Im Juni war in einer Anlage für Kunststoffvorprodukte etwa ein Gemisch aus Stickstoff und dem hochgiftigen Phosgen ausgetreten, das im ersten Weltkrieg als Chemiewaffe eingesetzt worden ist. Zwei Arbeiter, die sich dort aufhielten, reagierten geistesgegenwärtig und konnten sich unverletzt retten. Gegenüber dem SWR-Fernsehen musste BASF-Werksleiter Uwe Liebelt einräumen, dass in der neuen Anlage schadhafte Pumpen-Technik eingebaut worden war: "Speziell beim Thema Pumpen haben wir dann aber einige Überraschungen erlebt. Lieferanten aus Deutschland und aus der Schweiz, mit denen wir seit Jahrzehnten gut zusammenarbeiten – und in diesem Fall hat es tatsächlich Überraschungen in negativer Hinsicht gegeben, die Qualität war nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben."
Die vergleichsweise hohe Zahl der Zwischenfälle in diesem Jahr führt BASF-Werksleiter Uwe Liebelt darauf zurück, dass viele neue Anlagen errichtet wurden oder vorhandene Produktionsstätten der über 200 Einzelbetriebe umfassenden Werksstruktur unlängst erneuert worden sind. Gerade beim Wiederanfahren der Betriebe sei nicht alles reibungslos verlaufen, so Liebelt: "Es kam in diesem Jahr zum Wiederanfahren von vielen Neuanlagen, die Projekte sind jetzt beendet. Es kommt zum Anfahren von erweiterten Anlagen und zum Wiederanfahren von abgestellten Anlagen. Und bei diesen Prozessen können wir leider nicht völlig ausschließen, dass es zu Betriebsstörungen kommt."
Greenpeace kritisiert verzögerte Veröffentlichung von Messergebnissen
Bei dem aktuellen schweren Unfall handelt es sich nach den bis jetzt vorliegenden Informationen allerdings nicht um einen Zwischenfall nach einem Wiederanfahren einer Produktionsanlage, sondern um Brände und Explosionen nach Wartungsarbeiten an einem Rohrleitungssystem. Die Konzernleitung versichert, bei der Wartung der Anlagen werde nicht gespart. Doch die rheinland-pfälzischen Behörden werden den aktuellen Unfall zum Anlass nehmen, die Sicherheitslage beim wichtigsten Industrieunternehmen des Landes mit annähernd 40.000 Beschäftigten in Ludwigshafen noch einmal genau in den Blick zu nehmen. Das versichert der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD): "Das ist eine Situation, wo man dann natürlich in den nächsten Tagen und Wochen genau schauen muss, was können wir daraus lernen, was für Folgen ergeben sich? Wie sind die Anforderungen des Landes gegenüber der BASF? Aber wir haben dort eine sehr intensive Sicherheitspartnerschaft, zwischen der Stadt, zwischen der BASF und zwischen dem Land und da werden die Gespräche dementsprechend auch folgen."
Die Umweltorganisation Greenpeace, die in den letzten Tagen in Ludwigshafen eigene Messungen zur möglichen Schadstoffbelastung durchgeführt hat, kritisiert, dass BASF die Messergebnisse ihrer Werksteams erst in einem Monat veröffentlichen will. Manfred Ganten, Chemiker bei Greenpeace, glaubt, dass noch mehr Stoffe freigesetzt worden sein könnten, als bisher bekannt ist: "Die BASF hat bisher Ethylen und Propylen genannt. Aber ich denke, das ist nicht alles, was dort gebrannt hat. Angesichts der Tatsache, dass auch LKW und PKW abgebrannt sind, wird es noch eine ganze Menge anderer Chemikalien gegeben haben, die dort freigesetzt wurden." Greenpeace will die Ergebnisse der eigenen Messungen bereits in der kommenden Woche veröffentlichen.