Freitag, 6. August
+++ Der geplante Wiederaufbaufonds für die von der Flutkatastrophe betroffenen Gebiete soll einem Medienbericht zufolge mit mindestens zehn Milliarden Euro ausgestattet werden. Bund und Länder wollten sich die Summe je zur Hälfte teilen, berichtet "Der Spiegel". Das Bundesfinanzministerium plane, den Fonds jedes Jahr nach Bedarf aufzufüllen. So solle vermieden werden, dass Milliardensummen über Jahre hinweg ungenutzt liegen blieben.
+++ Im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands hat die Staatsanwaltschaft Koblenz Ermittlungen gegen den Landrat von Ahrweiler, Pföhler, aufgenommen. Gegen ihn bestehe der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen. Das teilten die Behörde und das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt mit. Zudem werde gegen ein weiteres Mitglied des Krisenstabs ermittelt.
+++ Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz warnt Eigentümer davor, bei dem Hochwasser beschädigte Denkmäler vorzeitig abzureißen. Die aktuellen Aufräumarbeiten in den Hochwassergebieten bestünden verständlicherweise neben dem Sichten und Sortieren auch im Entsorgen, teilte die Stiftung in Bonn mit. Doch gerade für Denkmäler sei "dies ein kritischer Moment, denn leicht kann vorschnell verloren gegeben werden, was nur wenige Wochen später schwer bereut wird", hieß es.
Die überfluteten Regionen profitierten von ihren Denkmälern, die die touristische Qualität der Landschaften entscheidend prägten.
+++ Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer plädiert für eine schnelle Sondersitzung des Bundestages zur Beratung über den Wiederaufbaufonds für die Hochwasserregionen. Dreyer sagte im Deutschlandfunk, das sei wichtig, weil die betroffenen Länder die Belastungen nicht alleine stemmen könnten und den Menschen schnell geholfen werden müsse. Die Berufung eines nationalen Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau lehnte die SPD-Politikerin dagegen ab. Es gebe bereits sehr gut funktionierende Strukturen von Bund un
+++ Die Bundesregierung wird nach Informationen aus der SPD voraussichtlich am 18. August den geplanten Wiederaufbaufonds für die vom Hochwasser betroffenen Länder beschließen. Diesen Termin teilte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Schneider, den sozialdemokratischen Abgeordneten mit. In den Tagen nach der Kabinettssitzung solle es noch eine Sondersitzung des Bundestags zu diesem Thema geben.
Über die Details des Wiederaufbaufonds will kommende Woche Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder beraten. Finanzminister Scholz zufolge wird der Wiederaufbau nach den Überschwemmungen vor allem im Westen Deutschlands wohl weit mehr als sechs Milliarden Euro kosten.
Donnerstag, 5. August
+++ Die Bundesregierung wird nach Informationen aus der SPD voraussichtlich am 18. August den geplanten Wiederaufbaufonds für die vom Hochwasser betroffenen Länder beschließen. Diesen Termin teilte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Schneider, den sozialdemokratischen Abgeordneten mit. In den Tagen nach der Kabinettssitzung solle es noch eine Sondersitzung des Bundestags zu diesem Thema geben. Über die Details des Wiederaufbaufonds will kommende Woche Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder beraten.
+++ Der Leiter des Krisenstabs für das Katastrophengebiet im Ahrtal, Linnertz, hat die Organisatoren des Einsatzes gegen Kritik verteidigt. "Wir haben seit Einsatzbeginn grob geschätzt etwa 20.000 Helfer aus dem ganzen Bundesgebiet hier gehabt", sagte er. Zudem sei sehr viel Material in die Region gebracht worden. Er habe Verständnis dafür, dass es manchmal aus dem Blickwinkel eines Helfers vor Ort auch Kritik an der Arbeit gebe. Die Regeln für die Arbeit des Krisenstabs seien allerdings durch eine Dienstvorschrift vorgegeben, mit der alle Hilfsorganisationen bundesweit arbeiteten.
+++ Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bietet im Streit mit Versicherungen eine kostenlose Erstberatung für Ratsuchende, die besonders vom Hochwasser betroffen sind. Das Angebot umfasse ein 30-minütiges Beratungsgespräch mit einem Anwalt zur ersten rechtlichen Einschätzung und Orientierung, teilte die Zentrale in Düsseldorf mit. Es richte sich an Verbraucher, die Probleme mit ihrer Versicherung bei der Schadensregulierung hätten.
+++ Die psychosoziale Unterstützung von Opfern der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal wird nach Einschätzung des Opferbeauftragten der rheinland-pfälzischen Landesregierung Jahre dauern. Man stehe hier vor einer großen Herausforderung, sagte Placzek in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Viele Menschen seien jetzt noch mit Aufräumen beschäftigt und merkten erst später, wenn sie zur Ruhe kämen, dass sie professionelle Hilfe brauchen. Neben der Hotline, die angeboten werde, helfe das Land auch bei der Vermittlung von Therapieplätzen. Placzek appellierte zudem an die Versicherungsunternehmen, mit Anträgen von Betroffenen unbürokratisch umzugehen.
+++ In Rheinland-Pfalz werden immer noch 16 Menschen vermisst. Von 141 Fluttoten seien bisher 121 identifiziert worden, sagte ein Sprecher der Polizei Koblenz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Das waren sechs Menschen mehr als am Vortag.
Mittwoch, 4. August
+++ Das Bundeskabinett hat eine Vorlage zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für geschädigte Firmen gebilligt. Damit soll den Unternehmen bis Ende Oktober Zeit gegeben werden, um notwendige Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen zu führen sowie mögliche öffentliche Hilfen oder Versicherungsleistungen einzubeziehen. Über die Gesetzesvorlage muss der Bundestag noch entscheiden. Damit wird eine Sondersitzung des Parlaments in der Sommerpause wahrscheinlicher.
+++ In Rheinland-Pfalz werden ersten Schätzungen zufolge mehrere Millionen Euro benötigt, um Kulturgüter wieder aufzuarbeiten. Derzeit werden unter anderem 2.800 Objekte aus dem überfluteten Depot des Stadtmuseums Ahrweiler geborgen.
+++ Nach Einschätzung eines Experten muss noch monatelang belastetes Wasser entsorgt werden. Ein Ende des Ausnahmezustandes sei nicht absehbar, sagte der Geschäftsführer des Entsorgungsunternehmens KS-Recycling, Guido Schmidt. Man rechne noch mit mehreren Monaten. Im Wasser setzten sich vor allem Öl aus Motoren, Benzin, Reinigungsmittel etwa aus überspülten Waschmaschinen und Schlamm ab. Das Unternehmen pumpt das Wasser unter anderem aus Kellern, Tiefgaragen und Fahrstuhlschächten ab und reinigt es zunächst chemisch und dann biologisch in einer Kläranlage. Das gesäuberte Wasser wird in den Rhein eingeleitet.
+++ Bundesfinanzminister Scholz hat sich gegen einen Sonderbeauftragten für die Hochwassergebiete ausgesprochen. Das wäre bürokratische Tätigkeitsvermehrung und würde die Sache eher komplizierter machen, sagte der SPD-Kanzlerkandidat im WDR. Die Verbandsgemeinde Altenahr in Rheinland-Pfalz hatte Medienberichten zufolge in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer einen Sonderbeauftragten der Bundesregierung mit weit reichenden Kompetenzen für das Ahrtal gefordert
+++ Die FDP-Bundestagsfraktion dringt weiter auf eine baldige Sondersitzung des Parlaments, um zügig Hilfen für die Menschen in den Hochwassergebieten auf den Weg zu bringen. "Es ist völlig unverständlich, warum die große Koalition die Opfer der Hochwasserkatastrophe warten lässt", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Marco Buschmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Die Betroffenen brauchen jetzt Planungssicherheit." Deshalb müssten sich Union und SPD auf eine Sondersitzung in der kommenden Woche festlegen. "Die große Koalition ist mal wieder zu langsam und zu untätig." Die FDP hatte zuvor eine Sondersitzung bereits in dieser Woche verlangt.
Dienstag, 3. August
+++ Finanzminister Scholz hat angekündigt, dass das Bundeskabinett Erleichterungen für Unternehmen beschließen will, die infolge des Hochwassers in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind.
Die Insolvenzantragspflicht für Firmen solle vorübergehend ausgesetzt werden. Wie der SPD-Politiker bei einem Besuch in Schleiden in der Eifel sagte, plant das Kabinett einen entsprechenden Beschluss am Mittwoch zu fassen. In der Corona-Krise war die Insolvenzantragspflicht ebenfalls ausgesetzt worden, um damit Firmen zu helfen. Daran werde man sich nun orientieren, so Scholz.
+++ Die Verbandsgemeinde Altenahr in Rheinland-Pfalz bittet Bund und Land in einem offenen Brief eindringlich um mehr Hilfe in der Flutkatastrophe.
In dem Schreiben an Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und Ministerpräsidentin Dreyer (SPD) fordert die Verbandsgemeinde unter anderem einen Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau des Ahrtals. Dieses Amt solle weitreichende Kompetenzen erhalten und öffentliche und private Hilfen koordinieren. Der Sonderbeauftragte müsse einen Plan zum Wiederaufbau entwickeln und die Umsetzung leiten. Das Schreiben ist unter anderem von der Altenahrer Bürgermeisterin Weigand und 13 Ortsbürgermeistern im Ahrtal unterzeichnet.
+++ Ermittlungsbehörden in Nordrhein-Westfalen prüfen, ob im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe Ermittlungen aufgenommen werden.
Die Staatsanwaltschaft Köln erklärte, dass man sich mit den Staatsanwaltschaften in Bonn und Koblenz, in deren Bereich ebenfalls Hochwassergebiete liegen, im engen Austausch befinde. Gegenstand der Prüfung seien alle in Betracht kommenden Delikte, sagte eine Sprecherin der Kölner Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft Aachen erklärte, im Rahmen von Vorermittlungen werde geprüft, ob ein Anfangsverdacht bestehen könnte.
+++ Nach der Flutkatastrophe wird eine Sondersitzung des Bundestags wahrscheinlicher.
Neben FDP und SPD befürworten auch die Grünen, dass die Abgeordneten im August aus der Sommerpause kommen, um schnell Hilfen für die Menschen in den Hochwassergebieten auf den Weg zu bringen. Beantragt werden müsste dies von mindestens einem Drittel der Abgeordneten, also 237 Parlamentariern. Die drei Fraktionen verfügen zusammen über 299 Mandate.
+++ Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet und Bundesfinanzminister Scholz haben den Opfern der Hochwasserkatastrophe erneut Unterstützung zugesichert. Laschet sagte während eines gemeinsamen Besuchs in Stolberg bei Aachen, nach den ersten Soforthilfen gehe es nun um die langfristige Finanzierung des Wiederaufbaus. Dazu werde der Bundestag spätestens nach der Sommerpause Gesetze im Schnellverfahren beschließen.
Scholz betonte, der Wiederaufbau werde mehrere Milliarden kosten und damit teurer werden als bei vergangenen Hochwassern in Deutschland. In diesem Zusammenhang lobte er die Solidarität der Bundesländer, die nicht von der Katastrophe betroffen seien. Alle wollten sich an der Finanzierung beteiligen.
+++ Bundeswirtschaftsminister Altmaier erwartet von der Bund-Länder-Konferenz in der kommenden Woche entschlossene Signale für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe.
Der CDU-Politiker sagte der "Rheinischen Post", die bisherigen Soforthilfen seien ein erstes Signal. Nun müssten schnell die finanziellen Mittel für den Wiederaufbau auf den Weg gebracht werden. Die Videokonferenz der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit Bundeskanzlerin Merkel am 10. August solle eine überzeugende Antwort auf die Notlage der Menschen geben.
+++ SPD-Fraktionschef Mützenich fordert eine baldige Sondersitzung des Bundestages, um nach der Hochwasserkatastrophe einen Wiederaufbaufonds auf den Weg zu bringen. Mützenich sagte der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf, aus Sicht seiner Partei sollte das Parlament noch während der Sommerpause über die gesetzlichen Voraussetzungen beraten und schnell entscheiden. All dies könne noch im August geschehen. Es zähle jeder Tag. Zuvor hatten sich schon FDP und Grüne für eine Sondersitzung des Bundestages ausgesprochen.
FDP-Generalsekretär Wissing begründete die Haltung seiner Partei zu einer Sondersitzung noch einmal im Deutschlandfunk (Audio-Link). Er sagte, er habe kein Verständnis dafür, Hilfen für die betroffenen Gebiete in einer Ministerpräsidentenkonferenz auf den Weg bringen zu wollen. Der richtige Ort dafür sei das Parlament. Die Hilfssummen müssten gesetzlich abgesichert werden, so dass sich die Betroffenen darauf verlassen könnten.
Montag, 2. August
+++ Im Zusammmenhang mit der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz prüft die Staatsanwaltschaft Koblenz Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung sowie fahrlässiger Körperverletzung. Es gebe entsprechende Anfangsverdachts-Momente infolge möglicherweise unterlassener oder verspäteter Warnungen oder Evakuierungen, teilte die Behörde mit. Hintergrund sind Berichte, die Behörden hätten zu spät vor der Katastrophe gewarnt. Bei den Überschwemmungen waren in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen insgesamt mehr als 180 Menschen ums Leben gekommen.
+++ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet hat einen Wiederaufbaufonds für die von der Unwetterkatastrophe betroffenen Gebiete vorgeschlagen. Der Kanzlerkandidat der Union sagte bei einem Besuch in Schleiden im Hochwassergebiet, er wolle sich auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz für ein entsprechendes Bundesgesetz einsetzen, das noch im September von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden könnte.
Bei seinem Besuch im Katastrophengebiet wurde Laschet von Einwohnern kritisiert. Ein Mann in der Gemeinde Swisttal sagte, bislang habe er weder Hilfe von der Landesregierung noch von der örtlichen Verwaltung gesehen. Stattdessen hätten junge Leute beim Aufräumen geholfen. Ein anderer nannte die verantwortlichen Politiker "riesengroße Versager".
+++ Zweieinhalb Wochen nach der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands wächst der Druck auf die Behörden im besonders betroffenen Landkreis Ahrweiler. Der Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel, Roselieb, sagte im Deutschlandfunk, dem Landrat hätten genügend Warnmittel zur Verfügung gestanden, zum Beispiel hätten bei Katastrophenalarm Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei von Haus zu Haus gehen können. Über den Tag hinweg habe man mit dem Einsatzplan für Hochwasser gearbeitet, obwohl man angesichts einer Warnung vor einem Pegel der Ahr von fünf Metern bereits nach 17 Uhr auf den Katastrophenplan hätte umschalten müssen.
Sonntag, 1. August
+++ Der Landrat des Kreises Ahrweiler, Pföhler, zeigt sich empört über Vorwürfe, bei der Hochwasser-Katastrophe vor mehr als zwei Wochen die Bevölkerung zu spät gewarnt zu haben. Dem Bonner "General-Anzeiger" sagte der CDU-Politiker, gegenseitige Schuldzuweisungen seien "völlig deplatziert und geschmacklos". Die Fragen nach den Verantwortlichkeiten könne derzeit niemand im Bund, im Land oder im Kreis seriös beantworten, betonte Pföhler. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge wurde der rheinland-pfälzische Landkreis in der Nacht auf den 15. Juli präzise gewarnt, ohne jedoch rechtzeitig darauf reagiert zu haben.
+++ Eine vom Hochwasser stark beschädigte Eisenbahnbrücke zwischen Bad Münstereifel und Euskirchen ist gesprengt worden. Zwei Detonationen waren notwendig, um die Reste des Bauwerks zu beseitigen, wie eine Sprecherin der Stadt Bad Münstereifel mitteilte. Die Arbeiten hatten sich verzögert, weil nach der ersten Sprengung mehrere Menschen in das Evakuierungsgebiet zurückgekehrt waren.
+++ Zweieinhalb Wochen nach der verheerenden Unwetterkatastrophe registrieren die Behörden im Ahrtal einen wachsende Bedarf an psychosozialer Notfallversorgung. In den teilweise stark zerstörten Ortschaften der Region seien mittlerweile über 100 Fachkräfte im Einsatz, gab der Leiter des Krisenstabs, Heinz Wolschendorf, in Bad Neuenahr-Ahrweiler bekannt. Sie würden den Betroffen mit "Rat und Tat" zur Seite stehen.
Die Polizei ist unterdessen noch immer intensiv mit der Suche nach Vermissten und der Identifizierung von Toten beschäftigt. Bislang haben die rheinland-pfälzischen Behörden offiziell 135 Todesopfer bestätigt, von denen aber erst 87 identifiziert werden konnten. Davon entfielen 134 auf das Ahrtal.
+++ Bundesfinanzminister Scholz hat sich nach der Flutkatastrophe grundsätzlich offen für eine verpflichtende Elementarschaden-Versicherung gezeigt. Diese Debatte müssten allerdings zunächst einmal die Länder führen, sagte der SPD-Kanzlerkandidat der Funke-Mediengruppe. Falls diese sich einigten, werde der Bund dem sicher nicht entgegenstehen. Angesichts einer fortwährenden Bedrohung durch Folgen des Klimawandels regte Scholz zudem die Einrichtung eines Katastrophen-Vorsorgefonds an.
+++ Der Soziologe Armin Nassehi hinterfragt im Deutschlandfunk, ob sich Unwetter-Katastrophen wie das jüngste Hochwasser weiterhin nach dem Prinzip der Individualversicherung versichern ließen, wenn sie künftig häufiger auftreten.
Fragen, wie sich das zum Beispiel auf die Versicherungsprämien auswirke, wiesen weit über das Ökonomische hinaus, sagte Nassehi. Er ergänzte: "Können eigentlich die, die wirklich in Gefahr sind, diese Prämien dann noch bezahlen? Ab wann fängt man eigentlich an, das für ein kollektives Gut zu halten, diese Sicherheit einzuführen?"
Samstag, 31. Juli
+++ Zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel wird am Sonntagvormittag eine vom Hochwasser schwer beschädigte Brücke gesprengt. Im Umkreis von rund einem Kilometer müssen alle Menschen ihre Gebäude für die Detonation um voraussichtlich 11 Uhr verlassen, wie die Kreis - und Stadtverwaltungen mitteilten. Für die Zeit der Sprengung sei eine Sammelstelle auf einem Parkplatz eingerichtet, hieß es. Betroffen sind die Ortslagen Kirspenich in Bad Münstereifel und Kreuzweingarten in Euskirchen.
+++ Nach den schweren Vorwürfen gegen den Landkreis Ahrweiler warnt der dortige Landrat, Pföhler, vor schnellen Schuldzuweisungen. Man könne im Moment nicht sagen, ob die Katastrophe hätte verhindert werden können. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge wurde der Landkreis in der Nacht auf den 15. Juli präzise gewarnt, ohne jedoch rechtzeitig darauf reagiert zu haben. Pföhler hatte seine abwartende Haltung mit einem zwischenzeitlichen Knick in den Niederschlags-Prognosen begründet.
+++ Konsequenzen aus der Flutkatastrophe fordert der Deutsche Feuerwehrverband. "Wir werden uns mit Einsatzleitern, Vertretern der Feuerwehr-Landesverbänden, aber auch mit Landkreisen und Kommunen zusammensetzen und darüber reden, welche Lehren wir aus dieser Katastrophe ziehen können", sagte Verbandspräsident Banse der "Heilbronner Stimme". Auch der Einsatz spontaner Helfer müsse besser koordiniert werden.
+++ Das Technische Hilfswerk hat die neue Behelfsbrücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler fertiggestellt. Der Autoverkehr kann die Brücke voraussichtlich ab Montag nutzen, da erst noch die Auffahrten fertiggestellt werden müssen.
+++ In Rheinland-Pfalz kamen durch das Hochwasser nach neuen Angaben 135 Menschen ums Leben. 59 Personen gelten noch immer als vermisst. Mittlerweile konnte das Technische Hilfswerk eine neue Behelfsbrücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler fertigstellen.
+++ Bundeswahlleiter Thiel hat angekündigt, mit einer provisorischen Infrastruktur den Ablauf der Bundestagswahl im September in den von der Flutkatastrophe betroffenen Gebieten sicherzustellen. Landeslisten und Wählerverzeichnisse könnten rechtzeitig auf- und hergestellt werden, sagte er der "Rheinischen Post". Wo die Infrastruktur fehle, beispielsweise für Wahllokale, könnten möglicherweise Zelte oder Container aufgestellt werden.
+++ Die Behörden des Kreises Ahrweiler haben einem Medienbericht zufolge am Abend vor den schweren Überflutungen mehrere offizielle Hochwasser-Warnungen erhalten. Ein Sprecher des Landesamts für Umwelt sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", seine Behörde habe den Landkreis per E-Mail vor dem erwarteten Pegelstand von fast sieben Metern gewarnt. Es habe sich um mehrere automatisierte E-Mails an den Krisenstab gehandelt, zusätzlich zu online veröffentlichten Informationen. Nach Informationen des Südwestrundfunks kam die entscheidende Warnung um kurz nach 20 Uhr. Die Bevölkerung sei jedoch erst mehr als drei Stunden später aufgefordert worden, Häuser entlang der Ahr zu verlassen.
+++ Mehr als zwei Wochen nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen können Freizeitsportler einzelne Stauseen wieder nutzen. Die Sperrung an drei großen Stauseen der unteren Ruhr- Kemnader See, Hengsteysee und Harkortsee - hob die Bezirksregierung Köln ab heute auf. Alle erkennbaren Gefahrenstellen seien durch Bojen markiert worden, so dass die Seen auf eigene Gefahr wieder benutzt werden könnten. Dennoch sei weiterhin Vorsicht geboten.
+++ Die Grünen unterstützen die Forderung der FDP nach einer Sondersitzung des Bundestages zur Hochwasserkatastrophe. "Auch wir setzen uns dafür ein, dass das Parlament zu einer Sondersitzung des Bundestages zu den Auswirkungen der Flutkatastrophe zusammenkommt", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Hasselmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Nach den ersten Schadensermittlungen und der akuten Nothilfe wird nun im Bundestag zeitnah über einen noch auszugestaltenden Wiederaufbau-Fonds für die betroffenen Menschen und Regionen zu entscheiden sein." Darüber hinaus müsse das Parlament über notwendige, konkrete Maßnahmen der Klimavorsorge und des Klimaschutzes beraten.
Freitag, 30. Juli
+++ Gut zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe beginnt die rheinland-pfälzische Landesregierung mit den Planungen für den Wiederaufbau der zerstörten Regionen.
Ministerpräsidentin Dreyer (SPD) gab bei einem Besuch in Bad Neuenahr-Ahrweiler bekannt, ein regelmäßig tagender Ausschuss der Staatssekretäre werde die Bemühungen des Landes koordinieren. Außerdem werde im Innenministerium eine eigene Aufbauabteilung eingerichtet.
+++ Die Zahl der Toten nach der Unwetter-Katastrophe in Rheinland-Pfalz stieg nach offiziellen Angaben auf 135. Immer noch werden 59 Menschen vermisst.
+++ Nach der Flutkatastrophe an der Ahr laufen Gespräche, wie die Stimmabgabe zur Bundestagswahl in den besonders schwer betroffenen Gemeinden organisiert werden kann.
"Nach heutigem Stand kann man in den besonders stark betroffenen Teilen des Kreises Ahrweiler eine Wahl, die vollständig dem geltenden Wahlrecht entspricht und als normal bezeichnet werden kann, nicht durchführen", sagte der Landeswahlleiter in Rheinland-Pfalz, Hürter, der Deutschen Presse-Agentur. Zusammen mit den betroffenen Kommunen, dem Landesinnenministerium und dem Bundeswahlleiter werde jetzt versucht, ein Konzept abzustimmen, das eine der Situation angemessene Wahl ermöglicht.
+++ Der Bund beteiligt sich mit zunächst rund 400 Millionen Euro an den Soforthilfen für die vom Hochwasser betroffenen Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen.
Das teilte das Bundesinnenministerium in Berlin mit. Demnach schlossen die betroffenen Länder und der Bund eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung. Die notwendigen haushaltsrechtlichen Schritte würden unverzüglich eingeleitet. Eine abschließende Schadensschätzung sei noch nicht möglich, hieß es weiter. Die Hilfen des Bundes könnten daher noch erhöht werden.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat die Soforthilfe für die von der Flutkatastrophe betroffenen Kommunen um zehn Millionen auf 60 Millionen Euro erhöht. Das hat Ministerpräsidentin Dreyer nach einer Kabinettssitzung bekanntgegeben.
+++ In Stuttgart soll das durch ein Unwetter demolierte Kupferdach der Oper als Klimawandel-Mahnmal aufgestellt werden.
Diese Idee sei von vielen Seiten an die Landesregierung herangetragen worden, sagte Baden-Württembergs Finanzminister Bayaz (Grüne) in einem Videobeitrag auf Twitter. Unter anderem hatten SPD-Politiker in einem offenen Brief das Kupferknäuel als "Erinnerungsort für dieses in vielerlei Hinsicht schwierige Jahr" ins Spiel gebracht. Bayaz sagte, mit dem zerknüllten Dach wolle man an den fortschreitenden Klimawandel erinnern. Das Kupferknäuel soll nach seinen Worten neben dem Opernhaus als Skulptur wieder aufgestellt werden. Bei dem Unwetter am 28. Juni war in Stuttgart ein Teil des Dachs durch heftige Böen abgedeckt worden. Kupferteile waren auf den Vorplatz des Opernhauses gestürzt.
+++ Der Gedenkgottesdienst für die Opfer der Flutkatastrophe wird im ZDF übertragen.
Man sende an diesem Samstag ab 10 Uhr aus dem Dom zu Aachen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, Radu Constantin Miron, werden gemeinsam den ökumenischen Gottesdienst gestalten.
Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werden Vertreter der jüdischen und islamischen Religionen anwesend sein. Aachen soll als zentraler Ort in Europa daran erinnern, dass auch die Nachbarländer Belgien, Luxemburg und die Niederlande von den schweren Überschwemmungen betroffen sind. In dem 60-minütigen Gottesdienst werden auch Überlebende der Katastrophe zu Wort kommen.
+++ Die Flutgebiete in Westdeutschland bekommen weitere Hilfe durch die Bundeswehr. Nach Angaben des Landeskommandos Sachsen-Anhalt wurden mehr als 130 Soldaten des Panzerpionierbataillons 803 aus Havelberg (Landkreis Stendal) in die Hochwassergebiete verlegt. Der Einsatz werde zunächst etwa 14 Tage dauern, hieß es. Die Soldatinnen und Soldaten sind demnach im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr und im nordrhein-westfälischen Rheinbach im Einsatz. Auch schweres Material werde aus der Elb-Havel-Kaserne in die Katastrophengebiete gebracht. Dabei handele es sich um Räum-, Brückenlege- und Pionierpanzer, aber auch Planierraupen und Kipper.
+++ Im rheinland-pfälzischen Ahrtal ist nach der Flutkatastrophe ein Großteil der Weinernte in Gefahr. Der Vorsitzende des Vereins Ahrwein, Kriechel, sagte im Deutschlandfunk, von den insgesamt etwa 50 Weinbetrieben seien nur vier nicht betroffen. Viele Winzer hätten dagegen alles verloren. Manche wollten oder könnten nicht weitermachen. Zugleich gebe es eine große Hilfsbereitschaft, auch von Kollegen aus anderen Weinanbaugebieten in Deutschland.
+++ In Erftstadt in Nordrhein-Westfalen hat die Stadt die Menschen im Ortsteil Blessem über die Situation an der Abbruchkante informiert. Laut WDR kamen etwa 70 Menschen zu einer Info-Veranstaltung, in der der Krisenstab über die Lage informierte. Demnach haben Geologen keine signifikanten Bewegungen festgestellt. Man arbeite daran, die Sicherheitszone mit einem Radius von derzeit 100 Metern zu verkleinern und weitere Häuser freizugeben. Ein Erdrutsch hatte in Blessem nach den schweren Unwettern einige Gebäude mitgerissen.
Donnerstag, 29. Juli
+++ Nach der Flutkatastrophe will das Bundesumweltministerium ein Klima-Schadenskataster auf den Weg bringen. Umweltstaatssekretär Flasbarth sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Deutschland braucht dringend eine bessere Wissensgrundlage zu Schäden und Kosten des Klimawandels." Das habe die jüngste katastrophe vor Augen geführt. Was wirklich auf Deutschland zukomme, sei heute nicht immer leicht zu ermitteln."Klimafolgen sind komplex, Studien betrachten oft nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit, Informationsflüsse zwischen relevanten Stellen sind nicht ausreichend etabliert." Eine systematische Erfassung für ganz Deutschland sei deshalb heute noch nicht möglich. "Doch Entscheider in Bund, Ländern und Kommunen müssen wissen, wer am meisten unter den Folgen des Klimawandels leidet und was Schäden und Vorsorgemaßnahmen wirklich kosten."
+++ Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes kritisiert erhebliche Mängel in der medizinischen Grundversorgung in den Hochwassergebieten. Die Vorsitzende Teichert sagte der Funke Mediengruppe, in den betroffenen Regionen herrsche Seuchengefahr. Dort sei die Gesundheit der Bevölkerung "massiv bedroht", weil die Infrastruktur nicht funktioniere. So seien Krankenhäuser und Arztpraxen von den Wassermassen teils zerstört worden.
+++ Die Grünen fordern als Konsequenz aus der jüngsten Hochwasserkatastrophe ein bis zu 25 Milliarden Euro schweres Vorsorge-Paket. Der Fraktionsvorsitzende Hofreiter sagte der "Rheinischen Post", Klima-Vorsorge müsse zu einem Leitgedanken werden. Es brauche eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern. "Wir müssen beim Katastrophenschutz, bei der Klima-Vorsorge und beim Klimaschutz besser werden. Denn solche Starkwetter-Ereignisse werden künftig häufiger auftreten."
+++ Die Stadt Erftstadt will am Abend die vom Hochwasser betroffenen Bürgerinnen und Bürger über die Situation an der Abbruchkante im Ortsteil Blessem informieren. Es gebe viele Fragen und Sorgen, die die Stadt gerne mit den Menschen klären wolle, schrieb Bürgermeisterin Weitzel in der Einladung. Ein Erdrutsch hatte in Blessem einige Gebäude mitgerissen, noch immer ist im Radius von 100 Metern um die Kante ein Sperrgebiet.
Mittwoch, 28. Juli
+++ Für die Opfer und Betroffenen der Flut gab es am Abend einen zehnminütigen Schweigemoment im Kreis Ahrweiler.
Landrat Pföhler (CDU) hatte alle Bürgerinnen und Bürger des Kreises gebeten, um 19.50 Uhr am Mittwochabend innezuhalten und der Opfer der Katastrophe zu gedenken. Die Kirchen wurden gebeten, den Gedenkmoment mit einem Läuten der Kirchenglocken zu begleiten.
+++ Betroffene und Helfer in den Gebieten der Flutkatastrophe sollten laut Robert Koch-Institut (RKI) prüfen, ob sie gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) und Hepatitis A geimpft sind.
In den Regionen steige das Risiko für diese Erkrankungen, twitterte die Gesundheitsbehörde. Als Gründe wurden die Verletzungsgefahr bei den Aufräumarbeiten und der mögliche Kontakt mit Abwasser genannt. Auch wer noch keine Covid-19-Impfung erhalten habe, solle sich impfen lassen, appellierte das RKI. «Wichtig bei Notfallimpfungen: Sie können zeitgleich zu einer Covid-19-Impfung andere Impfungen erhalten», hieß es.
+++ Etwa zwei Wochen nach der verheerenden Flutkatastrophe in Westdeutschland hat sich die Zahl der Toten auf 181 erhöht.
Nach Angaben der Polizei in Rheinland-Pfalz wurden zwei weitere Opfer entdeckt, die Zahl der Toten in dem Bundesland stieg dadurch auf 134. Weiterhin galten dort noch 73 Menschen als vermisst. In Nordrhein-Westfalen gab es nach Angaben von Innenminister Reul (CDU) inzwischen keine Vermissten mehr. Dort starben bei dem Hochwasser 47 Menschen.
+++ Nach der Unwetterkatastrophe hilft die Bundeswehr aktuell mit rund 2000 Einsatzkräften in den betroffenen Gebieten von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.
Diese Zahl nannte der scheidende Chef des Landeskommandos NRW, Brigadegeneral Gersdorf, in Düsseldorf. Als ein Schwerpunkt der Einsätze wurde das besonders betroffene Ahrtal genannt.
+++ Im stark vom Hochwasser betroffenen Erftstadt sind alle Ortsteile wieder an das Stromnetz angeschlossen.
Das teilte der nordrhein-westfälische Rhein-Erft-Kreis am Mittwochnachmittag mit.
Allerdings haben die Bürgerinnen und Bürger dadurch nicht automatisch wieder Strom: Die Hausanschlüsse seien größtenteils noch nicht wieder aufgeschaltet und müssten zunächst von Fachfirmen kontrolliert werden. Erftstadt war durch Flut und Hochwasser vor zwei Wochen teilweise massiv verwüstet worden.
Allerdings haben die Bürgerinnen und Bürger dadurch nicht automatisch wieder Strom: Die Hausanschlüsse seien größtenteils noch nicht wieder aufgeschaltet und müssten zunächst von Fachfirmen kontrolliert werden. Erftstadt war durch Flut und Hochwasser vor zwei Wochen teilweise massiv verwüstet worden.
+++ Der Evangelische Pressedienst berichtet, welche Hilfe eigentlich die Helferinnen und Helfer benötigen.
+++ Die Bundesregierung hat Angriffe auf Helfer in den Hochwassergebieten verurteilt.
Mitglieder des Technischen Hilfswerks seien beschimpft und mit Müll beworfen worden, sagte Regierungssprecherin Demmer in Berlin. Die Bundesregierung toleriere weder solche Angriffe noch die Ausnutzung der Lage durch extreme Kräfte. Das Technische Hilfswerk hatte am Wochenende von den Vorfällen berichtet. Hinter den Angriffen stünden vor allem sogenannte Querdenker sowie einige frustrierte Flutopfer. Die Polizei an der Ahr hatte von möglichen Aktivitäten von Rechtsextremisten berichtet.
Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Reul, berichtete im Düsseldorfer Landtag von mehreren Straftaten während der Aufräumarbeiten. Bisher seien 65 Fälle von Diebstahl und 31 Fälle von besonders schwerem Diebstahl sowie zwölf Betrugsfälle bekannt geworden. Reul kritisierte, dass zudem vielfach Einsatzkräfte durch Schaulustige behindert worden seien. Rund 4.300 Platzverweise wurden ausgesprochen
+++ In Nordrhein-Westfalen werden nach der Unwetterkatastrophe keine Menschen mehr vermisst.
Das teilte Innenminister Reul in einer Sondersitzung des Landtags mit. Seinen Angaben zufolge kamen in dem Bundesland insgesamt 47 Menschen ums Leben. Etwa die Hälfte der Menschen wurde tot in ihren Häusern gefunden, die andere Hälfte wurde auf den Straßen von den Wassermassen erfasst und mitgerissen. Unter den Toten sind auch vier Feuerwehrleute. Reul betonte, es handele sich um die größte Naturkatastrophe, die Nordrhein-Westfalen je durchlitten habe.
In Rheinland-Pfalz werden laut den Behörden weiterhin 73 Menschen vermisst. Dort wurden bisher 133 Tote geborgen.
+++ Nach der Flutkatastrophe verzeichnen Versicherungen ein deutlich höheres Interesse an Elementarschadenversicherungen.
Die Nachfrage nach solchen Policen, die bei Naturereignissen wie Hochwasser und Überschwemmungen einspringen, sei bei Vertriebspartnern spürbar gestiegen, berichtete etwa die Ergo-Versicherung. Die Debeka erklärte, die Zahl der Anfragen und Anträge sei seit der Hochwasserkatastrophe deutlich gewachsen. Bestehende Verträge werden demnach entsprechend erweitert.
Auch die HDI, die zum Talanx-Konzern gehört, verbucht ein größeres Interesse. Man habe derzeit erhöhte Anfragen zu Elementardeckungen sowohl von Privatkunden als auch von kleinen und mittelständischen Firmen und Selbstständigen, hieß es. Ähnlich äußerte sich die Allianz Deutschland.
+++ Für den Wiederaufbau der Verkehrsinfrastruktur werden nach neuen Schätzungen rund 2,3 Milliarden Euro benötigt.
Die Summe sei höher als der voraussichtliche Schaden in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, teilte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen mit. Präsident Wortmann begründete die Differenz damit, dass möglichst hochwassersicher gebaut werden müsse und es sinnvoll sei, höhere technische Standards anzusetzen. Die Verkehrsbranche und die Bundesregierung hatten sich vergangenes Jahr darauf verständigt, bei Investitionen unter anderem auf mehr digitale Lösungen und mehr Lärmschutz zu achten. Betroffen von Schäden durch Überflutungen sind vor allem Regionen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, zum Teil auch Baden-Württemberg und Sachsen.
+++ CDU und CSU haben ihren für Mitte August geplanten zentralen Wahlkampfauftakt zur Bundestagswahl im Europapark Rust abgesagt.
In dem Vergnügungspark in Baden-Württemberg war eine mehrtägige Veranstaltung geplant. Stattdessen soll der Wahlkampfauftakt nun am 21. August in Berlin stattfinden. Zur Begründung erklärten die Generalsekretäre Ziemiak und Blume, dass das Krisenmanagement sowie die Wiederaufbauarbeiten in den Regionen der Unwetter-Katastrophe ihre Aufmerksamkeit und ihren Einsatz erforderten. Dies wirke sich auch auf den Wahlkampf aus.
+++ Starkregen und heftiges Gewitter haben für vollgelaufene Keller und Tiefgaragen im nordrhein-westfälischen Essen gesorgt.
Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, verzeichnete die Feuerwehr bei der Wetterlage am Dienstagabend insgesamt rund 50 Einsätze. Verletzt wurde demnach niemand. Den Angaben der Feuerwehr zufolge prasselten zeitweise 40 Liter pro Quadratmeter vor allem auf die südwestlichen Stadtteile. Anrufer hätten vollgelaufene Keller und Tiefgaragen gemeldet. In einem Betrieb lief Regenwasser in einen Rauchmelder, der daraufhin die Feuerwehr alarmierte. Auch in Nordkirchen im Kreis Coesfeld berichtete die Feuerwehr von Starkregen.
Dienstag, 27. Juli
+++ In vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen hat die Auszahlung der Soforthilfen rund zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe begonnen. Nach Angaben der örtlichen Behörden floss eine erste Viertelmillion für die Gemeinde Swisttal, an Rheinbach wurde demnach in etwa dieselbe Summe überwiese. Auch in Hagen haben die ersten Betroffenen Geld erhalten. Gegen ausgefüllte Anträge gibt die Stadt Barschecks an die Bürger aus, die bei der Sparkasse eingelöst werden können.
+++ Der bayerische Innenminister Herrmann hält es für richtig, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als koordinierende Stelle gestärkt wird. Der CSU-Politiker sagte im Deutschlandfunk, darin seien sich sämtliche Innenminister in Deutschland einig. Beim BBK sollten alle vorliegenden Informationen zusammengeführt werden. Vertreter der Bundesländer sollten dort mit am Tisch sitzen. Herrmann betonte, man müsse jetzt keine langen Diskussionen über eine Verteilung von Kompetenzen führen. Eine Grundgesetzänderung sei nicht notwendig.
+++ Teils heftige Gewitter und Starkregenfälle haben in manchen Teilen Deutschlands erneut für zahlreiche Unwetter-Einsätze gesorgt. Ein Schwerpunkt der Schäden lag in Bayern. Die Bahnstrecke München-Salzburg war wegen Bäumen in der Oberleitung zwischen Rosenheim und Salzburg zwischenzeitig gesperrt. In der Nacht entspannte sich die Lage fast überall, wie die Polizeidienststellen mitteilten.
+++ Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat eine Auszeichnung für Soldaten gefordert, die nach der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands im Hilfseinsatz sind. Eine solche Auszeichnung sei im wahrsten Sinne des Wortes eine sichtbare Wertschätzung für diejenigen, die einen unfassbaren Einsatz im Dienste der in Not geratener Mitmenschen geleistet hätten, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion mit Blick auf den Einsatz von derzeit etwa 1.950 Männern und Frauen. Strack-Zimmermann regte an, eine "Einsatzauszeichnung Fluthelfer" gemeinsam mit den Bundesländern zu stiften.
+++ Polen hilft bei den Aufräumarbeiten nach den Hochwassern in Deutschland. Man habe ein Feuerwehrteam mit 70 Geräten zum Trocknen von beschädigten Gebäuden entsandt, teilte Ministerpräsident Morawiecki auf Twitter mit. Damit werde ein Hilfsversprechen erfüllt, das er Bundeskanzlerin Merkel gegeben habe. Bei der Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz waren in der vorvergangenen Woche mindestens 179 Menschen ums Leben gekommen, Dutzende werden noch immer vermisst.
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