Unterwegs mit Bruckner
Genialer Gipfelstürmer

Bergriesen faszinierten ihn, er verfolgte gebannt die Nordpolexpedition und erwog, in ferne Länder auszuwandern. Auf welchen Wegen war der Komponist unterwegs? Welchen Einfluss hatten diese Orte auf seine Musik? Marie König ist Bruckner durch Österreich gefolgt.

Von Marie König |
Eine verschneite Bergspitze des Mont-Blanc-Massivs ragt über grau-weiße Wolken in den tiefblauen Himmel empor.
Anton Bruckner wollte unbedingt den Mont Blanc sehen. "Diese monumentalen Perspektiven spiegeln sich auch in seinen Sinfonien wider", sagt Klaus Petermayr im Dlf. (picture alliance / Godong | Pascal Deloche)
Autorin Marie König folgt den Pfaden Bruckners: zu Fuß von seinem Geburtshaus nach St. Florian und zu seiner ersten Berufsstelle, mit dem Zug nach Linz und Wien. Eine Spurensuche in Österreich, in Begleitung von Bruckners Sinfonien.

Kind eines Dorflehrers

Am 4. September 1824 wurde Bruckner im Schulhaus in Ansfelden geboren, wo sein Vater Lehrer war. Rund herum erstrecken sich Felder und Wald. Als Kind ist Bruckner dort durch die Lande spaziert - immer zu Fuß.

Sportiv und agil

Die Freude daran, sich so durchs Leben zu bewegen, hat er sich aus der Kindheit beibehalten. Es ist belegt, dass er ein überzeugter Wanderer war. Klaus Petermayr, wissenschaftlicher Leiter des Anton Bruckner Instituts Linz:

Er dürfte sehr, sehr sportlich gewesen sein. Das merkt man auch am ersten Foto, das es von ihm gibt. Da ist er ein großer, schlanker Herr, und er war wirklich relativ groß, dürfte über 1,80 gewesen sein.

Dieses Wandern, so stellt Autorin Marie König fest, könne man auch in seinen Werken wiederfinden. Man wandert immer weiter, Schritt folgt auf Schritt. Und irgendwann lässt man sich auf dieses Tempo ein. Und auf die Wiederholungen. Oft bringt Bruckner ein und dasselbe Motiv, das sich nur langsam verändert. Wie, wenn man durch eine Landschaft geht und denselben Gipfel aus immer neuen Perspektiven betrachtet, wie man ihm immer näher kommt.

Altersporträt überlagert den "jungen Mann"

Gängige Bruckner-Bilder zeigen ihn als ernsten, behäbigen Mann mit Glatze, Hakennase und Falten. Oft wird der Komponist klein dargestellt. Die meisten Bilder stammen aus der Zeit, als er mit seinen Symphonien endlich Erfolg hatte - mit 60. Diese Fotos und Karikaturen überdecken das Bild des jungen Bruckners.
 
1-B191-B1863 (213019) Anton Bruckner / Foto, 1863 Bruckner, Anton Komponist, Ansfelden 4.9.1823 - Wien 11.10.1896. Porträtaufnahme, 1863. F: Anton Bruckner / Photo, 1863. Bruckner, Anton ; compositeur autrichien ; Ansfelden 4.9. 1824 - Vienne 11.10.1896. Portrait photographique, 1863.
Sein älteres Konterfei ist bekannt. Hier ließ sich Anton Bruckner 1863 mit 40 Jahren ablichten. (picture alliance / akg-images)
Klaus Petermayr stellt dem entgegen, dass Bruckner ein guter Tänzer gewesen sein muss, ein guter Schwimmer. Einige seiner Bergwanderungen sind belegt.

Streben nach Unendlichkeit

1880 erfüllte sich Bruckner einen großen Traum und besichtigte den höchsten Berg der Alpen, den Mont Blanc. Über Geröllhalden stapfte er bis zum Berggasthaus „Croix de la Fléchère“, von wo aus er Sonnenuntergang und -aufgang über dem gewaltigen Berg verfolgte.
Der Komponist wäre auch gern zum Nordpol gereist, er informierte sich über die österreichisch-ungarische Nordpolexpedition. Das unentdeckte Land, die Weiten aus Schnee und Eis zogen ihn magisch an.

Musik als Spiegel göttlicher Schöpfung?

Größe, Erhabenheit wollte der Komponist auch in seiner Musik vermitteln. Der Organist und Dirigent Martin Haselböck vermutet darin Bruckners tief empfundenen Glauben an Gott. Er vermutet, dass sich Bruckner hier sehr Bach nähert und vielleicht das Monumentale in seiner Frömmigkeit als Spiegel der Großartigkeit der Schöpfung sieht

Das klingt wahnsinnig pathetisch, aber bei Bach wissen wir, wie Bach gepredigt hat mit seiner Musik. Und ich glaube auch, dass Bruckner predigt.

In Wien wurde er spät erhört und galt zum Zeitpunkt seines Todes 1896 bereits als bedeutender Sinfoniker.

Verankert in Sankt Florian

Zur letzten Ruhe wünschte sich der Komponist allerdings zurück in seine Heimat nach Oberösterreich, genauer: in einen Sarg in eine Gruft unter der Orgel der Stiftskirche Sankt Florians.
Dort hatte Bruckner seine Ausbildung erhalten und jahrelang als Organist gearbeitet. Auch später kehrte er gerne ins Kloster zurück, um in Ruhe zu komponieren.
Ein riesiges barockes Klostergebäude samt Basilika mit Zwiebeltürmen vor Himmel und Wolken
Das barocke Stift Sankt Florian, eines der größten und bekanntesten Klöster Österreichs, befindet sich in der Marktgemeinde St. Florian nahe Linz in Oberösterreich. (picture alliance / WERNER KERSCHBAUMMAYR / fotokerschi / picturedesk.com | WERNER KERSCHBAUMMAYR)