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Ursula von der Leyen
Eine Ministerin auf Knopfdruck

Im Moment ist Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen scheinbar überall und dominiert die politische Diskussion dieser Tage. Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr, Waffenlieferungen an Kurden, Ebola-Hilfe in Westafrika - ihre Armee steht im Fokus. Aber kann von der Leyen liefern?

Von Bastian Brandau |
    Ursula von der Leyen schaut nachdenklich am Rande einer Sitzung
    Bundesverteidigungsministerium Ursula von der Leyen am Mittwoch am Rande der Anhörung im Bundestag. (dpa / Rainer Jensen)
    Sie beginnt in der Offensive. Zwei lange Interviews gibt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Sonntagabend - dabei wirkt sie erschöpft, in der ARD hält sie sich an ihrem Wasserglas fest, spielt sichtlich nervös mit den Fingern. Und prescht inhaltlich voran. Deutschland brauche Kampf-Drohnen, darauf hatte sie sich schon im Sommer festgelegt. Nun gibt es Details: Die Drohne Euro-Hawk - sie wird nicht in Serie gehen, soll aber als Testgerät Verwendung finden.
    "Dann wird's einen zweiten Schritt geben, nämlich für die Serienreife. Also wenn wir dann in den Normalbetrieb gehen, werden wir ein anderes Flugzeug nehmen, eine andere Drohne, die heißt Triton, die ist aus den USA. Das zeigt aber: Wir wollen die Technologie haben, und die Plattform ist nicht so wichtig, die muss nur Träger sein für das, was erforscht wird."
    Eine klare Aussage, die allerdings bereits einen Tag später, am Montag, von ihrem Sprecher kassiert wird. Jens Flosdorff sagt auf Nachfrage über den vermeintlich sicheren Einsatz des Trägersystems Triton in der Bundespressekonferenz:
    "Fix ist an der Stelle gar nichts. Sie wissen, gleich wird erst das Gutachten übergebe. Da sind Empfehlungen enthalten, die sich auch genau den Thematiken, die Sie ansprechen, im Detail auch widmen. Das ist jetzt keine Entscheidung, die jetzt von heute auf morgen getroffen wird, und bevor man viel investiert, werden diese Vorfragen erstmal sorgfältig geprüft."
    Ministerin will offenbar loslegen
    Eine sorgfältige Prüfung empfehlen die Wirtschaftsberater. Denn das war offenbar bisher im Ministerium nicht der Fall. Regelmäßig ließen sich die Beamten von den Waffenherstellern über den Tisch ziehen - etwa weil Verträge schlecht ausgehandelt wurden. Fehler, die in der Vergangenheit und bei von der Leyens Vorgängern liegen. Doch das zählt jetzt nicht mehr, sagt der freie Journalist Thomas Wiegold. Seit mehr als zwanzig Jahren berichtet er über deutsche Verteidigungspolitik:
    "In dieser Woche hatte ich den Eindruck, dass die Ministerin vor allem mit der Entgegennahme des Gutachtens den Eindruck vermittelte: Jetzt will ich loslegen. Ich habe Empfehlungen, wie ich jetzt umgehe mit den ganzen Rüstungsprojekten, die sie ja, teilweise zu Recht als Probleme die sie geerbt hat von ihren Vorgängern ansieht. Allerdings, und das ist jetzt das Neue, jetzt sind es alles ihre Probleme, ihre Projekte und sie muss nicht nur ankündigen, sondern auch liefern."
    Alle Augen auf die CDU-Politikerin - das habe er von der Leyen angemerkt, sagt Tobias Lindner. Der grüne Bundestagsabgeordnete ist Mitglied im Verteidigungsausschuss:
    "Ich hab Frau von der Leyen in dieser Woche erstaunlich dünn erlebt. Wir hatten in ihrem Ministerium Gespräche über ihren Haushalt, da ist sie bei vielen Punkten an der Oberfläche geblieben. Und was mich komplett verwundert: Sie hat jetzt dieses Gutachten nach acht Monaten Dornröschenschlaf im Ministerium endlich erhalten, wollte aufräumen. Und bevor sie es in den Händen hält, einen Tag zuvor, verkündet sie das nächste Rüstungsprojekt, eine Reanimation der Pleite-Drohne Eurohawk. Ich verstehe an der Stelle Frau von der Leyen überhaupt nicht mehr."
    Die gibt sich äußerlich völlig unberührt. Mittwoch muss sie im Verteidigungsausschuss Rede und Antwort stehen - die Sitzung hat Überlänge. Deutschland will Freiwillige in die Ebola-Gebiete schicken. Die Ministerin hatte garantiert: Infizierte Helfer könnten ausgeflogen werden. Nun berichtet "Spiegel Online", dazu sei die Bundeswehr nicht in der Lage. Eine Journalistin verknüpft die Frage, ob sie zu viel versprochen habe, mit Ursula von der Leyens Geburtstag an diesem Tag. Doch die Frage mit persönlichem Aufhänger, sie perlt an ihr ab:
    "Wir sind jetzt dabei, die Helfer zu schulen, und werden sie dann, wenn sie vorbereitet sind und das nötige Wissen und auch die Schulung haben, in die betroffenen Länder, nach Liberia vor allem, bringen. Und wir haben versichert, dass wir alles tun, dass sie, sollte ihnen etwas geschehen, auch zurückgebracht werden können. Diese Versicherung steht."
    Von der Leyen hat sich im Griff
    Souveräne Statements auf Knopfdruck. Auch im Plenarsaal ist alles wie immer: Klar und deutlich trägt sie vor, hat sich und ihre Thematik im Griff.
    "Die Bundeswehr beschafft, was sie braucht, und nicht, was ihr angeboten wird."
    Wer bestimmt über die deutsche Waffenindustrie? Ein Seitenhieb auf den Wirtschaftsminister Gabriel, SPD. Politischer Schlagabtausch mit dem Koalitionspartner. Nur geht es halt nicht mehr um Kindergeld oder Sozialleistungen, sondern um Waffen und Sicherheit. Aber klappt dieser Wechsel? Haut das hin mit dem Verteidigungsministerium? Verteidigungs-Journalist Thomas Wiegold:
    "Wir haben ja noch kein Jahr hinter uns. Sie hat, und nicht nur sie, sondern auch alle ihre Vertrauten, die sie mitgebracht hat, haben wahrscheinlich gedacht, das ist ein Ministerium wie jedes andere, wie das, wo sie vorher war. Aber dieses Ministerium hat durch den Apparat Bundeswehr, durch Streitkräfte, einfach 'ne ganz andere Eigendynamik, und das hat sie lernen müssen. Ich weiß noch nicht, ob sie es wirklich komplett gelernt hat."
    Darüber rätseln auch die Wähler, die vor dem Reichstag auf eine Besichtigung warten.
    "Also, ich denke, dass dieser Wechsel seinerzeit vom Arbeits- und Sozialministerium hin zum Verteidigungsministerium auch sehr abrupt war. Ich denke, da müsste schon eigentlich jemand an die Spitze, der sich auch vorher schon mit Sicherheits- und Verteidigungspolitik beschäftigt hat."
    "Ich finde sie schon taff, so ist es nicht, aber ich habe manchmal das Gefühl, sie steht ein bisschen alleine da."
    "Also, irgendwo tut sie mir leid, weil auf sie alles einprügelt, bezüglich dass unsere Bundeswehr marode ist, aber ich finde sie auch nicht sehr souverän in dieser Sache."
    Ein gefährliches Ministerium
    Arbeitsreich ist dieses Ministerium, das ist in dieser Woche erneut deutlich geworden. Doch es ist Arbeit, die sich lohnen könnte, sagt auch der Vorsitze des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels von der SPD:
    "Das Verteidigungsressort ist für jeden Minister ein besonderes, auch ein besonders gefährliches, und Frau von der Leyen hat ja schon verschiedene Ministerien hinter sich, insofern war das jetzt vielleicht mal dran, wenn sie denn für höheres die Qualifikation nachweisen soll und ich glaube das war eine Idee bei der Besetzung durch die Frau Bundeskanzlerin."
    Eine Idee, die auch die Reichstags-Besucher diskutieren.
    "Das war sicherlich damals so gedacht. Aber wenn das jetzt im Ministerium nicht klappt, dann wird sie in meinen Augen als Bundeskanzlerin nicht in Frage kommen."