Für den staatlichen Forstdienst der USA ist David Nowak viel im Wald unterwegs. Doch für diese Studie setzte er nicht einen Fuß hinein! Stattdessen verbrachte Nowak viel Zeit am Rechner und analysierte Daten aus anderen Ecken der Welt, gemeinsam mit einem Fachkollegen: "Wir sind praktisch über die ganze Erde geflogen. Virtuell am Computer, mit Hilfe von Google Earth."
Nowak wollte sich ein Bild davon machen, wie grün Städte rund um den Globus sind: Wie viel Wälder und Bäume wachsen in ihnen? Und nehmen die urbanen Bestände zu, was wünschenswert wäre, erst recht in Zeiten des Klimawandels?
"Bäume nützen uns auf unterschiedliche Weise. Im Sommer kühlen sie unsere Städte. Sie beschatten Gebäude und helfen uns, den Energieverbrauch für die Klimatisierung zu senken. Sie filtern Schadstoffe aus der Luft. Sich im Grünen aufzuhalten, verringert Stress. Die Mehrheit der Weltbevölkerung profitiert von all diesen Dingen. Denn die meisten Menschen leben heute in Städten."
Die Zahl der Bäume in Städten sinkt fast überall
Doch das Resultat der Studie ist ernüchternd: Global betrachtet nehmen die städtischen Wald- und Baumbestände nämlich nicht zu, sondern ab. Im Untersuchungszeitraum 2012 bis 2017 büßten sie weltweit 200.000 Hektar ein. Eine achtmal so große Stadtfläche wurde derweil versiegelt, also neu bebaut, asphaltiert oder gepflastert, sagt David Nowak: "Die stärksten Verluste von urbanen Wäldern und Bäumen hatte Afrika. Dort schrumpfte ihre Fläche um 1,5 Prozent. Auch auf allen anderen Kontinenten ging sie zurück – bis auf Europa! Hier haben die Bestände leicht zugenommen."
Relativ gesehen war der Rückgang in Afrika noch stärker. Denn während das Grün schrumpfte, wuchsen viele Städte dort außerordentlich schnell. Das wurde in der Studie aber nicht berücksichtigt.
Nur in Europa werden weniger Flächen versiegelt
In Europa kamen offenbar mehr Stadtbäume hinzu, als für Baumaßnahmen weichen mussten. Nicht unbedingt, weil so viele Bäume neugepflanzt wurden, sondern auch, weil sie von sich aus zurückkehrten. Zum Beispiel auf städtischen Brachflächen, die offengelassen wurden. Gleichzeitig war der Trend zur Versiegelung in Europa am schwächsten. Nach den Daten stieg sie nur um 0,3 Prozent zwischen 2012 und 2017.
"Wenn wir immer mehr versiegelte Flächen bekommen, die sich aufheizen können, dann führt das zu höheren Temperaturen in der Stadt. Es steigert zudem den Abfluss von Regenwasser, da es nicht mehr im Boden versickern kann. Auch dadurch tendieren Städte dazu, wärmer zu werden. Gleichzeitig verlieren wir auch noch Bäume und ihre kühlende Wirkung. Wir müssen uns dieser Zusammenhänge bewusst werden! Ich hoffe, unsere Studie veranschaulicht das."
Experte sieht Anzeichen für eine Trendwende
Der englische Umweltwissenschaftler Kieron Doick hält die Studie für wichtig. Sie zeige, dass es technisch möglich sei, städtische Baumbestände wo auch immer zu erfassen und ihre Entwicklung im Auge zu behalten. Das sei auf jeden Fall nötig, sagt der Leiter einer Forschungsgruppe über urbane Wälder bei der britischen Forst-Kommission.
Auch Doick bedauert, dass die Zahl der Stadtbäume auf fast allen Kontinenten zurückgeht, sieht aber Anzeichen für eine mögliche Trendwende: "Immer mehr Städte auf der Welt setzen sich Ziele für die Vergrößerung ihrer Baumbestände. In Australien sind es zwischen 30 und 40 Prozent. Hier in Großbritannien haben viele Städte beschlossen, eine Million Bäume zu pflanzen oder einen Baum für jedes Kind. Es gibt also verschiedenste Aktivitäten. Aber auch hier muss man die Entwicklung genau kontrollieren - und ob die Ziele auch erreicht werden. Denn sonst bringen sie nicht viel."
Zumal es auch einen gegenläufigen Trend gibt: In vielen Städten nehmen Hitzewellen und Dürreperioden zu und schädigen Bäume. Das erfordert in Zukunft noch größere Anstrengungen, um Stadtwälder zu erhalten oder – was besser wäre - sogar noch auszubauen.