Im berühmten Badeort Hammamet scheint es fast so, als wäre nie etwas gewesen. Die Restaurants und Cafés sind voll, an den Stränden sind nur wenige Liegen frei, Urlauber flanieren über die Promenade. Doch die meisten kommen aus Tunesien, Algerien - oder aus Russland. Feriengäste aus Westeuropa sind immer noch selten. Aber es gibt sie. Wendy ist aus Belgien gekommen, mit ihrem Mann und dem kleinen Sohn.
"Wir waren fünf Jahre nicht hier, leider. Wegen der Attentate gab es ja auch lange eine Reisewarnung. Jetzt sind wir zurück, wir hatten einfach Sehnsucht nach Tunesien! Hier haben wir keine Angst, die Leute sind sehr nett, also alles gut."
Nach 2015 lag Tunesien am Boden
Solchen Optimismus kann Tunesien gebrauchen. Nach der Revolution von 2011 machten die Touristen einen Bogen um das Land, und als es gerade wieder aufwärts ging, kam das Katastrophenjahr 2015. Islamisten ermordeten im Bardo-Museum von Tunis 21 Urlauber. Wenige Monate später erschoss ein IS-Attentäter an einem Hotelstrand von Sousse weitere 38. Der Tourismus – mit gut acht Prozent ein wichtiger Teil des Bruttoinlandsprodukts – lag am Boden. Die Buchungen brachen fast komplett ein. Erst seit diesem Jahr geht es der gebeutelten Branche, von der Tausende Menschen leben, wieder etwas besser.
"Wir erholen uns langsam", sagt Moncef Ben Moussa, Chef-Konservator im neu eröffneten und schwer bewachten Bardo-Museum. Er hofft, dass sich bald wieder mehr Besucher für die weltweit bedeutende Sammlung antiker Mosaike begeistern.
"Tunesien ist kein Terror-Land", erklärt der Bardo-Konservator. "Ich hoffe, dass die Welt das begriffen hat. Der Terror ist ein globales Phänomen - Tunesien hat es erwischt, so wie andere Länder auch - aber deshalb kann man uns doch nicht einfach dichtmachen wie einen Laden. Wir tun alles, um ein offenes Land zu bleiben, und ein Land, das seine Bürger schützt und seine Gäste."
Urlauber aus Frankreich und Deutschland kommen zurück
Mehr mobile Polizei-Einheiten am Strand, in den Hotels, in der Stadt. Tatsächlich setzt die tunesische Regierung klare Signale - und die kommen an.
"Ich bin zum dritten Mal in Tunesien, das erste Mal war vor 40 Jahren, das zweite vor 20, und auch deshalb wollte ich jetzt gerne zum Bardo-Museum, allein schon aus Nostalgie", sagt Pierre, ein pensionierter Franzose aus Rouen. Seine Frau Michelle unterbricht ihn: "Unsere Familie wollte nicht mitkommen, die haben Angst vor Terroranschlägen. Wir haben uns aber entschieden, herzukommen. Wir vertrauen den Tunesiern!"
Immer mehr Gäste tun das. Nach den Zahlen der Nationalen Tourismusbehörde kommen deutlich mehr Urlauber nach Tunesien als noch 2015. Kein Vergleich zum Rekordjahr 2010, aber der Trend scheint stabil, und die klassischen Märkte ziehen deutlich an. Gerade Urlauber aus Frankreich und Deutschland kommen zurück.
"2016 und 2017 keine Sicherheitsprobleme"
Das Hotel Imperial Marhaba, bekannt durch den Anschlag von Sousse, hat nach umfangreicher Renovierung wieder geöffnet, als "Steigenberger Kantaoui Bay". Der Reiseveranstalter TUI, in Tunesien mit rund 230 Hotels vertreten, hat in Hammamet gerade ein neues Fünf-Sterne-Resort eingeweiht und steigert die Zahl der Charter-Flüge nach Djerba. Auf der Ferieninsel läuft es nach Aussage des Konzerns bestens im neuen Robinson-Club. Es habe sich ausgezahlt, seit der Eröffnung ausgerechnet im Krisenjahr 2015 zwei schwierige Jahre durchzuhalten, die Mitarbeiter weiter zu beschäftigen und dadurch auch einen Beitrag zur Entwicklung der Region zu leisten. Auch für Tunesiens Tourismus-Ministerin Salma Elloumi Rekik sind das positive Zeichen.
"2016 hatten wir keine Sicherheitsprobleme und 2017 bislang auch nicht. Wir arbeiten hart an der Qualität unseres Produkts und daran, das Angebot vielseitiger zu machen. Also, es läuft gut. Und ich hoffe, dass es so weitergeht."
Tunesien hat mehr zu bieten als Strandurlaub
2017 rechnet die Ministerin mit 6,5 Millionen Touristen, 2020 sollen es zehn Millionen sein. Dafür müsse Tunesien aber den nächsten Schritt machen, fordert Mohamed Toumi, Präsident des Reisebüroverbandes.
"Der neue Kunde will raus, er will entdecken. Klar, es wird immer Strandurlaub geben. Aber so, wie wir all die Jahrzehnte Massentourismus verstanden und angeboten haben, also billig, Strand, Pool, Hotelzimmer, Essen, so geht das nicht weiter. Ich will nicht wieder dahin zurück, wo wir vor der Revolution waren. Ich will etwas Neues."
Fakt ist: Das Land hat mehr zu bieten als nur 1300 Kilometer Strand. Oasen zum Beispiel, antike Ausgrabungsstätten, die Star-Wars-Drehorte in den Dünen von Nefta, tief im Süden des Landes oder "Djerbahood", die Graffiti-Galerie in Erriadh, dem kleinen Dorf auf Djerba mit einer langen, jüdischen Geschichte. All das gelte es zu präsentieren und zu fördern, samt erweitertem Sicherheitskonzept. Das erwarten die Reiseveranstalter von der Regierung. Die zuständige Ministerin, Salma Elloumi Rekik, verspricht, sie sehe die Krise als Chance, um Tunesien neu zu vermarkten.
"Da ist was zu holen", sagt die Ministerin und sie meint damit nicht nur die Urlauber.