"Leute, das ist Wahnsinn. Das ist Wahnsinn. Das ist Wahnsinn!"
Besorgte Kleinunternehmer, Wutbürger, Esoteriker und Verschwörungstheoretiker protestieren seit Monaten gegen staatliche Corona-Auflagen. Immer wieder mit dabei: AfD-Funktionäre und Rechtsextreme.
"Prinzipiell haben Rechtsextreme und Rechtspopulisten natürlich gesehen, dass hier eine Bewegung entsteht, die man irgendwie kapern könnte."
Miro Dittrich arbeitet bei der Amadeu Antonio Stiftung, einem Berliner Verein, der sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit engagiert. Dietrich spricht von einer Pandemie-Strategie der Rechten.
"Diese Verschwörungsideologen und Rechtsextreme teilen sich zwei grundsätzliche Verschwörungserzählungen: Einmal wäre die Welt oder Deutschland von dunklen Mächten im Geheimen regiert. Und zum anderen, dass es keine freie Presse gibt. Also dieses apokalyptische Weltbild teilen sie sich."
Spenden und plötzliche Gast-Auftritte
Nicht nur bei den Anti-Corona-Demonstrationen versuchen die Rechten zu punkten. Immer wieder gibt es auch Debatten über den Einfluss von Extremisten und Populisten auf staatliche Einrichtungen wie Bundeswehr, Polizei und Feuerwehr. Mittlerweile befürchten auch weite Teile der Zivilgesellschaft eine Unterwanderung, vor allem durch die AfD. So sieht Verena Götze, Pressesprecherin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, ihren Wohlfahrtsverband im Fokus der Rechten.
"Bei den Diakonischen Werken in Mitteldeutschland und Bayern hat die AfD den Werken Spenden angeboten, und damit wollten sie auch Einfluss auf den Spendenzweck nehmen. Das haben die Kolleginnen und Kollegen vor Ort aber abgelehnt"
Ähnliche Sorgen hat der Deutsche LandFrauenverband, der seine 500.000 Mitglieder etwa bei landwirtschaftlichen Existenzgründungen unterstützt. Verbands-Präsidentin Petra Bentkämper klagt zum Beispiel über gestörte Podiumsdiskussionen.
"Dann kommt dann schon durchaus mal ein Diskutant auf die Bühne und sagt: Warum bin ich nicht eingeladen? Da habe ich jetzt auch mal was dazu zu sagen! Das ist aus der Richtung AfD, die dann meinen, sie hätten auch das Recht sich einzubringen, auch wenn sie nicht eingeladen sind. Und wenn dann einfach die Bühne, ich sage mal in Anführungsstrichen, gestürmt wird, dann sind unsere Frauen auch erst mal baff."
Alarmsignale aus der Öko-Szene
Alarmsignale kommen auch aus der Ökoszene. Lukas Nicolaisen, der in Berlin ein Fachbüro der Naturfreunde leitet, hat – im Vertrauen - von einzelnen Naturschutz-Verbänden gehört, in denen zahlreiche AfD-Mitglieder und andere Populisten aktiv sind.
"Wir wissen von Verbänden, die ganz konkret sagen: Wenn wir hier bei uns die Ehrenamtlichen rausschmeißen würden, die rechtsextreme Ideologien verbreiten, dann hätten wir kaum noch Ehrenamtliche."
"Hallo Welt! Ich begrüße hiermit offiziell, mit einem großen Applaus, Frau Gesine Schwan, hallo!"
"Hallo, lieber John Brüggemann!"
"Frau Gesine Schwan, ehemalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin…"
"Frau Gesine Schwan, ehemalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin…"
John Brüggemann hat leuchtend blaue Augen, er trägt ein blaues Basecap, ein blaues Hemd und hinter ihm, in seinem Homeoffice-Keller, glimmen fünf blaue Neon-Buchstaben: Party. Brüggemann moderiert die Video-Sendung `Kaffee Neulich`. Ein Projekt des Berliner Vereins "Gesicht zeigen!", der sich für Toleranz und gegen Rechtsextremismus einsetzt - seit Corona vor allem online.
"Wenn man jetzt nach Griechenland schaut, dann tut sich Europa schwer damit gemeinsamen Lösungen. Im Gegenteil: Das Asylrecht wurde ausgesetzt, Flüchtlingslager wurden hermetisch abgeriegelt, Tausende sitzen da jetzt aber hilflos Corona ausgeliefert und in katastrophalen Lebensbedingungen. Warum schaut die Welt da weg?"
"Ja, das sehe ich genauso wie Sie. Das halte ich für eine ausgesprochene Schande!"
Gesine Schwan, Iris Berben - und ein AfD-Mitglied
Nicht nur die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission tritt beim Verein "Gesicht zeigen!" auf. Auch Schauspielerin Iris Berben und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder werben dort für Toleranz. Ausgerechnet in diesen Verein ist im Dezember – unbemerkt - ein ehemaliges AfD-Mitglied eingetreten. Einer, der 2017 noch "Sieg Heil" gerufen hat.
"Wenn mich irgendjemand fragt, wie kann denn das sein? Dann sage ich: ja, sorry! Wir sind ja nicht die Stasi-Behörde, wir prüfen ja nicht jeden, der bei uns Mitglied wird. Sondern eigentlich heißen wir die Leute bei uns willkommen. Und wenn die AfD diese Lücke, dieses Freundlich sein, dieses Offensein ausnutzt, um uns zu unterwandern, dann ist das nicht mein Fehler, sondern dann sind die die Bösen. Nicht wir!"
Sophia Oppermann ist aufgebracht. Sie ist eine der Geschäftsführerinnen von "Gesicht zeigen!" und hat aus einer Regionalzeitung von dem neuen, unerwünschten Mitglied erfahren. Rechtspopulistische Angriffe von außen sei ihr Verein ja gewohnt, erklärt Oppermann, aber dass jemand aus der rechten Szene in den eigenen Reihen auftauche, habe für Irritation und Furcht gesorgt. Sie selbst sei nun auch argwöhnisch geworden.
"Also Sie haben uns auch eine Mail geschrieben und wollten ein Interview. Ich habe dann erstmal gegoogelt: Wer ist das denn? Nicht das irgendeiner sich ausgibt für einen Journalisten und mit mir ein Interview machen will und hinterher ist es gar kein Journalist. Und das ist natürlich auf einmal ein Misstrauen und eine Unsicherheit, die man Fremden, sage ich jetzt mal, gegenüber plötzlich hat. Das ist blöd. So bin ich eigentlich nicht als Mensch und so bin ich in meiner Arbeit auch nicht. Und das versaut mir so ein bisschen meine Ungezwungenheit und auch mein offenes Zugehen auf die Leute."
Ulrich Szepat - vom AfD-Mitglied zum Kämpfer gegen Rechts?
Auslöser der Unruhe ist Ulrich Szepat, der ein ambivalentes Bild abgibt. Der Architekt ist - nach eigener Aussage - 2016 in Brandenburg an der Havel in die AfD eingetreten, dann wieder ausgetreten und schließlich, nach seinem Umzug nach Sachsen-Anhalt, als Parteiloser in der AfD-Stadtratsfraktion von Wernigerode gelandet. Da in dieser Partei jedoch immer mehr Rassismus, Klimawandelleugnung und Verschwörungstheorien grassierten, sei er letztlich Mitglied geworden bei "Gesicht zeigen!".
"Ich möchte damit ein Zeichen setzen. Weil das, was die AfD betreibt, geht nicht."
Szepat wurde inzwischen aus der Wernigeroder AfD-Fraktion ausgeschlossen; er stellt sich jetzt als Kämpfer gegen rechts dar.
"Ich habe vor gewisser Zeit die AfD noch als ziemlich harmlos angesehen, aber nachdem ich die AfD von innen kennengelernt habe, muss ich sagen: Die ist eben nicht harmlos."
Vor drei Jahren war Ulrich Szepat noch durch etwas ganz anderes aufgefallen: durch einen "Sieg Heil"-Ruf. Den Spruch hatte er gegenüber AfD-Mitgliedern gemacht, um ihnen einen "Spiegel vorzuhalten" für ihren Nationalismus, so seine Rechtfertigung. Das zuständige Amtsgericht im brandenburgischen Zossen ließ dies nicht gelten und verurteilte ihn zu 1.800 Euro Strafe wegen des "Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen". Der Vorstand des Berliner Toleranzvereins "Gesicht zeigen!" konnte, wegen Corona, Neumitglied Szepat bislang nicht ausschließen. Doch Geschäftsführerin Oppermann setzt sich dafür ein.
"Wenn das eine Strategie sein sollte der AfD oder der Rechten zu sagen: Wir unterwandern Vereine, dann haben wir natürlich das Recht als Verein, Leute, die bei uns Mitglied werden wollen, auch abzulehnen. Ohne Begründung. Ich kann einfach sagen: Nein, Dich will ich nicht!"
"In den kommenden Jahren geht es darum, die AfD zu einer respektierten Volkspartei zu machen, die in der Bevölkerung und in der Bürgergesellschaft fest verankert ist und die Voraussetzungen dafür gelegt hat, Regierungsverantwortung zu übernehmen."
AfD-Strategiepapier: Teil der Zivilgesellschaft werden
So heißt es in einem geheimen, aber durchgestochenen Strategiepapier der AfD, das ihr Bundesvorstand im August 2019 beschlossen hat. Unter dem Titel "Die AfD auf dem Weg zur Volkspartei" beschreiben die Rechtspopulisten auf 72 Seiten, wie sie die Zivilgesellschaft beeinflussen wollen. Zitat:
"Bei den Vereinen und Verbänden bieten sich solche zur Ansprache durch die AfD an, die Traditionen pflegen, die beim linksliberalen Milieu auf wenig Sympathie stoßen. Hierzu gehören zum Beispiel Jäger, Schützenvereine, Sportschützen, oder auch Angehörige religiöser, in erster Linie christlicher Minderheiten sowie Brauchtumspfleger."
Auch Gewerkschaften, Berufsverbände und Nachbarschafts-Vereinigungen werden in dem Parteidokument aufgeführt. Schließlich heißt es:
"Ähnlich wie es der 68er Bewegung um den "Marsch durch die Institutionen" ging, muss es auch der AfD um den "Marsch durch die Organisationen" gehen."
Experten uneins über das Vorgehen der AfD
Ein Bürgerhaus in Potsdam: Holztreppen, Holzdielen und hölzerne Dachbalken, ein beschaulicher Ort. Hier, im Moses-Mendelssohn-Zentrum für europäisch-jüdische Studien, untersucht Politikwissenschaftler Gideon Botsch Rechtspopulismus und Rechtsextremismus.
"Es mag sein, dass die AfD davon träumt, zivilgesellschaftliche Strukturen zu unterwandern und zu durchsetzen."
Der Professor glaubt allerdings nicht an ein systematisches Vorgehen der AfD.
"Sie können das nicht pauschalisieren. Natürlich haben Sie in einzelnen Gemeinden, in einzelnen Verbänden immer wieder andere Erlebnisse, ja. Aber es lässt sich nicht erkennen, dass wir sagen: 'Überall versucht die AfD, beispielsweise im Kirchenkreis, Einfluss zu gewinnen - beispielsweise in der Feuerwehr. Oder die wichtigsten Vereinsvorsitzenden an sich zu ziehen.'"
Doch die Experten sind uneins. Nach Ansicht von Timo Reinfrank, dem Geschäftsführer der Berliner Amadeu Antonio Stiftung, setzt die AfD durchaus auf Infiltrierung.
"Ich habe schon den Eindruck, dass die AfD beispielsweise im Bereich der Polizeigewerkschaften und der Sicherheitsbehörden darauf setzt, systematisch Anhänger zu gewinnen, weil sie eben wissen, dass für die Sicherheit in Deutschland diese Organisationen eine zentrale Rolle spielen werden."
Rechte Trittbrettfahrer bei Bürgerbegehren
Auch die Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz, kurz FARN, warnt vor rechter Vereinnahmung. Das Berliner Büro, eine Einrichtung der NaturFreunde und Naturfreundejugend, berät Umweltschützer im Umgang mit Rechten. Lukas Nicolaisen leitet die Fachstelle und beschreibt eine typische Anfrage.
"Wir haben es zu tun mit einem Naturschutzverband, der sich zum Beispiel dafür stark macht, dass eine bestimmte Landstraße irgendwie nicht gebaut oder ausgebaut wird, weil es durch ein bestimmtes Naturschutzgebiet führt. Dann erstellen die eine Position, und dieses Positionspapier ist einsichtig auf der Website. Was machen rechtsextreme Parteien? Sie nehmen sich Teile dieses Positionspapieres, zitieren daraus und nutzen das für ihren eigenen Flyer, und schreiben dahinter: Das ist von dem und dem Naturschutzverband. Als würden sie mit diesem Naturschutzverband zusammenarbeiten. Und das ist dann immer genau die Frage: Was können wir dagegen tun? Das heißt, die müssen sich dann halt positionieren und halt auf der Website schreiben: Wir haben damit nichts zu tun. Die müssen sich an die Mitglieder richten und so weiter. Das heißt, die haben die Distanzarbeit."
Das Präventions-Büro beobachtet, dass rechte Kreise immer häufiger Heimat- und Naturthemen besetzen, um auf diese Weise nationalistische Positionen zu verbreiten - eine Blut- und Bodenpropaganda. Selbst moderne Öko-Themen wie Nachhaltigkeit müssten dazu herhalten, erklärt der Fachmann. So seien Natur- und Umweltverbände immer häufiger gezwungen, sich von rechter Propaganda abzugrenzen, auch indem sie ihre Motivationen in Positionspapieren darlegen.
"Man muss auch sagen warum: Warum sind wir für irgendwas oder gegen irgendwas? Weil sich an der Stelle tatsächlich die Unterscheidungen ergeben. Es macht nämlich einen Unterschied, ob ich sage, ich bin gegen Gentechnik auf dem Acker, weil ich da Angst um Flora und Fauna habe und um die menschliche Gesundheit. Oder ob ich sage, ich bin gegen Gentechnik, weil ich Angst habe um das Erbgut des deutschen Volkes."
"Also, es ist sehr sehr wichtig, sich zu positionieren. Es ist vor allem wichtig, sich bewusst zu werden über das eigene Selbstverständnis und wo es in Spannung steht mit menschenverachtenden Ideologien oder ausgrenzenden, und aus dieser eigenen Ressource zu schöpfen und zu sagen: Warum machen wir das, was wir machen eigentlich?"
Mit offiziellen Beschlüssen abgrenzen von Hass und Ausgrenzung
Der Potsdamer Politikwissenschaftler Gideon Botsch ist überzeugt, dass sich auch Gewerkschaften, Sportverbände und kirchliche Einrichtungen – mit offiziellen Beschlüssen - von Ausländerhass, Antisemitismus, Homophobie und Verschwörungstheorien abgrenzen sollten.
"Ja, was ist denn das Credo der Feuerwehr? Retten, helfen, bergen, löschen! Das können wir nicht machen auf Grundlage einer rassistischen Ideologie: "Bei dem lösche ich nicht, weil das ist ein Ausländer." Im Sport, da hatten wir diese Selbstverständigungsprozesse in den letzten Jahrzehnten ja auch, wo die Sportverbände zum Beispiel in Brandenburg gesagt haben: Was ist denn das, was uns ausmacht? Fairplay! Das macht uns aus. Wir können uns nicht einlassen auf eine Strategie des unfairen Spiels. Das macht unsere eigene Funktionslogik kaputt, ja. Deswegen sind diese Positionierungspapiere schon sehr, sehr wichtig."
"Wir machen jetzt das erste Praxisbeispiel. Ich werde jetzt mal den Bildschirm teilen. Sehen Sie jetzt bei mir den Bildschirm?"
"Ja, sehen wir!"
"Okay, ja."
Im Beruf den Umgang mit Rechtspopulisten lernen
Einige zivilgesellschaftliche Verbände belassen es nicht bei Positionspapieren: Sie bieten auch Seminare an für ihre Mitarbeiter, wie sie mit Rechtspopulisten umgehen können. So lud kürzlich die Liga der freien Wohlfahrtspflege Brandenburg zu einem solchen Kurs ein. Das Web-Seminar, das vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Brandenburg und dem Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz organisiert wurde, diskutierte praxisnahe Problemfälle. So stellte Diakonie-Projektleiter Stefan Heissenberger am Bildschirm folgende Aufgabe:
"Frau Müller, ein bekanntes AfD-Mitglied, sowie Mitglied des kommunalen Sozialausschusses, spricht Sie in der Pause einer Veranstaltung an. Sie verkündet Ihnen freudig, dass Sie Ihrem Träger eine nicht zweckgebundene Spende in Höhe von 1.000 Euro zukommen hat lassen. Wie reagieren Sie?"
Beim Onlineseminar, das vom brandenburgischen Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit unterstützt wurde, debattierten die Teilnehmer in Untergruppen, ob sie die 1.000 Euro ablehnen oder sie für ihre Sozialarbeit nutzen sollten.
"Da wäre eine mögliche Folge, dass es eine Vereinnahmung durch die AfD oder durch Frau Müller als AfD-Abgeordnete gibt. Das ist insofern sehr realistisch, weil sonst hätte sie die Spende auch im Stillen tätigen können. Aber jetzt so im Zusammenhang kann man schon davon ausgehen, dass es genutzt wird für Öffentlichkeitsarbeit. Die AfD kann sich dann als Kümmerer-Partei darstellen…"
Finanziell Schwächere sehen sich gegenüber Zugewanderten benachteiligt
Wiebke Rockhoff ist bei der berlin-brandenburgischen Diakonie unter anderem für die Schuldnerberatungsstellen zuständig. Die 46-Jährige nimmt an dem Webkurs teil, weil ihre Berater immer wieder diskriminierende, ausländerfeindliche Meinungen zu hören bekommen.
"Dort hören wir, dass Kolleginnen und Kollegen von Klienten angesprochen werden, die selber in einer stark belastenden Situation sind, mit ihren Einkünften nicht zurechtkommen, nicht genug zum Leben haben, die sich eben darüber auslassen, dass geflüchtete Menschen, zugewanderte Menschen, angeblich besser versorgt werden würden als sie selbst mit staatlichen Leistungen. Da erleben wir also Neiddebatten, die geführt werden müssen von unseren KollegInnen mit den Menschen, die zu ihnen in die Beratung kommen."
Manchmal hört Rockhoff allerdings auch bedenkliche Äußerungen von ihren eigenen Kolleginnen und Kollegen.
"Die teilweise Verständnis dafür geäußert hatten in Beratungsstellen, wenn Klienten sagten: Ich möchte aber abends nicht zu Beratung kommen, da ist eine Migrationsberatungsstelle nebenan, und da muss ich im Dunkeln abends nach Hause gehen, also mit den Klienten aus der Migrationsberatungsstelle, da fühle ich mich nicht wohl, das ist mir zu unsicher. Und da ging es auch ein Stückweit darum, die Kolleginnen und Kollegen dazu zu bringen, solche Äußerungen auch nochmal zu reflektieren und zu sagen: Das kann man so nicht stehen lassen."
"Die teilweise Verständnis dafür geäußert hatten in Beratungsstellen, wenn Klienten sagten: Ich möchte aber abends nicht zu Beratung kommen, da ist eine Migrationsberatungsstelle nebenan, und da muss ich im Dunkeln abends nach Hause gehen, also mit den Klienten aus der Migrationsberatungsstelle, da fühle ich mich nicht wohl, das ist mir zu unsicher. Und da ging es auch ein Stückweit darum, die Kolleginnen und Kollegen dazu zu bringen, solche Äußerungen auch nochmal zu reflektieren und zu sagen: Das kann man so nicht stehen lassen."
Keine Einzelkämpfer, sondern Teil eines Netzwerks
Argumente sammeln, Abgrenzungsstrategien entwickeln und dabei auch die öffentliche Wirkung des eigenen Verbandes im Blick behalten, das möchte Diakonie-Projektleiter Stefan Heissenberger vermitteln bei seinen Weiterbildungen zum Thema Rechtspopulismus.
"Es sind im Prinzip zwei Dinge, die wir wollen: Also zum einen ist es, dass die Leute, die dann auch ausgebildet und Teil eines Netzwerkes sind, dass allein durch dieses Netzwerk die sich schon gestärkt fühlen. Also dass sie auch einfach wissen: Sie sind keine Einzelkämpfer. Und das andere ist auch, dass wir denen auch durch eine Fortbildung so viel Selbstvertrauen auch mitgeben, dass eine einzelne Person schon wirklich auch was bewirken kann."
Ein Rechtsruck der Gesellschaft, eine provokante populistische Partei und besorgte Vereine und Verbände. AfD-Vertreter amüsieren sich über die ausgelöste Verunsicherung.
"Ich kann die Bedenkenträger be(un)ruhigen: Wir sind längst überall."
Kommentiert etwa die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst auf ihrem Instagram-Profil solche Medienberichte über rechtspopulistische Unterwanderungsversuche. Die Bildungs- und Familienpolitikerin schreibt weiter:
"Ihr habt den Marsch durch die Institutionen vorgelebt. Wir lernen schnell. Ihr seid unterwandert. Millionenfach."
AfD verliert als Protestpartei auch wieder an Einfluss
Miro Dittrich von der Berliner Amadeu Antonio Stiftung rückt das beschworene AfD-Szenario etwas zurecht: Gerade die Anti-Corona-Demonstrationen hätten gezeigt, so der Rechtspopulismus-Experte, dass die Protestpartei auch wieder Einfluss verlieren könne. Und zwar durch eigenes Versagen: Zu Beginn der Pandemie habe die AfD noch mehr staatliche Kontrolle gefordert, nunmehr fordere sie weniger Kontrolle.
"Bis jetzt ist es der AfD noch nicht gelungen, dem harten Kern dieser Corona-Leugner ihre Kehrtwende glaubhaft darstellen zu können. Wir sehen hier einen klaren Bruch, einen klaren Konflikt mit ihrem klassischen Zielpublikum. Wir sehen das ja auch an den Umfrageergebnissen. Die haben sich weiterhin nicht erholt."