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Urteil gegen Turntrainer in Erfurt
Drei Jahre Haft wegen sexuellen Missbrauchs

Das Landgericht Erfurt hat einen ehemaligen Turntrainer unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs seiner schutzbefohlenen Turnerinnen zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe von 22 Monaten beantragt.

Von Andrea Schültke | 24.03.2022
Füße einer Turnerin, die über den Schwebebalken balanciert
Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen: Drei Jahre und zwei Monate Haft für deutschen Turntrainer (picture alliance / dpa)
Er habe vom Angeklagten kein ehrliches Wort der Reue gehört, so der vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Was passiert sei, könne niemand wieder gutmachen, eine Bewährungsstrafe wäre daher das völlig falsche Signal gewesen.

Prozess-Marathon über sechs Jahre

Bereits vor sechs Jahren hatte eine ehemalige Turnerin Anzeige erstattet gegen ihren früheren Trainer. Acht weitere Betroffene hatten sich als Nebenklägerinnen dem Verfahren angeschlossen. Vor knapp vier Jahren war der Angeklagte in einem ersten Prozess zu einer Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Dagegen hatte er Revision eingelegt. Mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil in Teilen auf, ein neues Verfahren war notwendig.
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Betroffene schildern Folgen der Übergriffe

An den beiden ersten Verhandlungstagen hatten einige Betroffene geschildert, welche gravierenden Folgen die sexuellen Übergriffe des Angeklagten für sie hatten und sich als "Überlebende" bezeichnet.
Der Richter bedankte sich erneut bei den ehemaligen Turnerinnen, deren Aussagen ihn nachhaltig beeindruckt hätten. Bezogen auf den Angeklagten äußerte der Richter Zweifel, dass der frühere Trainer überhaupt verstanden habe, was er seinen Sportlerinnen angetan habe.

Revision gegen das Urteil erwartet

Der Verteidiger des Mannes hatte eine Bewährungsstrafe gefordert, daher wird allgemein davon ausgegangen, dass der Angeklagte erneut in Revision gehen wird. Das würde für die Betroffenen bedeuten, sie müssen weiter warten auf ein rechtskräftiges Urteil.
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Verantwortliche des Vereins, in dem die Übergriffe über Jahre stattgefunden haben, waren während des gesamten Prozesses nicht anwesend.