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Urananreicherung
Nukleare Brennstoffe nicht in falsche Hände geben

URENCO - so heißt die Urananreicherungsanlage im nordrhein-westfälischen Gronau, die zu gleichen Teilen Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland gehört. Seit drei Jahren versuchen die Anteilseigner, einen Käufer für die Firma zu finden. Nun beginnt das Bieterverfahren.

Von Annette Eversberg |
    Die Urananreicherungsanlage URENCO in Gronau steht zum Verkauf.
    Die Urananreicherungsanlage URENCO in Gronau steht zum Verkauf. (picture alliance / dpa / Bernd Thissen)
    URENCO soll privatisiert werden. Ein offenes Bieterverfahren soll Klarheit darüber verschaffen, wer bereit ist, die Anteile zu kaufen. Verhandelt wird allerdings hinter den Kulissen. URENCO gehört zu den Großproduzenten für nukleare Brennstoffe auf dem Weltmarkt. Das Know-How des Unternehmens ist hoch brisant. Es einfach auf dem Weltmarkt anzubieten, hält Michael Sailer, Vorsitzender der Entsorgungskommission des Bundes für gefährlich: "Aus meiner Sicht darf man die Technologie nicht den Marktkräften überlassen, denn das ist die Technologie mit der man am leichtesten Richtung Atomwaffen kommt. Es ist ja die gleiche Technologie, um die seit vielen Jahren der Streit mit dem Iran geht. Der Iran wendet diese Technologie auch an."
    Offenes Bieterverfahren
    Doch inzwischen ist klar. URENCO wird auf dem Weltmarkt angeboten. In einem offenen Bieterverfahren. Dabei gelten allerdings nur solche Sicherheitsstandards, die man etwa bei der Privatisierung von Gaskraftwerken erprobt hat. Und es gibt private Interessenten. Die atompolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, hatte dazu schon Anfang des Jahres Auskunft von der Bundesregierung verlangt: "Ich hatte gefragt, ob die Bundesregierung Bescheid weiß über mögliche Interessenten, und ob bei manchen Interessenten vielleicht auch eine Hintergrundprüfung ob des sensiblen Zusammenhangs erfolgt. Ich habe keine Antwort bekommen im eigentlichen Sinn, sondern eigentlich nur eine, die sagt: An Spekulationen beteiligt die Bundesregierung sich nicht."
    Bisher sind deshalb dem Bundestag nur Interessenten bekannt, die in der Presse gehandelt werden. Dazu sollen der Anlagenbauer Toshiba Westinghouse ebenso gehören wie australische und kanadische Firmen. Aber auch Hedgefonds. Was Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen kritisch sieht: "Alle Eigentümer wollen natürlich eine Firma haben, die ihnen erst einmal viel Geld auf den Tisch legt. Es werden ja acht bis 14 Milliarden Euro gehandelt. Für die ganze Firma. Und wenn man hört, dass ein ehemaliger URENCO-Manager eine Konsortium hinter sich hat, das dieses Geld aufbringen kann, dann fragt man sich, woher kommt dieses Geld, wer steckt dahinter? "
    Bundesregierung beteiligt sich nicht an Spekulationen
    Die Bundesregierung wiederholt auf Anfrage nur schriftlich: Man wolle sich - so wörtlich - "nicht an Spekulationen über potenzielle Kaufinteressenten bei URENCO beteiligen." Auch die deutschen Anteilseigner RWE und E.ON geben keine Auskunft zum Bieterverfahren oder möglichen Überlegungen, mit URENCO an die Börse zu gehen. Auch die für URENCO zuständige Aufsichtsbehörde, das Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen, lehnt eine Stellungnahme ab. Begründung: Man sei von der Bundesregierung nicht eingebunden worden. Doch die weiß mehr, vermutet Matthias Eickhoff: "Dass der Bundesregierung anscheinend selbst nicht wohl dabei ist, zeigt, dass sie anscheinend ihre eigenen Geheimdienste, den Bundesnachrichtendienst zum Beispiel eingeschaltet hat. Das zeigt ja eigentlich, dass die Bundesregierung selbst offensichtlich der Meinung ist, dass da nicht nur seriöse Anbieter inzwischen vorgesprochen haben."
    Die Bundesregierung arbeitet nach eigenen Angaben an einem Rechtsrahmen auf der Basis des Vertrags von Almelo aus dem Jahre 1970. Darin haben sich Großbritannien, die Niederlande und Deutschland gegen eine Weiterverbreitung von Kernbrennstoffen ausgesprochen. Keineswegs soll atomares Material in die Hände nichtstaatlicher Akteure geraten. So wurde noch in diesem Frühjahr auf dem Nukleargipfel in Den Haag betont. Sailer glaubt jedoch nicht, dass man private Investoren so einfach kontrollieren kann: "Sie müssen ja auch sehen, um den Betrieb zu machen, sind die ganzen wichtige Geheimnisse, wie man gute Zentrifugen baut, wie man die Anreicherung optimal hinbekommt, wie man das Umbauen auf waffenfähiges Uran schnell bewerkstelligt, ja bei vielen Leuten im Werk vorhanden. Wenn das Werk anderen Leuten gehört, die ihre Leute reinsetzen, dann wird es ganz schnell zur Weiterverbreitung kommen."
    Internationale Verträge verletzen
    Dabei könnten Großbritannien, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland sogar internationale Verträge verletzen. Wie den Atomwaffensperrvertrag. Kotting-Uhl: "Weil natürlich die Gefahr besteht, selbst wenn man jetzt irgendwelche Erstkäufer sehr genau anschaut, die Hintergründe kontrolliert, man hat keine Macht mehr darüber, wie und an wen weiterverkauft wird. Und insofern, ja, ist das eventuell auch eine Verletzung des Atomwaffensperrvertrages."