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Urteil des EuGH
BUND klagt erfolgreich gegen Weser-Vertiefung

Auf rund 120 Kilometern wollte das Land Bremen die Weser vertiefen. So sollte auch Bremerhaven für größere Container-Schiffe schiffbar werden - ein Wirtschaftsfaktor. Der BUND hatte vor dem Europäischen Gerichtshof gegen den Ausbau geklagt. Heute liegt das Urteil vor – mit einer denkbar einfachen Begründung.

    Ein Frachtschiff auf der Außenweser
    Ein Frachtschiff auf der Außenweser (imago/Blickwinkel)
    Wasserrahmenrichtlinie, Oberflächengewässer-Verschlechterungsverbot, Verbesserungsgebot – Frau Rattei, wie kann man einfacher beschreiben, worüber der Europäische Gerichtshof heute befunden hat?
    Im Kern geht es bei diesem Urteil um die Auslegung oder Präzisierung der sogenannten "Europäischen Wasserrahmenrichtlinie". Die regelt seit 15 Jahren, dass sich der Zustand von Europas Gewässern nicht verschlechtern darf. Allerdings gibt es Ausnahmeregelungen für besonders wichtige Projekte. Und nach Ansicht der Schifffahrtsverwaltung wären die bei einer Weservertiefung gegeben gewesen.
    Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, kurz BUND, hat aber genau dagegen geklagt und ist der Ansicht: Die Wasserrahmenrichtlinie muss streng ausgelegt werden, auch bei der Weservertiefung.
    Und genau so sieht es der Europäische Gerichtshof auch. Das heißt: Die Weser darf nicht wie geplant vertieft werden, weil das eine Verschlechterung ihres Zustands bedeutet hätte.
    Was hätte sich geändert durch die Weservertiefung, außer die Fließgeschwindigkeit?
    Zunächst mal natürlich die Tiefe – das muss man vielleicht auch erst noch mal kurz erklären. Es ging da eigentlich um zwei Vertiefungen, einmal um die der Außenweser, also eine Vertiefung der Fahrrinne in der Nordsee bis Bremerhaven und eine Vertiefung der Unterweser: Das ist der Abschnitt zwischen Bremen und Bremerhaven. Der Plan der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung war es, die Außenweser um rund einen Meter und die Unterweser um rund 70 Zentimeter zu vertiefen mit dem Ziel, dass künftig noch schwerere Containerschiffe die beiden Abschnitte befahren können.
    Die Nachteile dieser Vertiefungen wären gravierend gewesen – das hat der BUND eben beklagt.
    Und neben der Fließgeschwindigkeit – die haben Sie eben schon genannt - wäre auch ein größerer Tidehub entstanden, das heißt ein größerer Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser. Und der wiederum hätte verschiedene Tier- und Pflanzenarten in der Weser gefährdet. Außerdem wären einige Flachwasser- Bereiche wegfallen und damit auch verschiedene Tier- und Pflanzenarten verschwunden. Und der Salzgehalt in der Weser wäre auch gestiegen; auch das hätte Folgen für das ökologische Gleichgewicht gehabt - manche Fischarten können damit nicht umgehen, und es gibt auch Landwirte, die ihre Kühe in Nebenarmen der Weser trinken lassen. Und die vertragen das salzigere Wasser nicht. Die hätten also teure Trinkwassersystem installieren müssen.
    Häfen und Wirtschaftsverbände wollten den Ausbau der Weser ja durchsetzen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Was haben die jetzt noch für Alternativen?
    Mit der Konkurrenzfähigkeit sprechen Sie natürlich einen der ganz wichtigen Punkte an. Das war ja das schlagende Argument für eine Weservertiefung. Dann hätten die großen Container-Schiffe nicht mehr die Flut abwarten müssen und hätten Tide-unabhängig fahren können. Die Rechnung ist ziemlich simpel: Ein Zentimeter Weservertiefung bedeutet rund 70 bis 100 Tonnen mehr Fracht pro Schiff.
    Auf der anderen Seite hat der BUND (und übrigens auch der WWF) argumentiert, dass sich wirtschaftliche Erfolge auch anders organisieren ließen, zum Beispiel indem die Häfen besser kooperieren und ein besseres Logistik-Netz aufbauen; auch in Verbindung mit dem Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. In der Praxis könnte das dann etwa bedeuten, dass ein besonders großes Container-Schiff den Tiefseewasser-Hafen in Wilhelmshaven anläuft, da einen Teil Container ablädt und anschließend mit weniger Tiefgang weiter nach Bremerhaven fährt.