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Unwetter
In Bayern liegen die Nerven blank

Gewitter und Starkregen machen dem Westen und Süden Deutschlands weiter zu schaffen. In der oberbayerischen Gemeinde Polling wurde nach Überschwemmungen der Katastrophenfall ausgerufen. Im verwüsteten Simbach am Inn wächst der Unmut der Betroffenen. Und das Musikfestival Rock am Ring in der Eifel wurde vorzeitig beendet.

Von Anke Petermann |
    Ein Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks steht knietief im schlammigen Wasser, hinter ihm ein Gartenzaum und ein Wohnhaus. Gegenstände treiben durch das Wasser.
    Im oberbayerischen Polling wurde wegen der Überschwemmungen der Katastrophenfall ausgerufen. (dpa/Karl-Josef Hildenbrand )
    In den vergangenen 32 Jahren gingen viele Unwetter über Rock am Ring nieder, jetzt wird das Festival erstmals wetterbedingt abgebrochen. Grund ist die Prognose erneuter schwerer Gewitter für die Eifel. Den Abbruch entschied die Verbandsgemeinde Mendig als Festivalort. In der Nacht gab Veranstalter Marek Lieberberg den Entschluss auf der Bühne bekannt:
    "Es hat keinen Zweck, wenn wir da unseren Unmut äußern, denn es ist nun mal so, dass es Verletzte gegeben hat, und deshalb kann keiner verantworten, dass sich weitere von Euch verletzen."
    Beifall für einen Veranstalter, der bis zuletzt darum gekämpft hatte, dass das Festival weitergehen konnte, obwohl Freitagabend Blitzeinschläge mehr als 80 Menschen verletzt hatten, 15 davon schwerer. Zwei mussten reanimiert werden. Einer schwebte laut Angabe des Deutschen Roten Kreuzes noch in Lebensgefahr. Das Gelände war für anderthalb Stunden evakuiert worden, die Fans wurden aufgefordert, sich in Fahrzeuge und Zelte auf dem angrenzenden Campingplatz zurückzuziehen.
    Die kalifonische Band Red Hot Chili Peppers trat noch auf
    Viele Besucher beklatschten gestern, dass Lieberberg den Auftritt der Red Hot Chili Peppers nach stundenlanger Unterbrechung und neuen Gewittern am Abend noch ermöglicht hatte. Andere finden, dass die Festival-Absage zu spät kommt:
    - "Die Ereignisse von Freitag waren einfach schon krass."
    - "Bevor da noch mehr Verletzte rumliegen oder irgendwer doch nicht wiederbelebt werden kann, ist das vielleicht besser."
    - "Gestern hätte man sagen können, okay, gut, da muss man die ganze Sache abblasen."
    So Fans in einer SWR-Umfrage. Von der Eifel in den Süden, nach Oberbayern.
    Neue Regenfälle in Oberbayern
    Dort erklärte das Landratsamt Weilheim-Schongau am Morgen den Katastrophenfall für das Hochwasser-Gebiet rund um die Gemeinde Polling. Nach starkem Regen sind Technisches Hilfswerk, Feuerwehr, Wasser- und Bergwacht dort im Großeinsatz. Teilweise stehe das Wasser kniehoch in den Straßen, teilte das Landratsamt.
    In der niederbayrischen Hochwasserregion soll indes die Bundeswehr mit 100 Pionieren anrücken, um Hilfskräfte im Dauereinsatz zu entlasten. Dort gab es zwar keine neuen Regenfälle. Aber während der Schlamm Lkw-weise unter Mithilfe Tausender Freiwilliger aus Bayern und Österreich abtransportiert wird, zeichnet sich das ungeheure Ausmaß eines Milliardenschadens ab. 500 Häuser schätzt das Landratsamt Rottal-Inn als so schwer beschädigt ein, dass sie nicht mehr saniert werden können.
    "Unorganisierter als ein Bierzelt" - die Nerven liegen blank
    Hochwasseropfer kritisierten dem Bayrischen Rundfunk gegenüber mangelnde Koordination in Simbach am Inn.
    "Das ist unorganisiert. Jedes Bierzelt in Bayern oder Österreich ist besser organisiert, als das, was da abläuft."
    Schelte beim gestrigen Ortstermin von Horst Seehofer.
    Bayerns Kabinett will am Dienstag weitere Hilfe beschließen
    "Das nehme ich mit", entgegnet der bayrische Ministerpräsident dem verhinderten Unternehmer, dessen soeben entstehendes Einrichtungsstudio weggespült wurde.
    Übermorgen will das bayrische Kabinett weitere Unterstützung fürs Hochwassergebiet beschließen, zusätzlich zur Soforthilfe von 1.500 Euro pro Person, für die Geschädigte am Wochenende stundenlang anstanden.