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Kommentar zum Finanzurteil
Eine gute Nachricht für die Parteiendemokratie

Die Ablehnung der jüngsten Erhöhung der Gelder für Parteien durch das Verfassungsgericht sei kein Urteil gegen die Parteien, kommentiert Gudula Geuther. Es komme den Karlsruher Richtern vielmehr auf die Begründung an. Eingefordert werde Transparenz.

Ein Kommentar von Gudula Geuther |
Plenarsitzung im Deutschen Bundestag
CDU/CSU und SPD hatten zu Zeiten der Großen Koalition Zuwächse bei der staatlichen Parteienfinanzierung beschlossen (picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka)
25 Millionen Euro hatten SPD und CDU/CSU den Parteien mehr gönnen wollen, ein Plus von satten 15 Prozent der staatlichen Parteienfinanzierung. Sie trieben das Gesetz im parlamentarischen Schweinsgalopp in wenigen Tagen durch den Bundestag und sparten sich bis auf einige Schlagwörter zu den Kosten der Digitalisierung weitgehend die Begründung für das dicke Plus. Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht das nicht hat durchgehen lassen.

Dies ist kein Anti-Parteien-Urteil

Trotzdem sollte man die heutige Entscheidung nicht missverstehen. Die Richter begrenzen noch nicht einmal die Staatszuschüsse der Höhe nach. Dies ist kein Anti-Parteien-Urteil. Das Bundesverfassungsgericht sieht die Parteien von Haus aus als ausgesprochen wichtige Akteure in der Demokratie. Akteure, die Geld brauchen. Und dieses Geld soll nicht nur von Unternehmen oder Einzelpersonen kommen, die Einfluss nehmen wollen.
Parteien, wie sie den Verfassungsrichtern seit Jahrzehnten vorschweben, sind in der Bevölkerung verankert, das schlägt sich in Spenden und Mitgliedsbeiträgen wieder.
Das staatliche Geld erhöht daneben die Unabhängigkeit. Mit der richtigen Begründung können Parteien durch ein neues Gesetz Staatszuschüsse bekommen, die genauso hoch sind, wie es das jetzt gekippte Gesetz wollte - oder sogar noch höher. Karlsruhe steht ihnen nicht im Weg. Worauf es den Richter ankommt, ist eben die Begründung, Wie auch in anderen Fällen verlangen die Richter Transparenz. Der Wähler und auch das Bundesverfassungsgericht sollen nachvollziehen können, ob die Ansprüche berechtigt sind. 
Schaut man sich an, was Parteien im weitesten Sinn - die Parteien selbst, die Fraktionen, die politischen Stiftungen - an Staatsgeld ausgeben, dann kann man dieses System als allzu großzügig hinterfragen. Aber darüber hatten die Richter nicht zu befinden. Es ging um die Frage, ob die Digitalisierung deutliche Mehrausgaben möglich macht. Das wird der Gesetzgeber jetzt genau vorrechnen müssen. Dabei geht es nicht nur Cybersicherheit und ein paar Bewegtbilder. Es geht um ganze Kommunikationsstrukturen in Parteien und nach außen mit den Bürgern, darum große Gruppen potentieller Wähler überhaupt noch zu erreichen. Das kann der Demokratie ruhig einiges wert sein. 
Diese Parteiendemokratie hatte sich hier selbst zu bewähren. Sie hat erst einmal versagt, dann haben Aufsicht und Kontrolle funktioniert. Am erfreulichsten ist aber, warum sie funktioniert haben: Parteien haben gegen das Gesetz geklagt. Das waren nicht irgendwelche Parteien, es waren alle vier im Bundestag vertretenen, die das Gesetz nicht mitgetragen hatten. Sie alle haben damit massiv gegen ihre eigenen finanziellen Interessen verstoßen. Weil sie glauben, dass der Wähler das zu schätzen weiß. Und das ist doch eine gute Nachricht für die Parteiendemokratie.
Gudula Geuther
Gudula Geuther
Gudula Geuther, Jahrgang 1970, studierte Rechtswissenschaften in München und Madrid. Nach Abschluss des Referendariats berichtete sie vom Rechtsstandort Karlsruhe erst unter anderem für Reuters und die taz, dann für das Deutschlandradio. Nach kurzer Zeit als Deutschlandradio-Landeskorrespondentin in Hessen arbeitet sie heute als Korrespondentin für Rechts- und Innenpolitik im Deutschlandradio-Hauptstadtstudio.