Sie machen alles zu Kunst, was ihnen zwischen die Hände oder vor die Maschinen kommt.
Durch rostige Wasserrohre ziehen die Künstler Lichtkabel, in alte Färbebecken pflanzen sie "blühende Landschaften", Moose und Farne kommen aus dem Wald.
"Aber dadurch, dass hier Oberlichter in dem Raum drin sind, würden die Pflanzen perspektivisch auch weiterwachsen, also im Endeffekt wollten wir der Location auch einen neuen Garten schenken."
Noch vor wenigen Tagen war die Färbehalle ein Raum mit vielen leeren Becken, sagt der Leipziger Daniel Dröger von der Künstlergruppe Lonesome Riders und zeigt auf den gekachelten Boden, den ein offenes Kanalsystem durchzieht.
"Und ich habe das mit Strahlern, Lampen und Nebelmaschinen verstärkt, so dass es hier aus dem Grünen so rausraucht und der Nebel sich auch durch die Kanäle verteilt. Dann haben wir hier noch in einen Kanal, einen Farbstoff und eine UV-Lampe reingemacht, damit es aussieht wie eine Giftsuppe, die hier entlangläuft."
"Das ist ein Riesenspielplatz hier"
Eine Werkhalle weiter.
"Das ist Jugendstilschrift…"
Chinagirl Tile hat gerade ihre goldenen Keramikbuchstaben an der Wand poliert.
"...das ist mein Gruß aus Wien von der von der Wiener Sezession, das ist 1:1 die Schrift: 'Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit' und du hast hier den Raum als Künstler, das passt einfach so total hierher."
Die Künstlerin aus Wien ist, wie viele hier, weltweit unterwegs und weiß, wie knapp die Ressourcen Raum und Freiraum sind. Die IBUg bietet beides:
"Das ist ein Riesenspielplatz hier, das ist super für uns Künstler, du kannst machen was du willst, ich brauche keine Genehmigung, ich geh einfach und mach."
Ihr knallroter, tönerner Fuchs in Echtgröße grinst auf einer fast eingefallenen Mauer, zwei riesige Kraken schweben über eine bröckelige lange Wand.
"My name is Paparazzi, I came from Cypres."
Paparazzi aus Zypern steht im Blendlicht eines Strahlers und sucht nach einem passenden Puzzleteil. Einige hundert leere Sprühdosen stehen auf dem Boden, streng nach Farbe sortiert, eine über die andere gelegt, formt er daraus an der Wand ein Mosaik. Nicht wegwerfen, sondern weiter nutzen: wie ein Megapixel aus leeren Spraydosen soll das aussehen, das ist seine Idee.
Eigentlich plant er selbst in Agia Napa auf Zypern ein Festival, doch die IBUg in Limbach-Oberfrohna, die ist ein Muss.
Der Urgedanke der IBUg: alle vorhandenen Sachen verwenden
Für Nachschub sorgt auch Majilina, eine gehörlose Künstlerin aus Südtirol, deren knallpinker Fisch - ganz klassisch gesprüht - durch die Hallen schwimmt. Poesie und Schönheit, jetzt besetzen sie in vielerlei Handschriften die verlassenen Räume und staubigen Hallen:
"Esta pienca es en general un espacio intimo."
Zwei schwarz gestrichene Büros taucht Said aus Mexiko mit seinem Schriftmandala in ein blau fluoreszierendes Licht. Und wie eine riesige Spindel lassen die GeBrüder Onkel ...
"Wir leben in Kuhschnappel, also wir sind quasi die Lokalmatadoren."
... einen filigranen Kubus aus Bastfäden durch eine ganze Werkhalle schweben. Von den Spindeln in cremeweiß haben sie Unmengen auf dem Dachboden gefunden.
"Das ist ja auch der Urgedanke der IBUg, dass man die Sachen, die hier sind, verwendet. Also ich hoffe, dass hier Leute vorbei kommen, die mal hier gearbeitet haben, dass wir erfahren, wofür das benutzt wurde."
"Provinz macht sich selber zur Provinz"
Fädeln, sägen, flexen, sprayen, brennen, kleben, schmirgeln und polieren - alles das, und noch viel mehr, kann Street-Art sein. Tasso, der Begründer der IBUg, will genau das zeigen, und zwar nicht irgendwo. Geboren in Meerane, unweit von Limbach-Oberfrohna, ist er weltweit unterwegs. Sein Credo:
"Ich habe mich bei der IBUg immer an dem Heavy-Metal-Festival in Wacken orientiert, was ja ein Dorf ist. Und da war mir klar: Provinz macht sich selber zur Provinz, und du kannst große Dinge machen, scheiß egal wo.