Auf der Azoren-Insel Pico steht auf einem Felsvorsprung direkt oberhalb des Atlantiks eine kleine Bar. Im Inneren sitzen ein paar ältere Männer und schauen Fußball. Dieses Jahr sind die Einheimischen fast unter sich geblieben. Das sei zwar schlecht fürs Geschäft, sagt der Barbetreiber Luis Teixeira, aber gut für die allgemeine Gesundheitslage gewesen:
"Mir gefallen die strikten Einreiseanforderungen, denn dadurch werden wir Bewohner geschützt – besonders die vielen älteren unter uns. Wir haben Regeln und daran müssen wir uns alle halten. Sonst fühle ich mich unsicher, wenn ich nicht weiß, ob jemand Corona hat oder nicht. Wenn man Tests macht, dann schafft das Vertrauen – für alle."
Urlaub auf den Azoren soll trotz Pandemie möglich sein
Im März hatte die Inselgruppe rund 1.400 Kilometer westlich von Lissabon alle Flugverbindungen gestrichen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Mit dem Ende des Lockdowns im Mai führte die Regionalregierung strenge Einreisebeschränkungen ein. Wer länger als eine Woche auf den Azoren bleibt, muss zwei negative Tests vorlegen – einen bei der Einreise und einen zweiten während des Aufenthalts. Im Sommer wurden infizierte Touristen deshalb schnell gefunden und isoliert, eine Übertragung auf die Bevölkerung blieb weitgehend aus.
Zentraler Anlaufpunkt ist der Flughafen der größten Azoren-Insel São Miguel, wo die meisten Flugzeuge vom portugiesischen Festland kommend landen. Kostenlose Tests in Lissabon und Porto sowie die Bereitstellung einer Einreise-App sollen den Reisenden die Entscheidung erleichtern, ihren Urlaub trotz Corona mitten im Atlantik zu verbringen.
Der Tourismus ist eingebrochen
Das habe nur teilweise funktioniert, sagt der Präsident des lokalen Taxifahrerverbandes António Feleja. Der deutliche Einbruch in der Tourismusbranche habe viele seiner Kollegen hart getroffen:
"Wir wissen, dass nichts mehr so sein wird wie früher. Wenn die Nachfrage zumindest auf 50 bis 60 Prozent des Vorjahresniveaus ansteigt, dann können wir Taxifahrer überleben. Aber wenn das nicht der Fall ist, dann wird es für viele meiner Kollegen in diesem Beruf sehr schwierig werden."
Die Regionalregierung schätzt, dass die Nachfrage im Tourismusbereich auf den Azoren in diesem Jahr um 70 Prozent eingebrochen ist. Doch Marta Guerreiro, Regionalsekretärin für Tourismus, Umwelt und Energie, verweist auf die internationale Krise in der Branche:
"Die touristische Nachfrage ist zurückgegangen, aber das hat nichts mit unseren Maßnahmen zu tun. Im Gegenteil: Denn diejenigen, die auf die Azoren kommen, können sich sicher fühlen. Wir haben weniger Touristen, aber nicht wegen unseren Einreisebeschränkungen, sondern weil weltweit die touristische Nachfrage abgenommen hat. Wir stellen jetzt fest, dass viele andere Regionen in Europa und auf der ganzen Welt eine ähnliche Politik verfolgen. Und das ist der beste Beweis, dass unsere Maßnahmen notwendig waren und wichtig sind, gerade um unsere Tourismusbranche zu schützen." So sieht es zumindest Regionalsekretärin Guerreiro.
Nachhaltiges Reisen bleibt weiterhin Thema
Die Corona-Pandemie bringt dem Tourismus auf den Azoren definitiv auch eine kleine Verschnaufpause. Seit vor fünf Jahren die Billigflieger das Insel-Archipel zum ersten Mal angeflogen sind, ist die Zahl der Touristen und Übernachtungen deutlich angestiegen. Insbesondere auf der größten Insel São Miguel sind im Sommer 2019 die negativen Folgen des Tourismusbooms deutlich geworden.
Und das stellte auch eine internationale Anerkennung in Frage, auf die die Regionalregierung besonders stolz ist: Die Azoren sind seit fast einem Jahr die erste Inselgruppe weltweit, die ein von den Vereinten Nationen anerkanntes Gütesiegel für nachhaltigen Tourismus erhalten hat. Die Frage, wie Tourismus und Nachhaltigkeit mit einander zu vereinbaren sind, wird die Region deshalb weiter beschäftigen – in und nach der Corona-Pandemie.