Die Invasion im Irak war von den US-Amerikanern unter dem damaligen Präsidenten Georg W. Bush initiiert und angeführt worden. Großbritannien hatte sich unter Premierminister Tony Blair daran beteiligt. Der Vorsitzende der Untersuchungskommission und ehemalige Diplomat John Chilcot sagte bei der Vorstellung seines Berichts in London, ein Militäreinsatz sei damals nicht das letztmögliche Mittel gewesen. Trotzdem habe Blair Bush Gefolgschaft versprochen, "was auch geschehen möge".
Blair habe sich 2003 auf falsche Geheimdienstinformationen verlassen, heißt es in dem Untersuchungsbericht. Dass die Behauptung unter anderem des US-Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, der Irak unter Diktator Saddam Hussein verfüge über Massenvernichtungswaffen, nicht gestimmt hat, wurde schon kurz nach dem Einmarsch der Truppen in den Irak klar. Sie wurden dort nie gefunden.
Blair sieht sich durch Bericht entlastet
Kommissionschef Chilcot sagte, die entsprechenden Angaben von Geheimdiensten hätten in Frage gestellt werden müssen. Blair habe sie als beweiskräftiger dargestellt, als gerechtfertigt gewesen sei. In dem Bericht heißt es auch, die britische Regierung habe nicht alle Möglichkeiten einer friedlichen Lösung ausgeschöpft.
Blair hat bereits auf den Bericht reagiert. In einer Stellungnahme auf seiner Webseite schrieb er: "Dieser Bericht sollte Vorwürfe der Böswilligkeit, Lügen oder Täuschung endgültig ausräumen". Er habe die Entscheidung, an der Seite der USA militärisch gegen den irakischen Machthaber Saddam Hussein vorzugehen, in gutem Glauben getroffen und für das Beste für sein Land gehalten.
Wieso er sich durch den Bericht entlastet sieht, obwohl der ihm eigentlich Vorwürfe macht, begründet Blair mit mehreren Punkten. So hätten die Geheimdienste die vorliegenden Informationen nicht falsifizieren können. Außerdem sei das Kabinett nicht betrogen worden und er habe - etwa gegenüber den USA - nicht im Geheimen einem Krieg zugestimmt.
Blair räumt allerdings auch ein, dass es berechtigte Kritik gebe. "Ich werde für alle Fehler die volle Verantwortung übernehmen, ausnahmslos und ohne Ausrede", heißt es in dem Text In einer öffentlichen Stellungnahme sagte Blair am Nachmittag, der Entschluss zum Kriegseintritt und zur Entmachtung Saddam Husseins sei die härteste, folgenschwerste und qualvolle Entscheidung in seinen zehn Jahren als britische Premierminister gewesen.
Cameron: Konsequenzen für künftige Konflikte ziehen
Der amtierende Premierminister David Cameron sagte dagegen, auch jene Abgeordneten, die den Kriegseintritt damals unterstützt hätten, müssten ihren Teil der Verantwortung für Fehler übernehmen. Der Chef der Tories fügte hinzu, das Land müsse sicherstellen, dass seine bewaffneten Kräfte auch für zukünftige Konflikte gut ausgestattet seien. "Wir können die Uhr nicht zurückdrehen, aber wir können sicherstellen, dass wir unsere Lehren daraus ziehen." Cameron nannte die Partnerschaft mit den USA entscheidend für die nationale Sicherheit seines Landes. Er verwies auch darauf, dass der gewaltsame islamistische Terrorismus lange vor dem Irakkrieg begonnen habe.
Auch Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn sprach von einer Lehrstunde für jeden Abgeordneten im Parlament. Er nannte es eine Tragödie, dass die politische Klasse falsch gelegen habe, die Öffentlichkeit dagegen richtig. Corbyn schlug als Konsequenz aus dem Bericht der Kommission vor, dass die Regierung dem Parlament die Entscheidung darüber übertragen müsse, ob das Land in einen Krieg gehe oder nicht. Im Gegensatz zu Cameron sagte Corbyn, dass das Land ein offeneres und unabhängigeres Verhältnis zu den USA haben müsse.
Angehörige haben jahrelang auf Bericht gewartet
In Spitzenzeiten waren bis zu 46.000 britische Soldaten im Irak im Einsatz. Dem Krieg 2003 folgte ein jahrelanger Konflikt, der sich bis heute zieht. Seit dem Sommer 2014 brachte die Terrormiliz IS weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle. Seit 2003 wurden zehntausende Iraker getötet. 179 britische Soldaten starben im Einsatz. Angehörige von getöteten Soldaten hatten lange auf den Bericht warten müssen, wie unser Korrespondent Friedbert Meurer berichtet. Sieben Jahre lang hat die Kommission Beteiligte befragt und geheime Dokumente ausgewertet.
(stfr/fw)