"Zum Ehren-Salut für Staatsminister Dr. Söder – Gewehr laden. Legt an. Feuer!"
Staatsempfang auf oberbayrisch: in Siegertsbrunn südlich von München salutieren die Gebirgsschützen vor dem Kronprinzen. Nur fünf Meter liegen zwischen den großen Vorderladern der Kompanie und dem größten Vorderlader der CSU: Markus Söder verzieht keine Miene.
"Ich bin einiges gewohnt!"
Schüsse vor den Bug erhält der bayerische Finanzminister derzeit regelmäßig. Das Mündungsfeuer kommt aus der Staatskanzlei. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer böllert im Wochentakt Salven auf seinen fränkischen Herausforderer. Egal ob Söder die kalte Progression bei der Einkommensteuer abschaffen, das Schengen-Abkommen aussetzen oder Asylbewerbern das Taschengeld streichen will – CSU-Chef Seehofer pfeift seinen wichtigsten Minister zurück und lässt durchblicken: da suche wohl jemand verzweifelt nach Aufmerksamkeit.
"Sie wissen: es gibt Parteifreunde – und es gibt auch richtige Freunde in der Partei!"
Das Bierzelt-Publikum in Siegertsbrunn johlt vor Begeisterung. Jeder der 1200 Zuhörer weiß, wer gemeint ist. Auch, wenn Söder grinsend berichtet.
"Ich hab' dann später Abitur gemacht, sogar ein 1er-Abitur. Hab' studiert. Doktor gemacht. Sogar bis heute behalten, meine Damen und Herren."
Das ist natürlich auf Karl-Theodor zu Guttenberg gemünzt. Der tief gefallene Polit-Star aus Oberfranken ist in der CSU neuerdings wieder Gesprächsthema. Seehofer plauderte aus, er wolle sich demnächst mit dem Baron treffen. Ganz zwanglos. Söder reagiert betont gelassen.
"Also ich kann dazu ehrlich gesagt nix sagen. Ich kenne die Familie gut, ich schätze vor allem den Vater sehr. Ein ganz bedeutender Komponist, der mich in vielen Gesprächen beeindruckt hat. Karl-Theodor, ähm, naja... wissen Sie, das ist eher was für die Terminplanung des Ministerpräsidenten, nicht für meine."
Der Ministerpräsident bringt zu Guttenberg, den er noch vor zwei Jahren als Glühwürmchen bezeichnete, nicht umsonst ins Gespräch. Seehofer spürt immer stärker den Atem seines ärgsten partei-internen Widersachers im Nacken – Markus Söder. Das hat mehrere Gründe: personelle und inhaltliche. Für die inhaltlichen Gründe sorgt am Dienstagvormittag aller Voraussicht nach das Bundesverfassungsgericht. Es ist zu erwarten, dass die Karlsruher Richter das Betreuungsgeld kippen, das der Bundestag vor knapp zwei Jahren auf Drängen der CSU einführte. Die Christsozialen würden nach dem vorläufigen Scheitern der PKW-Maut ihr zweites Debakel bei einem zentralen Wahlkampf-Versprechen erleben. Und dann die personellen Gründe. Einen davon kann man auf dem "Zukunfts-Kongress der bayerischen Wirtschaft" in München beobachten.
"So, wo muss ich jetzt hin? Hallo! Grüß' Sie!" / "Frau Aigner, ich grüße Sie. Wir machen hier eine Klima-Anlage für Intensiv-Patienten."
Ilse Aigner, die bayerische Wirtschaftsministerin, besucht junge Firmengründer aus dem Freistaat. Etwa das Unternehmen Seiratherm aus Herzogenaurach, das im Münchner Messegelände MOC seine Produkte ausstellt. Aigner posiert lächelnd für die Fotografen.
Streit um die Stromtrassen
"Die Kamera hat mich jetzt genau im Bild. Wunderbar!"
Doch so gut gelaunt wie Ilse Aigner sind die wenigsten Aussteller auf dem Münchner Zukunfts-Kongress. Die Stimmung in der bayerischen Wirtschaft ist gedrückt. Viele Unternehmer sind unzufrieden damit, wie Ilse Aigner in Bayern die Energiewende managt.
"Die Prozesse dauern einfach unglaublich lang. Windkraft, und dann der Trassenbau, unter der Erde, über der Erde – die Diskussionen dauern einfach zu lang." / "Was soll ich sagen? Jedem Menschen recht getan ist etwas, das niemand kann!" / "Wie man das hier in Bayern löst, finde ich nicht gut. A, dass man vieles nicht haben will und in andere Bundesländer abschiebt, und B, dass man Abstände von Windrädern zu Gemeinden so definiert, dass man in Bayern eigentlich keine Standorte mehr zur Verfügung hat – diese Politik finde ich nicht gut."
Diese Politik ist vor allem Horst Seehofers Politik. Die sympathische, aber harmlose Ilse Aigner muss sie den Wählern verkaufen. Etwa die seltsame Formel "2 minus X", mit der die Wirtschafts-Ministerin in Aussicht stellte, es werde weniger als zwei neue Stromtrassen von Norddeutschland Richtung Bayern geben. Nach dem Energie-Gipfel mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel war aber klar: Es kommen zwei Trassen. X gleich null, spottete die Opposition. Aigner rechnet anders: X gleich 2. Macht sie den Bürgern da nicht ein X für ein U vor?
"Nein, das ist ein wesentlicher Unterschied: bisher waren zwei 420 Kilometer lange, bis zu 75 Meter hohe Maststränge quer durch Bayern geplant. Jetzt wird erdverkabelt. Das ist ein Riesen-Unterschied."
Dabei ist längst nicht geklärt, ob die Netzbetreiber die mächtigen Hochspannungskabel wirklich überall in die Erde verlegen können. Und vor allem: wie teuer das wird. Denn das hängt von den Gesteinsschichten ab, auf die die Bauarbeiter stoßen werden. Manche Experten sprechen von Mehrkosten bis zu 30 Milliarden Euro. Aigner dagegen weiß schon jetzt: es werden 11 Milliarden.
"Und das haben wir genau umgerechnet: das sind 0,11 Cent auf den Strompreis. Und das für eine Verträglichkeit, das ist sehr gerechtfertigt."
0,11 Cent pro Kilowatt-Stunde – klingt erstmal nach wenig. Doch für Alfred Gaffal, den Präsidenten der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, ist der Strompreis schon jetzt zu hoch.
"Das geht nicht, dass wir die doppelten Energie-Kosten haben wie in Amerika und 50 Prozent mehr als in Frankreich."
Verschiedene Deutungen zu Sieg oder Niederlage
Während Gaffal auf dem Podium des bayerischen Zukunfts-Kongresses seine Forderungen stellt, sitzt Aigner mit gequältem Lächeln daneben. Die Wirtschaftsministerin spürt Druck von allen Seiten – von der Wirtschaft genauso wie von betroffenen Bürgern. Etwa von Annika Popp, Bayerns jüngster Bürgermeisterin aus Leupoldsgrün in Oberfranken. Die 27-Jährige Realschullehrerin ist in der CSU und gegen Stromtrassen – egal ob über oder unter der Erde. Popp würde gern mal mit Parteifreundin Aigner diskutieren.
"Ja! Sie wurde auch eingeladen, hat uns aber leider abgesagt. Das ist natürlich schon wirklich schade. Da wünscht man sich, gerade wenn man in der CSU ist, in der Situation noch mehr Kontakt oder Austausch. Wir wollen ja schon gemeinsam die bestmögliche Energiewende entwickeln. Da haben wir ja genau das gleiche Ziel wie Seehofer und Aigner. Nur der Weg, die Methode, der Prozess ist bei uns eben anders."
Bei uns – das heißt in Leupoldsgrün und den anderen bayerischen Orten, durch die die beiden neuen Stromtrassen voraussichtlich führen werden. Annika Popp, die CSU-Bürgermeisterin, leitet eine Bürger-Initiative gegen den Trassenbau. Sie will, dass der Freistaat Bayern seine Stromversorgung dezentral organisiert – ohne Wind- und Braunkohlestrom aus dem Norden und Osten. Bayern first, sagt Popp.
"Und das ist jetzt, denke ich, auch kein Widerspruch. Nur weil ich in der CSU bin. Wir haben ja trotzdem gleiche Grundlagen und gleiche Werte. Dass man aber in manchen Punkten in der Sache unterschiedlich denkt, ist doch natürlich und menschlich."
Menschlich schon, aber auch gefährlich für die CSU und Horst Seehofer. Wenn selbst die eigenen Leute bei der Energiewende nicht mitziehen, kalkuliert der Parteichef, sei die Machtbasis der CSU in Gefahr. "Wir müssen mit diesen Trassen Wahlen gewinnen", sagte Seehofer nach der Entscheidung. Der Bau der beiden Stromtrassen soll ausgerechnet 2017 bis 2018 beginnen – in den Jahren der nächsten Bundes- und bayerischen Landtagswahl.
"Natürlich suche ich das Gespräch. Gespräche zu verweigern ist immer das Schlechteste. Ich meine jetzt die Bürger-Initiativen gegen den Trassenbau. Ich werde denen mal erläutern, welch' großer Erfolg dies für Bayern ist. Es gibt keine einzige Monstertrasse. Das habe ich den Bürger-Initiativen versprochen."
Horst Seehofers Glaubwürdigkeitsproblem
Aber was ist ein Versprechen von Horst Seehofer in Bayern noch wert? Der CSU-Chef, das sagen sogar viele der eigenen Leute – wenn auch heimlich –, hat schon zu viele Versprechen gebrochen. Zu viele Haken geschlagen. Und zu selten geliefert. Die PKW-Maut wird kommen, so sicher wie das Amen in der Kirche, verkündete Seehofer – obwohl er wusste, dass die EU-Kommission sie blockieren wird. Der Länderfinanzausgleich wird gekippt, verspricht Seehofer den Bayern seit Jahren. Passiert ist nichts. Wenn nun das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auch noch das Betreuungsgeld als verfassungswidrig einstuft, steht die CSU in Berlin ohne Erfolg ihrer Kern-Anliegen da. Der Münchner Politik-Wissenschaftler Professor Werner Weidenfeld ist nicht überrascht von der thematischen Tristesse der Christsozialen:
"Das ist gegenwärtig nicht ihre stärkste Phase. Das ist auch ein Ausdruck machtpolitischer Art der großen Koalition. Der Anteil der CSU an der Großen Koalition ist einfach kleiner als bei kleinen Koalitionen. Deshalb war die CSU auch in früheren Jahrzehnten nie dafür, dass es große Koalitionen gibt. Weil sie wussten: dann ist ihr Anteil nicht mehr so entscheidend."
Von den drei Parteien der Berliner Regierungs-Koalition hat die SPD ihre Kern-Anliegen umgesetzt: Frauenquote, Mietpreisbremse, Mindestlohn. Die CDU hat die Kanzlerin und blendende Umfragewerte. Die CSU hat ein Problem: ihre Macht in Berlin erodiert.
"Das ist nicht erfreulich für die CSU. Die CSU hat ja ihre ganz starke Stellung aus dieser Doppelrolle: in Bayern gewissermaßen das Symbol bayerischen Selbstverständnisses zu sein. Und politisch auch so aufzutreten. Im Bund zu sagen, wo es langgeht. Damit haben sie ja ihren Erfolg: denen in Berlin mal zu sagen, was Sache ist! Das war ja auch die große Strauß-Ära – in Berlin groß auf den Tisch zu hauen. Diese starke, prägende Dominanz, die die CSU mal ausgestrahlt hat - das ist heute Fehlanzeige."
Dabei hat Horst Seehofer in den vergangenen Jahren in Berlin häufig auf den Tisch gehauen. Nur gebracht hat es wenig. Im Gegenteil - der CSU-Chef wird auf Bundesebene kaum noch ernst genommen. Und nun, in der politisch heiklen Phase der Euro-Rettung und der Griechenland-Debatte, muss Seehofer hinter Angela Merkel in Deckung gehen. Mehr noch: Er forderte sie jüngst auf, bei der Bundestagswahl 2017 erneut für CDU und CSU zu kandidieren.
"Ich habe gesagt, wir vertrauen der Kanzlerin. Sie macht das sehr besonnen. Ich glaube, man hilft der ganzen Sache nicht, wenn man sie als Parteivorsitzender und Ministerpräsident öffentlich begleitet. Da gibt es in ganz Deutschland eigentlich eine relativ disziplinierte Verhaltensweise. Jedenfalls in der Spitzenpolitik."
Sehnsucht nach dem 'C' in CSU
Das Problem ist, dass viele christsoziale Abgeordnete Seehofers plötzliche Selbstdisziplinierung für Hasenfüßigkeit halten. Die CSU ist in der Griechenland-Debatte marginalisiert - obwohl der Widerstand gegen ein drittes Hilfspaket in der CSU noch stärker ist als in der CDU. Vier Stunden lang musste Seehofer seine Landesgruppe in Berlin vor der Bundestags-Abstimmung am vergangenen Freitag einschwören. Er sagte sogar die traditionelle Klausur-Tagung im fränkischen Kloster Banz ab. Trotzdem kamen 14 Abweichler aus der CSU. Prozentual mehr als aus der CDU. Was für Seehofer besonders schmerzhaft ist: Er muss sich nun kleinlaut hinter Wolfgang Schäuble verstecken. Der Bundesfinanzminister sei ein Segen für Deutschland, sagt Seehofer. Ausgerechnet Schäuble, Seehofers Lieblings-Parteifeind in der CDU. Schäubles europafreundliche Politik bot Seehofer jahrelang Anlass für ätzende Kritik. Noch im Europa-Wahlkampf 2014 mobilisierte der CSU-Chef die euro-kritischsten Köpfe, die er in seiner Partei finden konnte. Etwa Peter Gauweiler. Als Seehofer mit diesem Kurs scheiterte, sägte er Gauweiler ab und holte zwei Europa-Abgeordnete ins CSU-Präsidium: Manfred Weber und Angelika Niebler sind ohne Zweifel beliebt in der Partei. Und trotzdem kommen viele Parteifreunde nicht mehr hinterher bei Seehofers Personal-Rochaden.
"Meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich darf sie sehr herzlich hier beim Stammtisch der CSU begrüßen ..."
Sonntagmorgen in Ebersberg bei München. Im Saal redet Andreas Scheuer, der Generalsekretär der CSU. Vor dem Saal bringt ein älterer Herr die Partei ins Wanken. Genauer die mannshohen, blauen Buchstaben aus Pappe.
"Jetzt stehen wir vor dem CSU-Zeichen." / "Und was haben Sie gerade gemacht?" / "An dem S gerüttelt. Und an dem C." / "Warum?" / "Weil wir da Nachholbedarf haben. Beim Sozialen und beim Christlichen. Das schwindet. Das U ist okay."
Der Mann ist ein ehemaliger Ebersberger CSU-Funktionär. Seinen Namen möchte er aber lieber nicht im Radio hören. Dafür spricht der örtliche CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz über den Zustand des U – also der Union mit der Schwesterpartei CDU.
"Ich bin jetzt neu in dieser Legislatur im Bundestag – und umso stärker fällt einem auf, dass es schon drei Parteien sind: CDU, CSU und SPD, die sich im Moment in Berlin in einer Koalition befinden. Neulich im Ausschuss war beispielsweise die Frage, ob die CSU wirklich zu jedem Thema sprechen muss. Da hab' ich gesagt, natürlich, weil wir auch überall was zu sagen haben. Das wurde bei der CDU nicht nur wohlwollend aufgenommen."
Im Gegenteil. Viele CDU-Abgeordnete in Berlin sind schwer genervt von der bayerischen Schwester. Dieser Nerv-Faktor ist unter Horst Seehofer bedrohlich angestiegen. "Kann man den noch ernst nehmen?" wird auch Generalsekretär Scheuer bisweilen gefragt.
Die schwierige Rolle des CSU in Berlin
"Die CSU wird ernstgenommen, verlassen Sie sich drauf. Wir sind da sehr, sehr selbstbewusst. Unser Blick geht weit über die Grenzen Bayerns hinaus, aber unsere Stärke ist natürlich der Rückhalt der Bürgerinnen und Bürger hier in Bayern."
Diesen Rückhalt kann ein junger Abgeordneter wie Andreas Lenz bisweilen auch als Druck empfinden – besonders stark ausgeübt von der CSU-Landtagsfraktion in München.
"Natürlich wird häufig der Vorwurf laut: es geht zu langsam, es passiert zu wenig, es werden nicht genug CSU-Themen gesetzt. Das will ich gar nicht negieren. Aber es ist in Berlin natürlich auch ein anderes Umfeld als in München. Wir befinden uns in Berlin in einer Dreier-Koalition. Das ist in München leichter, wenn man die absolute Mehrheit hat. Da kann man natürlich auch die eigenen Themen leichter durchsetzen."
Punkte machen, Themen forcieren, Inhalte durchsetzen – die CSU scheint das verlernt zu haben. Bespiel Betreuungsgeld: knapp eine halbe Million Familien in Deutschland erhalten derzeit 150 Euro pro Monat dafür, dass sie ihr Kind nicht in einer staatlich geförderten Kindertagesstätte betreuen lassen. Für das SPD-geführte Hamburg ist das verfassungswidrig, weil der Bund gar nicht die Kompetenz für ein solches Gesetz habe. Sollte das Karlsruher Verfassungsgericht die umstrittene Prämie auf Bundesebene stoppen, will Seehofer sie wenigstens in Bayern weiterführen – notfalls auf eigene Kosten. Bei der blockierten PKW-Maut hält die Partei vorerst still – laute Kritik an der EU-Kommission hält Seehofer in Zeiten der Euro-Rettung für unangebracht. Zumal die CSU nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel schwächelt. Für Politik-Professor Werner Weidenfeld kein personelles, sondern ein inhaltliches Problem.
"Überlegen Sie sich mal: die CSU stellt den Fraktions-Vorsitzenden der EVP-Fraktion im europäischen Parlament! Die Schlüsselfigur überhaupt! Im Grunde genommen noch einflussreicher als der SPD-Abgeordnete Martin Schulz als Parlaments-Präsident! Das Problem liegt bei der Themensetzung: Sie haben nirgendwo eine thematische Führung seitens der CSU. Die kritisiert mal hier eine Kleinigkeit, da unterstützt sie was, da will sie was anderes. Aber Sie haben nicht ein großes Mega-Thema in der Republik, bei dem die Leute sagen: Boah, da müssen wir jetzt mal die CSU-Führung fragen."
Gut möglich, dass die CSU dieses Mega-Thema nun dort findet, wo es weh tut: in der Asyl- und Zuwanderungs-Debatte. Einen Vorgeschmack gab vor einer Woche die Aktuelle Stunde im Bayerischen Landtag zum Thema Flüchtlings-Politik. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer forderte SPD und Grüne auf, die Balkan-Länder endlich zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären.
"Dieses Dahergerede hier, das hört auf! Entweder stimmen Sie in Berlin im Bundesrat zu, oder Sie sind verantwortlich für die Zuströme aus dem Balkan."
Tauglich für's Bierzelt?
Die CSU-geführte Staatsregierung plant einen Beschluss, mit dem Bayern für Asylbewerber möglichst unattraktiv werden soll. Etwa durch Zeltstädte für Flüchtlinge. Hubert Aiwanger von den Freien Wählern in Bayern wirft der CSU kalkuliertes Politik-Versagen vor.
"Die nächste Wahl wird heute schon wieder vorbereitet durch eine Verschleppung der Asyl-Situation. Sie wollen nächstes Mal eine Eskalation an der Asylfront haben. Um zu sagen: Sie räumen auf, und die anderen verschlafen es."
So giftig verlief die Plenardebatte, dass sich Vize-Parlamentspräsidentin Inge Aures, SPD, bei den Gästen auf der Tribüne entschuldigte.
"Ich bitte jetzt um Ruhe. Und an die Zuschauer da oben: so geht's bei uns nicht immer zu!"
Im Bierzelt in Siegertsbrunn schmettert die Kapelle den bayerischen Defiliermarsch. Der ist im Freistaat eigentlich dem Ministerpräsidenten vorbehalten. Aber hier in Oberbayern, keine 15 Kilometer von Ilse Aigners Heimatort entfernt, machen sie eine Ausnahme – für den Franken Markus Söder.
"Im Bierzelt ist der Unterhaltungswert vom Söder deutlich höher als vom Seehofer!" / "Der Junge wächst dem Alten langsam über den Kopf!" / "A bisserl a Kopie vom Strauß!" / "Das wird der Mann der Zukunft sein!" / "Am Söder kommst nicht vorbei, wenn der neue Ministerpräsident gewählt wird." / "Also ich find ihn sehr, sehr gut. Ich würde sagen, das ist der Nachfolger. Lieber früher als später!"
"Liebe Gäste, vielen Dank für das Lob. Es war angemessen!"
Spitzbübisch grinst Markus Söder. Fast ein wenig zu selbstsicher nimmt der bayerische Finanzminister das Gastgeschenk entgegen: ein Lebkuchen-Herz mit der Aufschrift "Bierzelt-tauglich". Noch so ein Seitenhieb auf seinen Chef. Horst Seehofer spürt: aus dem Kronprinzen ist längst der erste Thron-Anwärter geworden. Es wird schwierig, Söder bis zur nächsten Landtagswahl 2018 im Zaum zu halten. Der CSU-Chef braucht Erfolge, und er braucht sie schnell. Vor allem in Berlin. Angela Merkel und Sigmar Gabriel werden es in Zukunft noch schwerer haben mit dem Unberechenbaren aus Bayern.