anlagemöglichkeiten für ihre Gelder suchen. Doch Ökonom Hutzschenreuters von der TU München erweitert das Blickfeld: Entscheidend sei, welche Vorteile man in einem Mischkonzern erreichen könne. Kann man etwa operative Synergien erzielen, wenn man auf derselben Anlage zwei verschiedene Produkte herstellen kann? Gibt es zwischen unterschiedlichen Geschäften einen Transfer von Know-how? Oder kann man Geschäftsstrategien koordinieren wie etwa Bank- und Versicherungsgeschäfte in Allfinanzkonzernen?
    Mit einer Führungsebene zwei Geschäfte lenken
    Entscheidend für den Erfolg eines Mischkonzerns sei eine vierte Dimension, erklärt der Münchner Ökonom, sowie die Möglichkeit mit einem einheitlichen Führungssystem doch zwei verschiedene Geschäfte zu lenken. Daran etwa sei Mannesmann gescheitert, als es in den 90er-Jahren in das Zukunftsgeschäft Mobilfunk eingestiegen sei:
    "Aber dieses Geschäftsfeld hat mit den anderen, traditionellen Röhren beispielsweise, Maschinen, überhaupt nichts zu tun gehabt, die sich auch nicht mit einem einheitlichen Führungssystem, Stichwort vierte Dimension, das ich eben nannte, auch nicht mehr daraus heraus führen. Und das hat letztendlich den Ausschlag gegeben, warum dieser Konzern zerschlagen wurde und heute nicht mehr existiert."
    Gegenbeispiel: Lange Jahre waren General Electric oder auch Siemens als Konglomerate sehr erfolgreich. Denn die einzelnen Unternehmensbereiche können einander auch stabilisieren. Auf einem Bein allein kann man schließlich auch leicht umfallen.