Das Gericht setzte sich mit seinem Urteil über die Staatsanwaltschaft hinweg, die sich gegen eine Verurteilung der Finanzmanagerin ausgesprochen hatte. Im Verfahren ging es konkret um eine Entschädigung von 400 Millionen Euro aus Staatsgeldern für den Geschäftsmann Bernard Tapie, die ihm ein Schiedsgericht zugesagt und Lagarde 2008 genehmigt hatte. Damit sollten Verluste ausgeglichen werden, die ihm 1992 beim Verkauf von Adidas-Anteilen entstanden sein sollen. Nach Tapies Ansicht wurde er von dem heute nicht mehr bestehenden staatlichen Institut Credit Lyonnais dazu gebracht, die Anteile deutlich unter Wert zu verkaufen. Zivilgerichte haben inzwischen angeordnet, dass Tapie das Geld zurückzahlen muss.
Die Summe der Entschädigung hatte in Frankreich Verärgerung hervorgerufen. Lagarde hatte die Vorwürfe gegen ihre Person bestritten. Sie hatte beteuert, nach bestem Gewissen gehandelt zu haben. Lagarde hörte das Urteil nicht; sie war laut ihrem Anwalt Patrick Maisonneuve bereits in Washington.
Exekutivrat des IWF berät über weiteres Vorgehen
Die Entscheidung kratzt an Lagardes Glaubwürdigkeit. Laut früheren Angaben aus Kreisen des Internationalen Währungsfonds in Washington gibt es allerdings keine Vorschrift, nach der die 60-Jährige im Falle einer Verurteilung zwingend ihr Amt aufgeben müsste. Über das weitere Vorgehen werde der Exekutivrat der Finanzinstitution entscheiden. "Es ist zu erwarten, dass der Vorstand in Kürze zusammentritt, um die jüngsten Enwicklungen zu diskutieren", sagte IWF-Kommunikationschef Gerry Rice in einem Statement. Das Gremium hatte bereits in früheren Sitzungen mehrmals über die Folgen des Gerichtsverfahrens Lagardes in Frankreich diskutiert. Lagarde ist seit 2011 Chefin des IWF.
(cvo/ach)