Ein junger Pianist aus Amerika, er heißt George Antheil, präsentiert in Europa seine Kunst an den Tasten, als Komponist propagiert er die wilden Rhythmen des Futurismus. Er ist der "Bad Boy", das "enfant terrible" der Musik nach dem Ersten Weltkrieg. Ein Bürgerschreck! So sieht er sich selbst. Bad Boy of Music nannte er später seine Autobiografie. Im Juli 1900 in New Jersey als Sohn deutscher Einwanderer geboren, hatte George Antheil früh Klavier und bei dem Schweizer Ernest Bloch Komposition studiert, bevor er mit zweiundzwanzig in das Mekka der Roaring Twenties, nach Berlin, ging. Triumphe und Tumulte säumten von da an seine Konzertauftritte. Und der frechen "Jazz-Sonate" ließ er eine "Jazz Symphony" folgen.
Im Paradies der Avantgarde
Von Berlin zog Antheil weiter nach Paris, ins Paradies der Avantgarde, die ihn liebend gern umarmte. Er verkehrte mit den Größten: mit Man Ray, Ernest Hemingway und Jean Cocteau, mit Pablo Picasso, Ezra Pound, Eric Satie und James Joyce. Er komponierte sein verrücktes "Ballet Mécanique" für acht Klaviere, Xylophone, Trommeln und Flugzeugpropeller. Die Uraufführung 1926 ließ sogar den Skandal von Strawinskys "Sacre du printemps" verblassen. Rhythmisch vertrackte Klavierkonzerte, Stücke wie "Tod der Maschinen" oder eine "Aeroplan Sonata" machten staunen. Der Berliner Kritiker Hans Heinz Stuckenschmidt hatte sich Antheil längst vorgeknöpft:
"Der Amerikanismus Antheils ist eine schwer fassbare Synthese von Primitivität und Raffinement. Seine melodischen Einfälle sind mitunter von tiefer Sentimentalität … Die Einflüsse des Jazz und der vielfältigen amerikanischen Folklore liegen auf der Hand. Alle diese Elemente sind in der Oper ‚Transatlantic‘ zusammengetragen."
"Der Amerikanismus Antheils ist eine schwer fassbare Synthese von Primitivität und Raffinement. Seine melodischen Einfälle sind mitunter von tiefer Sentimentalität … Die Einflüsse des Jazz und der vielfältigen amerikanischen Folklore liegen auf der Hand. Alle diese Elemente sind in der Oper ‚Transatlantic‘ zusammengetragen."
Nur eine Aufführung der Oper "Transatlantic"
Die Oper "Transatlantic" ist ein futuristisch-politisches, satirisches Musiktheater, das nach der Frankfurter Premiere am 25. Mai 1930 keine Aufführung mehr erlebte, jedenfalls nicht zu Antheils Lebzeiten. Heute springt die Aktualität des Stücks, Untertitel "The People’s Choice", in die Augen. Es geht um eine amerikanische Präsidentenwahl und ihre Verwerfungen, um Korruption und Milliardensummen - erotische Intrigen verstehen sich von selbst. Leider gibt es, obwohl "Transatlantic" vor drei Jahrzehnten einmal in Bielefeld ausgegraben wurde, keine verfügbare Aufzeichnung. Nur noch das Klavier kann den Eindruck festhalten, dass schon die Ouvertüre in die rasende Absurdität führte.
Komödiantische Begabung
George Antheils Oper "Transatlantic" ist ein Kind der späten Zwanziger des vorigen Jahrhunderts, der Epoche einer tobsüchtig antiromantischen, jazzdurchtränkten Moderne. Die entsprechenden Operntitel heißen jetzt "Jonny spielt auf" und "Wozzeck" oder "Maschinist Hopkins". Die "Dreigroschenoper" schüttelte das Musiktheater gründlich durch. Mitten drin George Antheil. Seine Autobiografie bezeugt die komödiantische Begabung, die bis in den Transatlantic-Tango hinein das Gemüt erfrischt. Der "Bad Boy of Music" war selbst auf seine szenische Fantasie mächtig stolz.
"Transatlantic spielt nicht nur im modernen New York, hat nicht nur Szenen in fahrenden Fahrstühlen, Kinderbars und die einzige Opernarie der Welt, die eine Dame in der Badewanne singt, sondern es ist auch voller Drehtüren."