"Der Tanz ums Goldene Kalb", der Teil aus Arnold Schönbergs Oper "Moses und Aron", der zuerst erklang und auch am berühmtesten blieb. Hermann Scherchen, langjähriger Freund und Förderer neuer Musik, dirigierte das Stück Anfang Juli 1951 zu den Darmstädter Ferienkursen. Wenige Tage später, am 13. Juli, starb Schönberg 76-jährig in Los Angeles. Seit 1934 lebte er dort im Exil, "vertrieben ins Paradies", wie er seine neue Heimat ironisch pries.
Ein "Paradies" ist das Heim der Familie in Hollywood zwar für den kränkelnden Schönberg klimatisch. Alles andere als paradiesisch aber sind seine Arbeitsmöglichkeiten in den USA. Zunächst bekommt er einen Job an der Southern University of California, dann einen etwas besser dotierten an der UCLA, der Nachbar-Hochschule in Berkeley, wo gerade ein Music Department aufgebaut wird.
Aber Schönberg klagt über den "Brotneid" der Kollegen, der hier "heftiger wütet" als in Europa. Und über die Studenten, die er zu unterrichten hat, notiert er:
"Leider sind [sie] [...] so ungenügend vorbereitet, dass ich etwas so Überflüssiges zu tun habe wie Einstein, wenn er in einer Mittelschule Mathematik zu unterrichten hätte."
Zur Weiterarbeit an seiner noch unvollendeten Oper "Moses und Aron" drängt ihn wenig; die Oper bleibt ein Torso. Und als Scherchen 1950 bittet, wenigstens den "Tanz ums Goldene Kalb" aufführen zu dürfen, ängstigt sich der Komponist wegen der McCarthy-Hysterie. Scherchen ist bekennender Linker; so lässt Schönberg in Washington erst erkunden, ob gegen den Dirigenten etwas vorliege. Entschuldigend schreibt er ihm:
"Sie müssen verstehen, dass heute, wo wir eigentlich im Kriegsstand stehen, jede leiseste Spur [...] mindestens zu unangenehmen Untersuchungen führen kann."
Mit Skizzen zu der Oper hat Schönberg bereits 1928 in Deutschland begonnen. Schon da spürt er die drohenden politischen Veränderungen, will er zurück zu seinen Wurzeln. Die beiden ersten Akte, Moses' Berufung in der Wüste und den "Tanz ums Goldene Kalb", komponiert er in der Schweiz und in Spanien. Zuhause machen ihn die braunen Aufmärsche depressiv.
Bei der Sitzung der Preußischen Akademie der Künste im März '33 erkennt er, er muss gehen. Und er geht zunächst nach Paris, tritt wieder ein in die jüdische Gemeinde, will für eine "Alljüdische Bewegung" kämpfen. Ein Kongress in Boston bringt ihn mit der Familie nach Amerika. Sie bleiben. Das raue Ostküstenklima lässt Schönberg dann weiter wandern nach Westen.
Konzertant wird "Moses und Aron" 1954 in Hamburg erstaufgeführt. Drei Jahre später, am 6. Juni 1957, dirigiert Hans Rosbaud auch die szenische Uraufführung in Zürich. Die Rolle des Moses ist als Sprechgesang angelegt. Die Schwierigkeiten sind gleichwohl immens. Rosbaud erinnert sich, dass er Schönberg 1931 danach fragte und der ihm antwortete:
"Da ich in den nächsten Dezennien gar keine Möglichkeit sehe, dass dieses Werk überhaupt aufgeführt wird, habe ich mir hinsichtlich der Schwierigkeiten gar keine Reserven auferlegt."
Den dritten Akt lässt Schönberg unkomponiert. Der Einzug des auserwählten Volks ins Gelobte Land bereitet ihm Kopfzerbrechen. Und liest man in der Bibel, versteht man des Komponisten Zweifel: Der Weg durch die Wüste war blutig. War die Züricher Inszenierung noch ganz textgetreu, haben jüngere Produktionen die Sicht geweitet. Ruth Berghaus zeigte Parallelen zur DDR-Geschichte: Ein Volk will heraus aus seinen Höhlen. George Tabori verknüpfte das Werk mit dem Holocaust. Peter Konwitschny interpretierte Moses' Gesetzgebung als Schnapsidee eines Hirten in der Wüste.
Ein Wagnis wäre eine Interpretation von "Moses und Aron" auf der Folie der nahöstlichen Wirklichkeit von heute. Schönberg selbst hielt sich ja zum neuen Israel auf Distanz.
Ein "Paradies" ist das Heim der Familie in Hollywood zwar für den kränkelnden Schönberg klimatisch. Alles andere als paradiesisch aber sind seine Arbeitsmöglichkeiten in den USA. Zunächst bekommt er einen Job an der Southern University of California, dann einen etwas besser dotierten an der UCLA, der Nachbar-Hochschule in Berkeley, wo gerade ein Music Department aufgebaut wird.
Aber Schönberg klagt über den "Brotneid" der Kollegen, der hier "heftiger wütet" als in Europa. Und über die Studenten, die er zu unterrichten hat, notiert er:
"Leider sind [sie] [...] so ungenügend vorbereitet, dass ich etwas so Überflüssiges zu tun habe wie Einstein, wenn er in einer Mittelschule Mathematik zu unterrichten hätte."
Zur Weiterarbeit an seiner noch unvollendeten Oper "Moses und Aron" drängt ihn wenig; die Oper bleibt ein Torso. Und als Scherchen 1950 bittet, wenigstens den "Tanz ums Goldene Kalb" aufführen zu dürfen, ängstigt sich der Komponist wegen der McCarthy-Hysterie. Scherchen ist bekennender Linker; so lässt Schönberg in Washington erst erkunden, ob gegen den Dirigenten etwas vorliege. Entschuldigend schreibt er ihm:
"Sie müssen verstehen, dass heute, wo wir eigentlich im Kriegsstand stehen, jede leiseste Spur [...] mindestens zu unangenehmen Untersuchungen führen kann."
Mit Skizzen zu der Oper hat Schönberg bereits 1928 in Deutschland begonnen. Schon da spürt er die drohenden politischen Veränderungen, will er zurück zu seinen Wurzeln. Die beiden ersten Akte, Moses' Berufung in der Wüste und den "Tanz ums Goldene Kalb", komponiert er in der Schweiz und in Spanien. Zuhause machen ihn die braunen Aufmärsche depressiv.
Bei der Sitzung der Preußischen Akademie der Künste im März '33 erkennt er, er muss gehen. Und er geht zunächst nach Paris, tritt wieder ein in die jüdische Gemeinde, will für eine "Alljüdische Bewegung" kämpfen. Ein Kongress in Boston bringt ihn mit der Familie nach Amerika. Sie bleiben. Das raue Ostküstenklima lässt Schönberg dann weiter wandern nach Westen.
Konzertant wird "Moses und Aron" 1954 in Hamburg erstaufgeführt. Drei Jahre später, am 6. Juni 1957, dirigiert Hans Rosbaud auch die szenische Uraufführung in Zürich. Die Rolle des Moses ist als Sprechgesang angelegt. Die Schwierigkeiten sind gleichwohl immens. Rosbaud erinnert sich, dass er Schönberg 1931 danach fragte und der ihm antwortete:
"Da ich in den nächsten Dezennien gar keine Möglichkeit sehe, dass dieses Werk überhaupt aufgeführt wird, habe ich mir hinsichtlich der Schwierigkeiten gar keine Reserven auferlegt."
Den dritten Akt lässt Schönberg unkomponiert. Der Einzug des auserwählten Volks ins Gelobte Land bereitet ihm Kopfzerbrechen. Und liest man in der Bibel, versteht man des Komponisten Zweifel: Der Weg durch die Wüste war blutig. War die Züricher Inszenierung noch ganz textgetreu, haben jüngere Produktionen die Sicht geweitet. Ruth Berghaus zeigte Parallelen zur DDR-Geschichte: Ein Volk will heraus aus seinen Höhlen. George Tabori verknüpfte das Werk mit dem Holocaust. Peter Konwitschny interpretierte Moses' Gesetzgebung als Schnapsidee eines Hirten in der Wüste.
Ein Wagnis wäre eine Interpretation von "Moses und Aron" auf der Folie der nahöstlichen Wirklichkeit von heute. Schönberg selbst hielt sich ja zum neuen Israel auf Distanz.