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Urteil zu BND-Überwachung
"Es gibt viele andere Akteure, die mitlauschen"

Der Investigativjournalist Holger Stark hat das BND-Urteil des Bundesverfassungsgerichts als "strahlenden Sieg für die Pressefreiheit" bezeichnet. Allerdings ändere der Richterspruch am Alltag für Journalistinnen und Journalisten wenig, sagte der "Zeit"-Redakteur im Dlf.

Holger Stark im Gespräch mit Mirjam Kid |
Die Ausstellung des neuen Besucherzentrums des Bundesnachrichtendienstes.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Einflussradius des BND eingeschränkt (picture alliance / Kay Nietfeld)
"Sie müssen immer im Ausland damit rechnen, dass sie abgehört werden", so Holger Stark, der stellvertretender Chefredakteur und Ressortleiter Investigation und Recherche bei der Wochenzeitung "Zeit". Es gebe nicht nur den Bundesnachrichtendienst (BND), sondern auch die Auslandsgeheimdienste anderer Länder wie die der USA, Chinas oder des Iran.
Investigative Arbeit – wie die Gespräche mit Regierungsmitarbeiterinnen oder Whistleblowern – könne in Ländern wie Afghanistan sogar "tödlich sein". Er selbst sei vor eigenen Recherchereisen "mehrfach von Geheimdienstlern gewarnt worden, dass ich aufpassen soll, was ich am Telefon rede", erinnerte sich Stark.
Grundsätzlich sei es für Reporterinnen und Reporter sinnvoll, auf verschlüsselte Kommunikation zurückgreifen. Doch dies sei bei Gesprächen mit Informanten nicht immer möglich. "Das heißt, das offene Telefonieren gehört zum täglichen Handwerkszeug."
Auch deshalb sei er froh, "dass die Richter hier ein Zeichen gesetzt haben", sagte Stark im Deutschlandfunk. Das Urteil sei ein "starkes Signal, weil es festhält, wie wichtig freie Presse ist".
Zufriedene Kläger
Das Bundesverfassungsgericht hatte geurteilt, dass sich der BND bei seinen weltweiten Überwachungsaktivitäten an deutsche Grundrechte halten muss. Das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit schützten auch Ausländer.
Die Richter gaben einer Klage unter anderem der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen und mehrerer ausländischer Journalisten gegen das Ende 2016 reformierte BND-Gesetz statt. Das Gesetz muss nun bis spätestens Ende 2021 grundlegend überarbeitet werden.
Verfassungsbeschwerde gegen BND-Gesetz
Angezapfte Leitungen und Massenüberwachung von Journalisten im Ausland – die Neuregelung des BND-Gesetztes ist seit ihrer Verabschiedung 2016 in der Kritik. Ein Bündnis aus Organisationen und Gewerkschaften sieht die Pressefreiheit in Gefahr und hat nun eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.
Konkret geht es um die Vorschriften für die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland. Dabei durchforstet der BND ohne konkreten Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen.
Koordiniert hatte die Klage die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Deren Vorsitzender Ulf Buermeyer erklärte: "Dass deutsche Behörden auch im Ausland an die Grundrechte gebunden sind, stärkt die Menschenrechte weltweit erheblich - und auch die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der Welt."