Die junge belgische Komponistin Annelies van Parys war früh fasziniert von Debussy, sie erstellte eine Kammerfassung von dessen einziger vollendeter Oper "Pelléas et Mélisande". Dass sie eigenständig komponieren kann, zeigte sie schon mit ihrem Werk "Private view" nach Hitchcock-Motiven, nun hat sie aus Debussys Fragment die Kammeroper in drei Akten "Usher" gemacht: keine Rekonstruktion, sondern eine Verschmelzung.
Ein bisschen zu perfekt
Tatsächlich, sagt Julia Spinola, seien von Debussy nur dreißig Minuten erhalten, die Parys nicht nur neu arrangiert, sondern vielfach gebrochen und umgestellt habe, in inniger Anlehnung an die Musik des Komponisten, die sie weiterdenke und -entwickele. Die Partitur sei vielgestaltig, enthalte auch Elektronik und Geräusche, aber alles sei sehr sorgfältig verzahnt - vielleicht etwas zu perfekt, meint die Rezensentin, die ein bisschen Mut zur Lücke, zum Bruch vermisst. Denn es handele sich ja um eine Schauergeschichte, um den Verfall einer Familie und ihres letzten Abkömmlings.
Kein Wink mit dem aktuellen Zaunpfahl
Es passe aber zur Inszenierung, dass die Aufführung im kleinen alten Orchesterprobensaal der Staatsoper gezeigt wird: Eng und klaustrophob sei ja die Atmosphäre der Handlung, die Regisseur Philip Quesne eigens betont. Die fast nahtlos gefügte Musik unterstreiche diese Hermetik. Auch aktuelle Bezüge gebe es, wenn Angst und Panikmache im Stück auf heutige Zustände hinweisen. Aber dieser Gegenwartsbezug bleibe diskret. Insgesamt, so die Rezensentin, ein gelungenes Werk.