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Urteil
Kein Recht auf früheren Ethikunterricht

Ethik- statt Religionsunterricht schon in der Grundschule - dieser Klage hat das Bundesverwaltungsgericht eine Absage erteilt. Das Grundgesetz privilegiere zwar Religionsgemeinschaften, Ethik sei als Unterrichtsfach dagegen nicht vorgeschrieben.

    Ein leeres Klassenzimmer in einer Grundschule
    Kein Ethikunterricht schon ab der 1. Klasse ( picture alliance / dpa / Caroline Seidel)
    Geklagt hatte eine 42-jährige Mutter aus Baden-Württemberg. Sie wollte erreichen, dass ihre konfessionslosen Kinder schon ab der 1. Klasse in Ethik unterrichtet werden. Ihre Begründung: Auch katholischen und evangelischen Religionsunterricht gebe es schon für Erstklässler. Sie habe ein Recht auf ethisch-moralische Bildung ihrer Kinder, argumentierte die Frau. Konfessionslose Kinder würden benachteiligt.
    Das Bundesverwaltungsgericht sah das anders. Die Tatsache, dass es auch Religionsunterricht gebe, heiße nicht, dass es auch Ethikunterricht geben müsse. In die Abwägung der Richter flossen mehrere Artikel des Grundgesetzes ein. Die Klägerin sah unter anderem den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Die obersten Verwaltungsrichter erklärten jetzt, der Staat habe weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Einführung von Schulfächern. Die Privilegierung der Religionsgemeinschaften führe nicht automatisch zu dem Auftrag des Staates, eine allgemeine Wertevermittlung bereits ab der Grundschule zu gewährleisten. Eltern hätten nur in Ausnahmefällen Anspruch auf die Einführung eines bestimmten Schulfachs, diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor.
    Ethikunterricht in Baden-Württemberg ab Klasse 7
    Einige Bundesländer bieten bereits Ethikunterricht in der Grundschule an. Er richtet sich an Schüler, die keiner Religionsgemeinschaft angehören oder sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben. In Baden-Württemberg ist der Unterricht erst ab der 7. Klasse vorgesehen.
    Die Klägerin war bereits in zwei Vorinstanzen vor dem Freiburger Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gescheitert. Jetzt will sie vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen.
    Gewerkschaft unterstützt Forderung
    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert Ethik in der Grundschule auch vom Land Baden-Württemberg. Die Landesvorsitzende Doro Moritz sagte im Südwestrundfunk, es könne nicht sein, dass man aus Kostengründen auf eine Wertevermittlung in der Schule verzichte. Das Schulgesetz verpflichte dazu, Schüler zur Anerkennung der Werte und Vorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen: "Toleranz, Akzeptanz, den Umgang mit Leben und Natur".
    Ethik ist ein Teilgebiet der Philosophie. Der Ethikunterricht soll zum Nachdenken über gemeinsame Werte und den respektvollen Umgang miteinander anregen.
    (stfr/pg)