Der Kriegsverlauf in Syrien unterstreicht mangelnde militärische Entschlossenheit und die diplomatische Schwäche des Westens so deutlich wie kein anderer Konflikt der vergangenen Jahre. Die Rückzugsankündigung durch Donald Trump entfacht eine Diskussion über die globale Rolle der USA neu. "Weltpolizist" – das sei eine veraltete Kategorie, so Norbert Röttgen, CDU, der Vorsitzende im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, in der ARD.
Aber: "Als Weltordnungsmacht sind die USA nicht ersetzbar und wenn sich Trump, wofür einiges spricht, mit den USA von dieser Rolle verabschiedet, dann wird die Welt unsicherer, instabiler und egoistischer werden, das ist die traurige Wahrheit weil es die noble Rolle der USA war, durchaus mit ihren Interessen auch für ihre Werte der liberalen Ordnung einzutreten."
Weltordnungsmacht auf dem Rückzug
Noblesse, für Donald Trump sicher keine Kategorie der internationalen Politik. Dennoch sei die Entscheidung Trumps ein schwerer Fehler, argumentiert der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff heute Morgen im Deutschlandfunk, er verwies auch auf Warnungen des inzwischen zurückgetretenen amerikanischen Verteidigungsministers Mattis und von Trump Sicherheitsberater Bolton, sich als Faktor in Syrien, wie Lambsdorff sagte, aus dem Spiel zu nehmen.
"Genau das hat Trump ignoriert, hat den Beschluss zum Abzug verkündet und ist damit ganz klar verantwortlich für eine Schwächung der amerikanischen Rolle im Nahen Osten, was die Kurden zu spüren bekommen, was auch Israel zu spüren bekommen wird, einer unserer engsten Verbündeten, also mit anderen Worten, diese Entscheidung ist ein schwerer Fehler."
Die Entscheidung im Weißen Haus hat auch einen innenpolitischen Aspekt hierzulande. Deutschland sei nur eingeschränkt in der Position, die Amerikaner glaubwürdig kritisieren zu können, da sind sich Röttgen und Lambsdorff einig. Die Bundesregierung müsse mehr tun, um eigene Verantwortung zu übernehmen.
Zeit für mehr Verantwortung
Röttgen: "Deutschland kann keinesfalls die USA irgendwie ersetzen, nicht einmal Europa kann es. Das Beklagen des Rückzugs der USA ist eine richtige Sache aber das Verweigern von angemessener Verantwortung ist ebenfalls kritikwürdig, also, wir müssen auch vor unserer Haustür kehren und selber zu mehr bereit sein in unseren und für unsere eigenen Interessen."
Wer dieses Plädoyer kritisch sieht, der könnte beispielsweise auf die Entwicklung des Verteidigungshaushalts der letzten Jahre verweisen, konkret auf die beträchtliche Steigerung von gut 35 Milliarden Euro im Jahr 2016 auf 43 Milliarden Euro 2019. Doch aufgrund des Wirtschaftswachstums ändern selbst diese Zuwächse wenig am Anteil der Verteidigungsausgaben bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt. Innerhalb der NATO hat sich Deutschland jedoch verpflichtet, diesen Anteil auf Jahre gesehen stetig zu erhöhen.
Graf Lambsdorff, meint deshalb: "Es ärgert mich maßlos, dass so getan wird als ob eine moderate Erhöhung unserer Ausgaben für unsere internationale Verantwortung die soziale Balance in Deutschland gefährden könnten, wir haben einen Verteidigungshaushalt von ungefähr 43 Milliarden Euro und wir haben im letzten Jahr Sozialtransfers in Deutschland gehabt von 965 Milliarden Euro, wir haben eine Schieflage in der Diskussion und ich glaube, wir brauchen eine reifere sicherheitspolitische Debatte in Deutschland."
Eine Debatte, die sicherlich auch im kommenden Jahr geführt wird. Nach dem Rückzug der Amerikaner wird die Nachkriegsordnung in Syrien vermutlich stärker von Russland, der Türkei und dem Iran beeinflusst, doch spätestens bei der Finanzierung des Wiederaufbaus in Syrien, werden die Blicke wieder auf Brüssel und Berlin fallen.