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Urwahl-Vorstoß der Jungen Union
Kramp-Karrenbauer unter Druck

Es soll keine Kritik an der Parteichefin sein, aber: Die Junge Union will darüber abstimmen, ob über die Kanzlerkandidatin der CDU künftig per Urwahl entschieden werden soll. Die CDU-Spitze fürchtet eine alles überlagernde Personaldebatte wie bei der SPD.

Von Katharina Hamberger |
08.10.2019, Mali, Gao: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Bundesverteidigungsministerin, spricht im Camp Castor der Stabilisierungsmission MINUSMA vor deutschen Soldaten. Die Verteidigungsministerin besucht am dritten Tag ihrer Reise nach Westafrika deutsche Soldaten in Gao. Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa | Verwendung weltweit
Die Debatten über den nächsten CDU-Kanzlerkandidaten verfolgen Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer auch nach Mali und Niger (picture alliance / dpa / Arne Immanuel Bänsch)
Annegret Kramp-Karrenbauer macht recht deutlich, dass sie wenig von einer Urwahl des Kanzlerkandidaten oder der -kandidatin der Union hält: "Die Union hat bisher mit guten Gründen immer gesagt, dass sie diesem Weg nicht folgt. Man wird sehen, wie die Delegierten sich verhalten werden."
Dies sagte die CDU-Vorsitzende dem Sender n-tv am Rande ihrer Reise als Verteidigungsministerin nach Mali und Niger - die Debatten um ihre Person begleiten sie auch dort. Denn sechs Wochen vor dem CDU-Parteitag will die Junge Union bei ihrem Deutschlandtag in Saarbrücken über einen Antrag abstimmen lassen, dass in Zukunft über den Unionsspitzenkandidaten oder die -kandidatin per Urwahl entschieden wird – und nicht mehr nur auf einem Parteitag.
"Ich glaube, dass die Frage, wer Kanzlerkandidat oder -kandidatin der CDU/CSU bei der nächsten Bundestagswahl werden soll, eine ganz ganz wichtige ist und diese sollte man, gerade nach so einer langen Ära Merkel nicht bei einem Parteitag entscheiden, sondern da sollte jedes Mitglied die Chance haben, sich an einer so wichtigen Wahl zu beteiligen", sagte Jens Münster, Landesvorsitzender der JU Rheinland-Pfalz unserem Hauptstadtstudio. Er unterstützt den Antrag anderer Landesverbände.
Als Kritik an Kramp-Karrenbauer sei das aber nicht zu verstehen, versicherte Münster. Dennoch vermittelt der Antrag genau dieses Bild: Teile der Jungen Union sehen es nicht als Automatismus an, dass die Parteivorsitzende auch Kanzlerkandidatin wird.
Junge Union gibt Merz den Vorzug
Hinzu kommt, dass ausgerechnet Friedrich Merz, ihr Konkurrent im Rennen um den Parteivorsitz, bei dem sich Kramp-Karrenbauer knapp durchgesetzt hat, nun überraschend am Freitag beim Deutschlandtag der Jungen Union eine Rede halten soll. Ursprünglich stand ein Auftritt von ihm nicht auf der Tagesordnung. Merz, der Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU – keine offizielle Parteivereinigung – ist und darüber hinaus kein offizielles Parteiamt bekleidet, spricht damit noch vor dem Antrag über eine Urwahl. Kramp-Karrenbauers Rede ist erst für den Abschluss des Deutschlandtages am Sonntag vorgesehen – und damit lange nach der Abstimmung über den Urwahl-Antrag.
Es rumort in der Union. Auch fast ein Jahr nach der Wahl zur Parteivorsitzenden scheint es Kramp-Karrenbauer noch nicht geschafft zu haben, die Reihen hinter sich zu schließen, immer wieder fallen auch andere Namen möglicher Konkurrenten für die Kanzlerkandidatur.
Dass diese Debatte, die auch in dem Antrag der JU ihren Ausdruck findet, nach dem Deutschlandtag schnell wieder verschwinden wird, davon geht auch die Parteivorsitzende nicht aus: "Also, die Junge Union war schon immer frei darin, eigene Anträge zu stellen. Man muss jetzt die Entscheidung auf dem Deutschlandtag abwarten und dann sicherlich auch möglicherweise eine Debatte auf dem Parteitag."
Führende CDU-Leute fürchten schädliche Personaldebatte
Im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale der CDU befürchtet man allerdings auch eine alles überlagernde Personaldebatte. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl sagte der "Bild"-Zeitung, mit einer Urwahl ginge immer eine wochen- oder gar monatelange Selbstbeschäftigung einher.
Der Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, bis Anfang dieses Jahres selbst noch Vorsitzender der Jungen Union, spricht sich zwar nicht deutlich für oder gegen den Vorschlag aus der JU aus, sagte der ARD aber auch: "Wir sehen an der SPD, dass diese Entscheide ja nicht ein Garant sind dafür, dass es nur nach oben geht in den Umfragewerten, sondern bei der SPD sieht man das Gegenteil", so Ziemiak.
Ähnlich argumentiert auch Mike Mohring, der Spitzenkandidat der CDU in Thüringen, wo am 27. Oktober gewählt wird. Er empfindet die Debatte offensichtlich als nicht hilfreich. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er, es wäre schön, wenn die CDU nicht die gleichen Fehler machen würde wie die SPD. Statt sich mit Personaldebatten aufzuhalten, solle sich die Partei auf Sachpolitik konzentrieren - und auf den Wahlkampf, mahnt Mohring.