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Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht
Reker kritisiert Land und Polizei

Zu wenig Polizeipräsenz, mangelnde Kommunikation: Kölns parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat im Zusammenhang mit den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht die damalige Polizeispitze und die Landesregierung kritisiert. Fehler bei ihrer Stadtverwaltung sieht sie nicht.

    Die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker beim Untersuchungsausschuss zur Silvesternacht.
    Die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker beim Untersuchungsausschuss zur Silvesternacht. (dpa/picture alliance/Rolf Vennenbernd)
    Reker sagte im Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag, weder Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) noch ihr Innenminister Ralf Jäger (SPD) hätten sich im Anschluss an die Vorfälle bei ihr gemeldet. Ministerpräsidentin Kraft hatte vor drei Tagen im Ausschuss einen "kommunikativen Fehler" gegenüber der Öffentlichkeit eingestanden. Reker sagte weiter, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sie am 5. Januar angerufen und um eine Einschätzung gebeten: "Ich habe ihr gesagt, dass viel zu wenig Polizeipräsenz da war und die Polizei die Situation einfach nicht in den Griff bekommen habe."
    Den Rücktritt von Polizeipräsident Wolfgang Albers bezeichnete Reker als "angemessen". Er habe öffentlich von ausreichend eingesetzten Einsatzkräften gesprochen und behauptet, dass es keinen rechtsfreien Raum gegeben habe. Dies habe jedoch nicht der tatsächlichen Lage entsprochen. Zudem sei sie auch von Albers nur unzureichend informiert worden, so Reker. Albers selbst hatte vor dem Untersuchungsausschus ausgesagt, er sei zwischen Weihnachten und Neujahr im Urlaub und somit nicht in die konkrete Vorbereitung dieses Einsatzes eingebunden gewesen. Reker forderte von der Landesregierung eine Verstärkung der Polizeikräfte in Köln.
    Keine Botschaft an die Opfer
    Versäumnisse aufseiten ihrer Verwaltung sieht Reker nicht: Wie DLF-Korrespondent Moritz Küpper berichtet, sei Reker frei von Selbstkritik im Ausschuss aufgetreten. So habe sie sich beispielsweise als einzige der im Ausschuss aussagenden Amtsträger nicht an die Opfer gewandt oder sich bei ihnen entschuldigt. Küpper sieht in ihren Aussagen einen Widerspruch: Denn obwohl Reker keine Fehler bei der Stadt sehe, ergreife die Stadt gleichzeitig neue Sicherheitsmaßnahmen für die nächste Silvesternacht, so etwa die Sperrung der am Hauptbahnhof gelegenen Hohenzollernbrücke.
    Reker sagte außerdem, dass sie im Vorfeld nicht in Sicherheitsplanungen der Stadt eingebunden war. Zudem lägen die Zuständigkeiten auch nicht beim Oberbürgermeister: "Stadtdirektor und Ordnungsamt planen Silvester eigenverantwortlich", so die Oberbürgermeisterin. Reker betonte, die Stadt habe nach den Vorfällen sicherheitspolitische Konsequenzen gezogen und biete den Opfern Hilfen an.
    Jäger sieht Versäumnisse bei der Polizei
    In der Silvesternacht hatten am Kölner Hauptbahnhof Gruppen junger Männer vor allem aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum zahlreiche Frauen sexuell belästigt und bestohlen. Bei der Staatsanwaltschaft Köln gingen bis Mitte Juni 1.182 Anzeigen ein, davon 497 wegen sexueller Übergriffe. Das Ausmaß der Vorfälle war erst einige Tage nach Silvester bekannt geworden. Daraufhin waren Polizei und Landesregierung Vertuschung vorgeworfen worden. Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Er sieht Versäumnisse bei der Polizei.
    (cvo/stfr)