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Urteil zu türkischen Soldaten
Drohgebärden aus Ankara

In Athen hat der Oberste Gerichtshof entschieden: die Offiziere, die nach dem türkischen Putschversuch Asyl in Griechenland beantragt hatten, werden nicht an die Türkei ausgeliefert. Darauf reagiert die türkische Regierung mit der Drohung, das Flüchtlingsabkommen aufzukündigen. Die Stimmung ist gereizt.

Von Rodothea Seralidou |
    Türkische Kampfjets während einer Parade zum 40. Jahrestag der Invasion Zyperns am 20. Juli 2014
    Türkische Kampfjets verletzten gestern den griechischen Luftraum. (AFP / Yannis Kourtoglou)
    Die griechische Regierung verweist auf die Unabhängigkeit der griechischen Justiz. Trotzdem bereitet ihr der Ausgang dieses Prozesses Kopfschmerzen, stellt Thanos Veremis, Politikprofessor an der Universität Athen, fest:
    "Ich bin mir sicher, dass keiner in der Regierung eine Verschlechterung der Beziehungen mit der Türkei gewollt hat. Und die Situation gerade zeigt, dass die Sorgen der griechischen Regierung durchaus gerechtfertigt sind. Die Türkei glaubt, dass sie mit ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit ihre Nachbarländer unter Druck setzen kann, Gerichtsurteile so zu fällen, wie es der Türkei passt. Es ist kein Zufall, dass die ranghöchsten türkischen Militärs nach diesem Urteil die Imia-Inseln besucht haben und sich vor den Inseln fotografieren ließen.”
    Konflikt um unbewohnte Ägäis-Inseln erneut entfacht
    Der Konflikt rund um den Status der unbewohnten Imia-Inseln, im Türkischen Kardak-Inseln genannt, wehrt lange: Griechenland sieht die Inseln in seinem Hoheitsgebiet, die Türkei wiederum zweifelt dies wie auch den Status anderer griechischer Inseln an. Vor 21 Jahren kamen bei einer Eskalation des Konflikts drei griechische Kampfpiloten ums Leben. Beide Länder standen kurz davor, einander den Krieg zu erklären.
    Dass nun ein Kanonenboot mit dem türkischen Generalstabschef höchstpersönlich die Inseln umfahren hat, wird in Griechenland als erneute Machtdemonstration seitens der Türkei gesehen und als Antwort auf den Auslieferungsstopp für die acht türkischen Soldaten. Als gestern der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos von einem Militärhubschrauber aus einen Kranz vor den Imia-Inseln abwarf– eine Geste, die er seit seiner Amtsübernahme regelmäßig zum Jahrestag des Imia-Konflikts zum Gedenken an die drei Piloten pflegt- ließ die Türkei das nicht auf sich sitzen. Dutzende Mal verletzten daraufhin türkische Kampfjets griechischen Luftraum.
    Provokationen gefährden Zypern-Verhandlungen
    Politik-Experte Thanos Veremis sieht das alles mit Skepsis - vor allem hinsichtlich der gerade stattfindenden Gespräche zur Lösung der Zypernfrage. Die angespannten griechisch-türkischen Beziehungen könnten auch die Verhandlungen gefährden, fürchtet er:
    "Theoretisch laufen die Gespräche unabhängig von diesem Urteil, aber in der Praxis spielen die Verhältnisse zwischen den Ländern bei den Gesprächen eine große Rolle. Ich schließe nicht aus, dass Erdogan auch die Zypernfrage als Druckmittel benutzen wird und die Gespräche platzen lässt. Dabei haben wir gerade mit Nikos Anastasiades und Mustafa Akinci sowohl bei den griechischen als auch bei den türkischen Zyprern die bestmöglichen politischen Führungen. Wenn man die beiden lassen würde, sie würden bestimmt eine gute Lösung für beide Seiten finden.”
    Türkische Soldaten noch nicht in Sicherheit
    Das Urteil der höchsten griechischen Richter hat zwar die griechisch-türkischen Beziehungen aufgewirbelt. Für die acht türkischen Soldaten heißt das aber noch lange nicht, dass sie nun in Sicherheit sind. Denn nach der Ablehnung des Auslieferungsgesuchs müssen noch ihre Asylanträge geprüft werden, erklärt der Rechtsprofessor und Strafverteidiger der Soldaten, Christos Mylonopoulos:
    "Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Jetzt steht auch das Asylverfahren bevor, wir haben Angst, dass die Männer vielleicht über den administrativen Weg abgeschoben werden."
    Ankara hatte vergangene Woche umgehend ein zweites Auslieferungsgesuch an Griechenland gestellt. Auch strebt die Regierung einen internationalen Haftbefehl gegen die acht Soldaten an. Einen Haftbefehl in der Türkei gibt es bereits.
    Ankara übt Druck mit Flüchtlingsabkommen aus
    Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte im Staatsfernsehen, dass das Urteil der griechischen Richter keine juristische, sondern eine politische Entscheidung gewesen sei und Konsequenzen haben werde - auch in Sachen EU-Türkei-Deal:
    "Es gibt das Flüchtlingsabkommen, das wir unterzeichnet haben, das auch die Rücksendung der Flüchtlinge in die Türkei vorsieht. Wir prüfen gerade, wie wir da vorgehen sollen und überlegen, dieses Abkommen aufzuheben. Wir können nicht mit Ländern zusammenarbeiten, die Terroristen und Verräter unterstützen. Griechenland muss das wissen."