Unwetterkatastrophe
Diese Hilfen haben Bund und Länder beschlossen

Die Schäden durch die Hochwasserkatastrophe sind enorm. Der Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten wird so viel Geld kosten, dass Kommunen und Landkreise damit überfordert sind. Bund und Länder haben nun Soforthilfen beschlossen, außerdem ist ein Aufbaufonds geplant. Ein Überblick.

Auräumungsarbeiten im Ort Schuld im Ahrtal nach der Hochwasserkatastrophe
Die Schäden in den betroffenen Gebieten seien erschreckend, so die Bundeskanzlerin – sie hat schnelle Hilfe versprochen (dpa/Thomas Frey)
Welche Hilfsprogramme soll es geben?
Der Bund hat nach der Hochwasserkatastrophe, die am 14. Juli 2021 begann, Soforthilfen für die Menschen in den betroffenen Orten und Regionen beschlossen. Dabei soll es vor allem um schnelle Unterstützung für die unmittelbar Betroffenen gehen.
Außerdem ist ein milliardenschwerer Aufbaufonds für zerstörte Infrastruktur geplant. Der Aufbau werde Jahre in Anspruch nehmen, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Diese Mittel sollen der Reparatur und Wiederherstellung unter anderem von Bahngleisen, Straßen und Strom- und Gasleitungen dienen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bekräftigte am 3. August die Notwendigkeit eines solchen Fonds. Mit einem Bundesgesetz müsse schnell Klarheit darüber geschaffen werden, wie das Geld bei den Betroffenen verlässlich ankomme.

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Von der Hochwasserkatastrophe sind auch viele Unternehmerinnen und Unternehmer betroffen, die bereits in Folge der Corona-Pandemie schwere Einbußen hinnehmen mussten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will daher bei den geplanten Hochwasserhilfen erstmals auch eine Überbrückung von Umsatzausfällen für Unternehmen möglich machen: "Wir haben eine wichtige Verbesserung im Vergleich zu den letzten Hochwasserlagen, dass wir ausdrücklich auch die Überbrückung von Umsatzausfällen und ähnlichen Notlagen möglich machen", sagte Peter Altmaier am 21. Juli 2021 im Deutschlandfunk.
Am 4. August hat das Bundeskabinett zudem eine Vorlage genehmigt, nach der die Insolvenzantragspflicht für betroffene Firmen ausgesetzt werden soll. Demnach soll den Unternehmen bis Ende Oktober Zeit gegeben werden, um notwendige Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen zu führen sowie mögliche öffentliche Hilfen oder Versicherungsleistungen einzubeziehen. Justizministerin Lambrecht erklärte, damit solle verhindert werden, dass Unternehmen nur deshalb insolvent gingen, weil beschlossene Hilfsleistungen noch nicht angekommen seien. Voraussetzung sei, dass die Notlage durch die Unwetterfolgen verursacht worden sei. Über die Gesetzesvorlage muss der Bundestag noch entscheiden. Damit wird eine Sondersitzung des Parlaments in der Sommerpause wahrscheinlicher.
Peter Altmaier (CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, äußert sich bei einer Pressekonferenz. 
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU): "Am Geld wird es nicht scheitern"
Wirtschaftsminister Peter Altmaier will bei den geplanten Hochwasserhilfen auch eine Überbrückung von Umsatzausfällen möglich machen.
Welche Summen werden bereitgestellt?
Insgesamt wird zunächst von einem Bedarf von 400 Millionen Euro für Soforthilfen ausgegangen. Das teilte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach dem entsprechenden Kabinettsbeschluss am 21.07.2021 mit. Die Summe soll demnach hälftig zwischen Bund und den betroffenen Ländern geteilt werden – auch wenn sie letztlich höher ausfallen sollte: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) machte deutlich, der Bund werde bei Bedarf auch mehr Geld zur Verfügung stellen.
Für die Höhe des Aufbaufonds wurden noch keine Summen genannt, vielmehr soll zunächst in Bund-Länder-Gesprächen der Bedarf abgeschätzt werden, wenn das Ausmaß der Schäden besser absehbar ist. Der Bund werde auch in diesem Fall die Hälfte davon zur Verfügung stellen.
Aufgrund der Erfahrungen aus der Flutkatastophe von 2013 werden für das Aufbauprogramm wohl Milliardenbeträge notwendig sein: Der Hilfsfonds 2013 von Bund und Ländern hatte eine Höhe von rund acht Milliarden Euro, um den Wiederaufbau nach dem damaligen Hochwasser zu finanzieren.
Für den Aufbau nach der jüngsten Hochwasserkatastrophe werde man allerdings "einen wahrscheinlich viel größeren Betrag brauchen", sagte Scholz der Nachrichtenagentur Reuters bei einem Besuch im Hochwassergebiet Schleiden-Gemünd am 3. August. Es gehe zwar um große Summen, sie seien aber gemessen am Haushaltsvolumen nicht so dramatisch, hatte Olaf Scholz bereits am 21. Juli gesagt: "Wir werden das bewältigen können", so der Finanzminister.
Bayern stellt 50 Millionen Euro Soforthilfe für Betroffene der Unwetterkatastrophe bereit. Das Kabinett hat ein entsprechendes Hilfspaket beschlossen, durch das Privathaushalte bis zu 5.000 Euro Soforthilfe bekommen können. Auch Unternehmer können unterstützt werden.
Nordrhein-Westfalen stellt den Betroffenen Soforthilfen in einer Höhe von 200 Millionen Euro zur Verfügung. Das habe das Kabinett in einer Sondersitzung beschlossen, teilte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am 22. Juli in Düsseldorf mit. Mit dem Geld und den zugesagten Mitteln des Bundes sorge man für schnelle Hilfen für die besonders von der Notlage betroffenen Bürger, Unternehmen, Landwirte und Kommunen.
Auch mehrere andere Bundesländer – nicht nur die vom Hochwasser betroffenen – beteiligen sich an Hilfen.
Wie schnell sollen die Hilfsgelder ausgezahlt werden?
Anders als bei den Corona-Hilfen, bei deren Auszahlung es zum Teil beträchliche Verzögerungen gab, sollen die Soforthilfen für Flutopfer unbürokratisch organisiert werden. Die Formulare sollten noch in dieser Woche fertig werden, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am 20. Juli 2021. Kanzlerin Angela Merkel sagte am gleichen Tag, die Auszahlung sei über die Städte und Kreise geplant. Sie hoffe, "dass das eine Sache von Tagen ist."
Mit dem Wiederaufbau solle jetzt sofort begonnen werden, sagte Finanzminister Olaf Scholz am 21. Juli 2021: "Es gibt also nichts, womit man zögern muss. Die Zusage, die wir jetzt geben wollen, ist, dass diese Aufbauhilfe gleich beginnen kann."
Für das Aufbauprogramm für zerstörte Infrastruktur geht man dagegen von einem längeren Zeitraum aus: Dieser Wiederaufbau wird viele Jahre dauern – und die Hilfszahlungen werden wohl auch die künftige Bundesregierung beschäftigen.
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Wer verteilt die Hilfsgelder?
Zur Umsetzung der Hilfsmaßnahmen will der Bund demnach zeitnah Absprachen mit den Ländern treffen, die Auszahlungen organisieren sollen. Denn die Länder können präziser beurteilen, was vor Ort gebraucht wird und welche Kommunen und Landkreise besonders betroffen sind. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel wird es dennoch eine Art Koordinierungsrunde mit Staatssekretärinnen und Staatssekretären auf Bundesebene geben, in der der Bedarf einzelner Bereiche, etwa Verkehr oder Landwirtschaft, geklärt werden soll.
Welche Unterstützung bietet der Europäische Solidaritätsfonds?
Seit 2002 hilft der Europäische Solidaritätsfonds den Mitgliedsstaaten dabei, mit den Folgen schwerer Naturkatastrophen fertig zu werden.
Geld aus dem Hilfsfonds kann beispielsweise beantragt werden, um zerstörte Energieversorgung oder Wasserleitungen wiederherzustellen oder Telefonleitungen zu reparieren. Außerdem unterstützt die EU die Bereitstellung von Notunterkünften, medizinischer Versorgung, Aufräumarbeiten in den betroffenen Gebieten und den Schutz des Kulturerbes.
Der Fonds ist dabei auf solche Schäden beschränkt, für die es keine Versicherung gibt. In diesem Jahr stehen rund 600 Millionen Euro bereit, dazu kommt Geld aus dem Vorjahr, das nicht abgerufen wurde.
Um die Gelder beantragen zu können, müssen die Schäden eine bestimmte Grenze übersteigen. Für Deutschland liegt diese Schwelle bei 3,6 Milliarden Euro. Die Hilfsgelder richten sich nach den tatsächlichen Kosten: Würde die Bundesregierung beispielsweise als Folge der Hochwasserkatastrophe einen Schaden von sechs Milliarden Euro melden, könnte sie mit einem Zuschuss von rund 230 Millionen rechnen. Der Antrag muss spätestens zwölf Wochen nach dem Unglück in Brüssel eingehen und wird dann von der EU-Kommission geprüft. Gibt diese grünes Licht, müssen noch das Europaparlament und der Rat der Europäischen Union zustimmen. Das Verfahren kann sich also über Monate hinziehen.
(Quellen: Katharina Hamberger, dpa, AFP, Reuters, Stephan Überbach, pto)