Helmuth Hartmann drängt ein wenig zur Eile. 16 Leute haben sich eingefunden, um bei der Jubiläumswanderung der „Plattfüße“ dabei zu sein. Sie haben sich im nördlichen Saarland den 2-Täler-Weg ausgesucht.
„Von hier, von Waldhölzbach, geht es entlang des schönen Hölzbaches nach Weiskirchen und auf dem Rückweg kommen wir über Rappweiler wieder hier her, 14 Kilometer in etwa, Steigungen von 150 bis 200 Meter, es geht mal rauf und mal runter und ich hoffe, dass es mit dem Wetter nicht rauf und runter geht, sondern dass es hält. Ich wünsche der schönen Wanderung: Plattfuß, Plattfuß, Plattfuß.“
Ein Ehepaar bleibt zurück. Die 200 Meter Höhenunterschied, die eher untertrieben denn übertrieben sind, haben die beiden abgeschreckt. Den Einsteig, so wie von den Touristikern empfohlen, verschmäht die Gruppe. Sie folgen Helmuth Hartmann und der will nicht durch die Wiesen, sondern direkt in das verwunschen wirkende Hölzbachtal.
Das bedeutet zwangsläufig einen ersten strammen Aufstieg. Vorbei an einem kleinen Mühlrad, dem historischen Backhaus bis zum Teufelsfelsen. Die Beteiligten nehmen es gelassen. Hanne Bleimehl:
„Mit macht das nichts aus, ich bin gut durchtrainiert.“
Zwei andere Mitglieder der Gruppe lassen sich scherzend auf einer Schaukel neben dem Teufelsfelsen nieder.
„Ja, wir sind begehrte Filmobjekte.“
Solche Schaukeln oder Bänke, auf denen der Wanderer sich fast liegend ausruhen kann, stehen überall dort, wo der ansonsten dichte Wald den Blick frei gibt auf die Höhenzüge des Hochwaldes und die Talebene der Saar.
Hier am mächtigen Quarzitstein mit seiner bizarren Form verlaufen gleich drei Wege eine Zeitlang auf gleicher Strecke: Felsenweg, Saar-Hunsrück-Steig und Zwei-Täler-Weg. Entlang des Hölzbaches schlängelt sich ein schmaler Pfad. Mehr als zwei Füße passen selten nebeneinander. Das ist ganz nach dem Geschmack der Wanderer. Helmuth Hartmann:
„Ich nehme an, dass das hoffentlich so weitergeht. Das ist besser als eine asphaltierte Straße unter den Füßen, das können die Läufer machen, wenn sie das wollen, aber wir wollen wandern, Natur erleben.“
In diesem Frühsommer lag die Regenmenge 100 Prozent über Soll. In Kaskaden sprudelt der Bach zu Tal. Trittsteine, die eingefügt wurden, damit er trockenen Fußes überquert werden kann, gucken nur noch minimal aus dem Wasser. Dann geht es bergan. Mischwald weicht Fichtenbeständen. Der Untergrund ist weich. An manchen Stellen des Stangenwaldes schauen Wurzeln hervor und liegen abgestorbene Zweige über dem Weg. So muss es sein, sagt Roswitha Hartmann:
„Einem echten Wanderer macht das nichts aus, er übersieht es nicht, aber er nimmt es in Kauf. Ich hab’s gern, wenn es so richtig zur Sache geht.“
Oben angekommen zählt Helmuth Hartmann seine „Schäfchen“:
„Seid ihr alle da? Zwo, vier…“
Leo Buchheim, der Gast aus den Niederlanden, trudelt – ein wenig aus der Puste -als letzter ein. Vor ihm tut sich ein breiter Kiesweg auf:
„Das ist besser, das sind wir gewöhnt, so flach.“
Der Kiesweg führt rund um den Wildpark. Aber Rehe und Hirsche haben sich rar gemacht. Dann folgt der Abstieg ins zweite Tal, dem Holzbachtal. Die Route ist gut beschildert. Von allen Seiten läuft Wasser zu. Es gurgelt und plätschert.
Die Plattfüße treffen auf Wolfgang Neuses. Er ist hier zu Hause, kennt den Wald und den Bach wie seine Westentasche:
„Der Holzbach entspringt oben in der Wildnis. Er hat keine Quelle. Das Wasser sammelt sich. Die Berge bringen viel Wasser.“
Der Holzbach, der ungestümer zu Tal fließt als der etwas zahmere Hölzbach, teilt sich immer wieder. So schafft er zahlreiche größere und kleinere Inseln, die zum Teil über Stege erreichbar sind. Der Mischwald drum herum wird nicht mehr bewirtschaftet. Vom Wind geknickte oder vom Wasser entwurzelte Bäume und Sträucher bleiben liegen wie gefallen.
Naturnaher Wald heißt das Ziel, das ist nicht zu übersehen. Nicht zu übersehen sind auch die beiden Felsformationen: Hoher Felsen und Iltisfelsen. Ideale Motive für den Fotografen der Gruppe, Norbert Zech:
„Wieder ein sehr schönes Motiv. Felsen sowieso. Das gehört zum Wandern dazu, dass man sich die Gegend anschaut, ein paar Photos macht. Nur Kilometer schlucken, das ist nicht mein Fall.“
Das nächste Mal wird Norbert Zech die Kamera am Eulenfelsen zücken. Zuvor gäbe es die Möglichkeit, knapp zwei Kilometer weiter nach Weiskirchen zu wandern. In der Nähe des Kurortes dockt der Zwei-Täler–Weg erneut an den Saar-Hunsrück-Steig an. Die Beschilderung weist den Weg zum gastronomischen Angebot und den Übernachtungskapazitäten.
Die Plattfüßler aber kürzen ab. Sie steigen direkt zum Eulenfelsen auf. Über Serpentinen gesäumt von leuchtenden Königskerzen und unzähligen Heidelbeersträuchern. Diese halten nur leider nicht, was sie versprechen. Helmuth Hartmann:
„Da ist ein einziges Früchtchen und die ist vertrocknet.“
Hartmann glaubt, dass es an den Bienen liegt. Eine Reihe von Völkern sei in diesem Jahr einem Virus zum Opfer gefallen.
An Pilzen mangelt es hingegen nicht. Sie verströmen ihren charakteristischen Duft. Ursula Gilg kennt sich aus:
„Es gibt hier Stellen, da hat man den Geruch in der Nase gehabt, dass es hier Stinkmorcheln gibt. Das ist unverkennbar, der Geruch.“
Die Gruppe passiert eine Landstraße. Eine Schneise, die den Fichtenstangenwald durchtrennt. Die schnurgerade Piste erlaubt hohe Geschwindigkeiten. Armin, den jungen Motorradfahrer, haben sie wohl das Leben gekostet. Ein blumengeschmücktes Wegekreuz erinnert an ihn. Daneben beginnt der Abstieg zurück ins Hölzbachtal.
Er führt vorbei an Streuobstwiesen, Pferdekoppeln, knorrigen Eichen und zwei Fischweihern. Und dem Wetter ist es geschuldet, dass der angelegte Barfußpfad ungenutzt bleibt. Nach dreieinhalb Stunden sind die Plattfüße wieder am Ausgangspunkt, dem Parkplatz vor dem Bürgerhaus in Waldhözbach angelangt. Müde, aber nicht erschöpft. Hans-Klaus Simon:
„Nein, erschöpft nicht, aber ich bin froh, dass wir wieder da sind.“
Wegen des 30-jährigen Jubiläums ihrer Wandergruppe hat Organisator Helmuth Hartmann im Hotel eine kleine Überraschung vorbereiten lassen. Den Forellenhof am Ende ihres Weges lassen die Wanderer daher im wahrsten Sinne des Wortes links liegen. Die Wirtin, Hedi Lehnhardt, seit 27 Jahren vor Ort, freut sich dennoch, dass die Touristiker endlich erkannt haben, was sich aus der etwas verschlafen wirkenden Gegend machen lässt:
„Man muss mit dem werben, was man hat, und das ist eben die Natur und da freuen sich die Menschen.“
„Von hier, von Waldhölzbach, geht es entlang des schönen Hölzbaches nach Weiskirchen und auf dem Rückweg kommen wir über Rappweiler wieder hier her, 14 Kilometer in etwa, Steigungen von 150 bis 200 Meter, es geht mal rauf und mal runter und ich hoffe, dass es mit dem Wetter nicht rauf und runter geht, sondern dass es hält. Ich wünsche der schönen Wanderung: Plattfuß, Plattfuß, Plattfuß.“
Ein Ehepaar bleibt zurück. Die 200 Meter Höhenunterschied, die eher untertrieben denn übertrieben sind, haben die beiden abgeschreckt. Den Einsteig, so wie von den Touristikern empfohlen, verschmäht die Gruppe. Sie folgen Helmuth Hartmann und der will nicht durch die Wiesen, sondern direkt in das verwunschen wirkende Hölzbachtal.
Das bedeutet zwangsläufig einen ersten strammen Aufstieg. Vorbei an einem kleinen Mühlrad, dem historischen Backhaus bis zum Teufelsfelsen. Die Beteiligten nehmen es gelassen. Hanne Bleimehl:
„Mit macht das nichts aus, ich bin gut durchtrainiert.“
Zwei andere Mitglieder der Gruppe lassen sich scherzend auf einer Schaukel neben dem Teufelsfelsen nieder.
„Ja, wir sind begehrte Filmobjekte.“
Solche Schaukeln oder Bänke, auf denen der Wanderer sich fast liegend ausruhen kann, stehen überall dort, wo der ansonsten dichte Wald den Blick frei gibt auf die Höhenzüge des Hochwaldes und die Talebene der Saar.
Hier am mächtigen Quarzitstein mit seiner bizarren Form verlaufen gleich drei Wege eine Zeitlang auf gleicher Strecke: Felsenweg, Saar-Hunsrück-Steig und Zwei-Täler-Weg. Entlang des Hölzbaches schlängelt sich ein schmaler Pfad. Mehr als zwei Füße passen selten nebeneinander. Das ist ganz nach dem Geschmack der Wanderer. Helmuth Hartmann:
„Ich nehme an, dass das hoffentlich so weitergeht. Das ist besser als eine asphaltierte Straße unter den Füßen, das können die Läufer machen, wenn sie das wollen, aber wir wollen wandern, Natur erleben.“
In diesem Frühsommer lag die Regenmenge 100 Prozent über Soll. In Kaskaden sprudelt der Bach zu Tal. Trittsteine, die eingefügt wurden, damit er trockenen Fußes überquert werden kann, gucken nur noch minimal aus dem Wasser. Dann geht es bergan. Mischwald weicht Fichtenbeständen. Der Untergrund ist weich. An manchen Stellen des Stangenwaldes schauen Wurzeln hervor und liegen abgestorbene Zweige über dem Weg. So muss es sein, sagt Roswitha Hartmann:
„Einem echten Wanderer macht das nichts aus, er übersieht es nicht, aber er nimmt es in Kauf. Ich hab’s gern, wenn es so richtig zur Sache geht.“
Oben angekommen zählt Helmuth Hartmann seine „Schäfchen“:
„Seid ihr alle da? Zwo, vier…“
Leo Buchheim, der Gast aus den Niederlanden, trudelt – ein wenig aus der Puste -als letzter ein. Vor ihm tut sich ein breiter Kiesweg auf:
„Das ist besser, das sind wir gewöhnt, so flach.“
Der Kiesweg führt rund um den Wildpark. Aber Rehe und Hirsche haben sich rar gemacht. Dann folgt der Abstieg ins zweite Tal, dem Holzbachtal. Die Route ist gut beschildert. Von allen Seiten läuft Wasser zu. Es gurgelt und plätschert.
Die Plattfüße treffen auf Wolfgang Neuses. Er ist hier zu Hause, kennt den Wald und den Bach wie seine Westentasche:
„Der Holzbach entspringt oben in der Wildnis. Er hat keine Quelle. Das Wasser sammelt sich. Die Berge bringen viel Wasser.“
Der Holzbach, der ungestümer zu Tal fließt als der etwas zahmere Hölzbach, teilt sich immer wieder. So schafft er zahlreiche größere und kleinere Inseln, die zum Teil über Stege erreichbar sind. Der Mischwald drum herum wird nicht mehr bewirtschaftet. Vom Wind geknickte oder vom Wasser entwurzelte Bäume und Sträucher bleiben liegen wie gefallen.
Naturnaher Wald heißt das Ziel, das ist nicht zu übersehen. Nicht zu übersehen sind auch die beiden Felsformationen: Hoher Felsen und Iltisfelsen. Ideale Motive für den Fotografen der Gruppe, Norbert Zech:
„Wieder ein sehr schönes Motiv. Felsen sowieso. Das gehört zum Wandern dazu, dass man sich die Gegend anschaut, ein paar Photos macht. Nur Kilometer schlucken, das ist nicht mein Fall.“
Das nächste Mal wird Norbert Zech die Kamera am Eulenfelsen zücken. Zuvor gäbe es die Möglichkeit, knapp zwei Kilometer weiter nach Weiskirchen zu wandern. In der Nähe des Kurortes dockt der Zwei-Täler–Weg erneut an den Saar-Hunsrück-Steig an. Die Beschilderung weist den Weg zum gastronomischen Angebot und den Übernachtungskapazitäten.
Die Plattfüßler aber kürzen ab. Sie steigen direkt zum Eulenfelsen auf. Über Serpentinen gesäumt von leuchtenden Königskerzen und unzähligen Heidelbeersträuchern. Diese halten nur leider nicht, was sie versprechen. Helmuth Hartmann:
„Da ist ein einziges Früchtchen und die ist vertrocknet.“
Hartmann glaubt, dass es an den Bienen liegt. Eine Reihe von Völkern sei in diesem Jahr einem Virus zum Opfer gefallen.
An Pilzen mangelt es hingegen nicht. Sie verströmen ihren charakteristischen Duft. Ursula Gilg kennt sich aus:
„Es gibt hier Stellen, da hat man den Geruch in der Nase gehabt, dass es hier Stinkmorcheln gibt. Das ist unverkennbar, der Geruch.“
Die Gruppe passiert eine Landstraße. Eine Schneise, die den Fichtenstangenwald durchtrennt. Die schnurgerade Piste erlaubt hohe Geschwindigkeiten. Armin, den jungen Motorradfahrer, haben sie wohl das Leben gekostet. Ein blumengeschmücktes Wegekreuz erinnert an ihn. Daneben beginnt der Abstieg zurück ins Hölzbachtal.
Er führt vorbei an Streuobstwiesen, Pferdekoppeln, knorrigen Eichen und zwei Fischweihern. Und dem Wetter ist es geschuldet, dass der angelegte Barfußpfad ungenutzt bleibt. Nach dreieinhalb Stunden sind die Plattfüße wieder am Ausgangspunkt, dem Parkplatz vor dem Bürgerhaus in Waldhözbach angelangt. Müde, aber nicht erschöpft. Hans-Klaus Simon:
„Nein, erschöpft nicht, aber ich bin froh, dass wir wieder da sind.“
Wegen des 30-jährigen Jubiläums ihrer Wandergruppe hat Organisator Helmuth Hartmann im Hotel eine kleine Überraschung vorbereiten lassen. Den Forellenhof am Ende ihres Weges lassen die Wanderer daher im wahrsten Sinne des Wortes links liegen. Die Wirtin, Hedi Lehnhardt, seit 27 Jahren vor Ort, freut sich dennoch, dass die Touristiker endlich erkannt haben, was sich aus der etwas verschlafen wirkenden Gegend machen lässt:
„Man muss mit dem werben, was man hat, und das ist eben die Natur und da freuen sich die Menschen.“