Ein Touristenmagnet ist Dubrovnik schon lange, doch seitdem in der malerischen Stadt aus weißem Sandstein "Game of Thrones" gedreht wurde, eine der erfolgreichsten Fantasy-TV-Serien, ist die Zahl der Besucher nochmal um ein Drittel angestiegen. Die Fans wollen die Film-Schauplätze sehen, vor allem die "Staircase of Shame", die die Königinmutter Cersei Lannister hinabsteigen musste, um in den Gassen von King's Landing Buße zu tun.
Auf der geschwungenen Jesuitentreppe herrscht Hochbetrieb. Ein amerikanisches Ehepaar um die fünfzig steht auf den Stufen und schaut ein bisschen unschlüssig um sich.
"Wir haben gerade überlegt, ob das die Treppe ist, auf der die Königin den Gang der Schande absolvieren musste. Der Platz kam uns bekannt vor, aber wir waren unsicher. Mein Mann hat die Serie mehrmals gesehen. Aber trotzdem war das nicht der alleinige Grund, weshalb wir hier sind."
Oleg aus Russland, der einen Yachturlaub macht, fotografiert schnell noch seine Freundin und erzählt, dass sie den Platz sofort erkannt haben. Heute bewegen sich alle gesittet in der historischen Altstadt, weiß Gabriela Lucic, die Stadtführerin, aber mitunter fielen Touristen aus der Rolle.
"Bei uns macht man einfach keine Nacktfotos vor Kirchen, in Kirchen, neben Kirchen. Wer Dubrovnik kennt und wer die Serie kennt, der wird auch sehen, das ist das. Und tja, dann kommen unsere Gäste hierher und ziehen sich auch nackt aus und gehen dann auch das eine und andere Mal nackt die Stufen runter."
Noch sind alle Besucher bekleidet. Gleich beginnt die Jagd nach Souvenirs. Stadtführerin Gabriela Lucic erklärt: "Jetzt ist auch die letzte Staffel am Spielen, sodass wir hoffen, dass das noch ein paar Jahre anhalten wird." Das klingt es ein bisschen so, als wäre sie nicht dagegen, dass so viele Touristen kommen. "Überhaupt nicht", sagt Lucic. "Wenn sie in Ruhe kommen und wenn sie wirklich gucken, wie schön es bei uns ist, dann ist wirklich jeder Gast bei uns herzlich willkommen."
Nicht weniger Gäste sollen kommen, sie sollen sich nur besser verteilen
Auf die 42.000 Einwohner in Dubrovnik kommen im Jahr 800.000 Schiffs- und 600.000 Bus-Gäste, im August bewegen sich 27.000 Besucher pro Tag durch die Stadt. Dubrovniks Bürgermeister, Mato Frankovic, hat seinen High School-Abschluss in den USA gemacht, ist 37 Jahre alt und seit 18 Jahren in der Politik. Auch er möchte nicht, dass weniger Gäste kommen, sondern will die vielen besser verteilen. "2020 wollen wir, dass sich maximal 4.000 Schiffspassagiere gleichzeitig in der Stadt aufhalten, nicht mehr. Das wäre eine perfekte Lösung für die Stadt."
Romana Vlasic vom Tourismus-Verband erklärt, wie die Besucherströme kanalisiert werden sollen. "Die Kreuzfahrtschiffe sind kein großes Problem, denn wir kennen die Passierzahlen und Liegezeiten. Wir können zum Beispiel am Morgen und dann nochmal am Nachmittag 4.000 bis 5.000 Passagiere in der Stadt haben, aber eben nicht zur gleichen Zeit. 8.000 oder 10.000 auf einmal in der Altstadt sind kein Vergnügen mehr."
Junge Leute finden in Dubrovnik kaum noch Wohnungen. Ein hausgemachtes Problem, sagt der Maler und Grafiker Pero Mrnarević. Denn zu den 125.000 Hotelbetten werden in den Sommermonaten 20.000 Privatunterkünfte für die Touristen freigeräumt. Der Künstler stammt aus Dubrovnik und wirft seinem Land Kroatien, dem jüngsten EU-Mitgliedsstaat, Heuchelei im Umgang mit den Fremden vor. "Schon jetzt beobachten wir doch, dass Touristen zwar höchst willkommen sind, aber Fremde in Not nicht. Wenn wir Fremdenfeindlichkeit zulassen, werden die Einwohner von Dubrovnik irgendwann nicht mehr aufgeklärt und lächelnd Gäste begrüßen."
Dubrovnik soll nicht vom Geld beherrscht werden
Jedes der vielen hellroten neuen Dächer in der Altstadt ersetzt heute ein im Bürgerkrieg zerstörtes. Die Bewohner mussten vor 20 Jahren fliehen. Trotzdem mangelt es ihnen heute an Mitgefühl für Menschen aus anderen Kriegsgebieten, beklagt der liberale Künstler und Kommunalpolitiker. Aber ihm imponiert, dass der Bürgermeister Dubrovnik aufräumt, denn vor lauter Reklame hat man die Stadt nicht mehr gesehen. 70 Prozent der Souvenirstände mussten weichen, ein Drittel der Restaurantplätze, denn es war kein Durchkommen mehr. Demnächst nimmt er die vielen Taxis ins Visier, denn ihre Zahl ist von 120 auf 1.000 angestiegen. Elektrobusse und Fahrräder sollen her. Dubrovnik solle nicht vom Geld beherrscht werden, deswegen geht es selbst den Automaten an den Kragen.
"Innerhalb eines Jahres sind über 30 Geldautomaten dazu gekommen. Alle haben Licht, Reklame und alle sind sehr laut. Wenn diese Automaten um ein Uhr nachts losgehen, ist das wie Glockengeläut. Wir wollen auch das verbieten." Abends, wenn die Tagestouristen fort sind, dürfen sich die Jüngsten in Dubrovnik ausbreiten, beim Fußball auf den blankgetretenen weißen Pflastersteinen in der malerischen Altstadt.