"Pure Vernunft darf niemals siegen", prangte auf einem Werbetransparent des Festivals Rock am Ring in der Eifel. Und eine Weile lang sah es so aus, als würde das Rockfest tatsächlich gegen jede Vernunft und Unwetterwarnung bis zur letzten Sekunde durchgezogen werden – als ob drei Jahrzehnte Tradition dazu verpflichteten. Doch in der Nacht untersagte die Verbandsgemeinde Mendig dem Veranstalter, heute weiterzumachen, und verpflichtete ihn, die Fans bis zum Mittag nach Hause zu schicken.
Empfohlen hatte auch der Innenminister von Rheinland-Pfalz, "dass wir für dieses Jahr das Konzert abbrechen. Sicherheit geht vor, und da kann es nichts zu diskutieren geben. Wir dürfen diesen vielen Verletzten keine weiteren hinzufügen. Da bin ich ganz eindeutig." So Roger-Lewentz gegenüber dem SWR. Am Freitagabend hatten mehrere Blitzeinschläge und Kriechströme rund 80 Besucher verletzt, 15 davon schwerer, einer schwebt in Lebensgefahr. Das Gewitter war innerhalb von Sekunden aufgezogen. Der Veranstalter reagierte zügig und sorgte mit Lautsprecheransagen dafür, dass die Fans das Gelände rasch und geordnet verließen - Richtung Campingplätze und Autos.
Rettungswagen blieben im Schlamm stecken
Dennoch äußert ein Besucher im Telefoninterview mit dem SWR Kritik an der schlechten Vorbereitung des Notfalls. Der habe sich aufgrund allgemeiner Unwetterwarnung für die Region vorhersehen lassen. "Als das Gewitter dann richtig losging und die Sanitätswagen losmussten, blieben die teilweise im Schlamm stecken, weil halt das Gelände überhaupt nicht mit Mulch oder Stroh abgedeckt war. Da mussten halt die Leute anpacken und die Sanitätswagen anschieben, damit die überhaupt weiter kamen."
Der Kritiker schickt allerdings ein Lob an die gut organisierten Sanitäter hinterher. Am Nachmittag gingen erneut vereinzelt starke Gewitter über ganz Rheinland-Pfalz nieder.
Von dort Ortswechsel nach Bayern.
Der oberbayrische Landkreis Weilheim-Schongau erklärte am Morgen den Katastrophenfall für das Hochwasser-Gebiet rund um die Gemeinde Polling. Nach starkem Regen waren Technisches Hilfswerk, Feuerwehr, Wasser- und Bergwacht dort im Großeinsatz. Teilweise stehe das Wasser kniehoch in den Straßen, teilte das Landratsamt.
Montag rückt die Bundeswehr in Niederbayern an
In der niederbayrischen Hochwasserregion soll indes die Bundeswehr mit hundert Pionieren anrücken, um Hilfskräfte im Dauereinsatz zu entlasten. Dort gab es zwar keine neuen Regenfälle. Aber während der Schlamm LKW-weise unter Mithilfe Tausender Freiwilliger aus Bayern und Österreich abtransportiert wird, zeichnet sich das ungeheure Ausmaß eines Milliardenschadens ab. 500 Häuser schätzt das Landratsamt Rottal-Inn als so schwer beschädigt ein, dass sie nicht mehr saniert werden können.
Hochwasseropfer kritisierten dem Bayrischen Rundfunk gegenüber: mangelnde Koordination in Simbach am Inn. "Des ist unorganisiert. Jedes Bierzelt in Bayern oder Österreich ist besser organisiert, als das, was da abläuft." Schelte beim gestrigen Ortstermin von Horst Seehofer. "Das nehme ich mit", entgegnet der bayrische Ministerpräsident dem verhinderten Unternehmer, dessen soeben entstehendes Einrichtungsstudio weggespült wurde.
Übermorgen will das bayrische Kabinett weitere Unterstützung für das Hochwassergebiet beschließen, zusätzlich zur Soforthilfe von 1.500 Euro pro Person, für die Geschädigte am Wochenende stundenlang anstanden.
Anmerkung der Redaktion: Das Landratsamt Weilheim-Schongau hat den Katastrophenfall für das Gebiet rund um die bayerische Gemeinde Polling am Abend aufgehoben. Die Pegel seinen rückläufig.