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Urban Mining: Die Mülltonne als Goldgrube

Etwa drei Kilogramm wertvoller Metalle schmeißt jeder Bundesbürger im Jahr in die Mülltonne: Rohstoffe, die eigentlich wiederverwendet werden könnten. Eine bundesweit einheitliche Wertstofftonne soll Abhilfe schaffen. Doch die ist nicht unumstritten.

Von Verena Kemna |
    Wertstoffe, die in der grauen Hausmülltonne landen, gehen in Müllverbrennungsanlagen in Flammen auf. Eine Rückgewinnung von wertvollen Metallen ist somit fast unmöglich. Dabei schlummern auch im stinkenden Hausmüll echte Schätze, meint Peter Kurth, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs- Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Im BDE haben sich die großen privaten Entsorgungsfirmen zusammengeschlossen.

    "Dazu gehören auch Metallgegenstände. Etwa 70 Prozent der Elektrokleingeräte werden, so schätzt man, in Deutschland über den Hausmüll verbrannt."

    Elektrokleingeräte dürfen schon seit einiger Zeit nicht mehr im Hausmüll landen. Aber auch das Verbrennen von Kabeln, Kochtöpfen, Werkzeugen, Fahrradlenkern und Gießkannen mitsamt Hausmüll sei ökologischer und ökonomischer Unsinn, meint Günter Dehoust. Referent beim Öko- Institut, einer gemeinnützigen Forschungs- und Beratungseinrichtung. Werden Eisen und wertvolle Metalle wie Kupfer, Aluminium, Gold, Platin zusammen mit dem Hausmüll verbrannt, bleibt von allem nur Asche und Schlacke. Mit aufwendigen Verfahren lassen sich zwar magnetische und nicht magnetische Massenmetalle voneinander trennen, die wertvollen Metalle jedoch, bleiben für immer verloren. Günter Dehoust.

    "Es gibt viele kleinteilige Metalle, die dann dort nicht mehr aussortiert werden können. Es gibt auch viele Metalle, die durch die Oxidation im Feuer weniger wertvoll werden oder ganz verloren gehen, dünne Aluminiumfolien und ähnliches. Daher lohnt es sich in jedem Fall, Metalle getrennt vor der Verbrennung zu sammeln. "

    Die EU schreibt Recycling als das Gebot der Stunde vor. Das Umweltbundesamt hat in einer Studie herausgefunden, dass im Hausmüll etwa zwei Prozent Eisen sowie ein Prozent andere Metalle wie etwa Kupfer, Weißblech oder Aluminium stecken. Jeder Bundesbürger schmeißt pro Jahr etwa 3 Kilogramm wertvolle Metalle weg. Möglichst viel aus dem Hausmüll retten – mit einer bundesweit einheitlichen Wertstofftonne könnte dies gelingen. Derzeit wird ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz erarbeitet. Das Ziel: zusätzlich zur grauen Hausmülltonne eine in ganz Deutschland einheitliche Wertstofftonne einzuführen. Was genau da hinein gehören wird, darüber sind sich Bundesländer und Bundesregierung noch nicht einig. Derweil laufen in vielen deutschen Städten bereits Pilotprojekte, so auch in der Hauptstadt. Die Berliner können in der Orange Box der Berliner Stadtreinigung nicht nur Kochtöpfe, sondern auch Rasierer und andere kleine Elektrogeräte entsorgen. Der Naturschutzbund Deutschland rät von einer solchen Variante ab, NABU Referent Benjamin Bongardt, Kleine Elektrogeräte würden besser extra gesammelt, das garantiere eine systematischere Wiederverwertung:

    "In diesen Elektrogeräten findet sich Gold, Silber, Platin, aber immer in kleinen Mengen. Wenn man die separat zum Recycling bringt, dann ist das so, dass der Recycler natürlich ein Interesse an diesen werthaltigen Metallen hat. Daher kommen auch diese Zahlen, dass in 250 Handys mehr Gold ist, als in einer Tonne Golderz. Das ist letztendlich auch so, weil das eben hochkonzentriert ist und mit dem richtigen Verfahren auch einfach herauszuholen ist. "

    Auch eine Studie des Umweltbundesamtes kommt zu dem Ergebnis, dass Batterien und Elektrokleingeräte sich besser getrennt sortieren und recyceln lassen. Das Öko-Institut stützt diese Forderung, erklärt Günter Dehoust. Er rechnet damit, dass die bundesweit einheitliche Wertstofftonne schon im nächsten Jahr vor jeder Haustür steht.

    "Im Prinzip gehören in eine Wertstofftonne alle Stoffe, die den jetzt schon gesammelten Verpackungen ähnlich sind. Das ist im Wesentlichen alles, was aus Metallen ist und alles, was aus Kunststoff ist und keine Elektronikteile enthält. "

    Noch ist ungewiss, ob die Wertstofftonne der Zukunft von kommunalen oder privaten Entsorgern betrieben wird. In jedem Fall fordert BDE-Präsident Peter Kurth höhere Recyclingquoten. Derzeit werden etwa 60 Prozent des Haus- und Gewerbemülls wiederverwertet. Eine gut sortierte Wertstofftonne sei ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.

    "Die Stahlproduktion in Deutschland stützt sich zu fast 50 Prozent auf den Einsatz von Schrotten, wir brauchen Kupfermengen in erheblichem Umfang, wir brauchen Aluminium. Das sind alles Materialien, die zu hundert Prozent wieder in die Produktion gehen und damit sowohl zur Energieeinsparung führen als auch den Verbrauch von Rohstoffen reduzieren helfen. "

    Höhere Recycling Quoten fordert auch der Naturschutzbund Deutschland. Auch Umweltreferent Benjamin Bongardt steht hinter dem Konzept einer bundesweit einheitlichen Wertstofftonne.

    "Letztendlich muss man schon aufgrund der Begrenztheit der Ressourcen auf dem Planeten sagen, jedes Recycling ist sinnvoll und da sind auch alle Anstrengungen wichtig, zum Beispiel über so eine Wertstofftonne."


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