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Untersuchungsausschuss
"Oppermann wusste Bescheid"

Sebastian Edathy hat bei einer Pressekonferenz bekräftigt, dass er von seinem SPD-Kollegen Michael Hartmann über die Ermittlungen gegen ihn informiert worden sei. Klare Vorwürfe formulierte er in Richtung der SPD-Spitze - die soll von den Vorwürfen gegen ihn gewusst haben.

    Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy vor Journalisten.
    Sebastian Edathy muss sich am Donnerstag im U-Ausschuss äußern. (picture alliance/dpa/Kay Nietfeld)
    "Thomas Oppermann wusste sehr wohl, dass Michael Hartmann im Bilde war. Er wollte ihn instrumentalisieren, um mich zur Aufgabe meines Bundestagsmandates zu bewegen", sagte Edathy. "Es gab eine entsprechende Ansprache." Er sei aber nicht von der Partei- und Fraktionsspitze der SPD in der Sache informiert worden. Oppermann soll im kommenden Jahr vor dem Untersuchungsauschuss zur Edathy-Affäre aussagen, teilte zugleich die Vorsitzende des Gremiums, die SPD-Politikerin Eva Högl, im RBB-Radio mit.
    Auch der Büroleiter des damaligen SPD-Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier und die SPD-Politikerin Christine Lamprecht hätten von den Vorwürfen gegen ihn gewusst, sagte Edathy. Parteichef Sigmar Gabriel betonte mehrmals, dass Edathy aus der SPD-Spitze nie wegen der Ermittlungen gewarnt worden sei. Auch Oppermann bestreitet, Material an Edathy weitergegeben zu haben.
    Edathy: "Filme hatten keine strafrechtliche Relevanz"
    Er habe viele Menschen enttäuscht, das tue ihm aufrichtig leid, sagte Edathy. "Es war falsch, diese Filme zu bestellen - aber es war legal. Die Bilder hatten keine strafrechtliche Relevanz." Er könne nicht verstehen, warum in einem Rechtsstaat das legale Verhalten eines Bürgers skandalisiert werden könne.
    Seit dem Mittag laufen im Bundestags-Untersuchungsausschuss weitere Befragungen in der Affäre. Neben Edathy sagt auch der Abgeordnete Michael Hartmann aus, der Edathy laut eigener Aussage per SMS von den Ermittlungen in Kenntnis gesetzt haben soll. Gegen Edathy läuft in Niedersachsen ein Strafverfahren wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material. Das Landgericht Verden soll Edathy nach dessen Angaben die Einstellung des Verfahrens angeboten haben. Der Richter habe vor einigen Wochen angeboten, "das Verfahren für eine überschaubare Geldauflage einzustellen", sagte Edathy.
    SMS-Verkehr belastet den Abgeordneten Michael Hartmann
    Der Untersuchungsausschuss zu der Affäre will vor allem aufklären, wer wann von den Ermittlungen gegen den prominenten Politiker wusste und ob Edathy vor Ermittlungen gegen ihn gewarnt wurde. Ende November 2013 waren die Ermittlungen gegen Sebastian Edathy bereits angelaufen, die gesamte SPD-Spitze wusste offenbar Bescheid. Edathy war bekannt, dass der von ihm genutzte Dienst für den Bezug entsprechender Bilder aufgeflogen war.
    Sein Parlamentskollege Michael Hartmann war sein Ansprechpartner. "Lieber Kollege, gibt es bei Dir etwas Neues?", soll Edathy am 21. November per SMS gefragt haben. Die Antwort Hartmanns lautete demnach: "Still ruht der See. Habe auch meinerseits nicht nachgehakt." Diesen Dialog veröffentlichte Edathy im "Stern".
    Edathy will angeblich keinen "Rachefeldzug"
    Am Mittwochabend schrieb Edathy auf seiner Facebook-Seite, er plane keinen "Rachefeldzug". Vielmehr wolle er zur Wahrheitsfindung beitragen.
    Beitrag von Sebastian Edathy.
    Die Ausschussvorsitzende Eva Högl verwies auf Widersprüche in Edathys Angaben zu den Ermittlungen, die es aufzuklären gelte: "Er hat zunächst behauptet, er habe aus den Medien davon erfahren. Jetzt sagt er, sein Parteifreund Michael Hartmann habe ihn darüber informiert", sagte sie im Deutschlandfunk.
    Wie Högl kritisierte auch Parlamentspräsident Norbert Lammert den Auftritt Edathys in der Bundespressekonferenz noch vor der Ausschussbefragung. Lammert sagte: "Ich finde die Ankündigung von Sebastian Edathy, sich vor der Anhörung im Untersuchungsausschuss des Bundestages zunächst in die Bundespressekonferenz zu begeben, ebenso unpassend wie die offensichtliche Bereitschaft der Bundespressekonferenz, diese Reihenfolge zu akzeptieren."
    Der Fall Edathy kostete Bundesagrarminister Friedrich das Amt
    Die Affäre wurde im Februar bekannt und hatte politisch Wellen geschlagen: Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) trat zurück, weil der Vorwurf des Geheimnisverrats im Raum stand. Er hatte in seinem vorherigen Amt als Innenminister die dienstlich erlangte Information über die Ermittlungen an SPD-Chef Gabriel weitergegeben. Edathy hatte sein Bundestagsmandat im Februar niedergelegt, kurz bevor die Vorwürfe gegen ihn öffentlich wurden. Seither war er abgetaucht und hielt sich wohl im Ausland auf.
    (nch/bor)