Vor allem der Pazifikraum schreckt kurz auf: Die taiwanische Präsidentin Tsai Ing-wen beugt sich über eine Telefonflunder und spricht mit ihrem künftigen Gegenüber Donald Trump. Es ist ein historischer Anruf, denn er hat die grundsätzliche US-Außenpolitik in der Region infrage gestellt: Im Jahr 1979 hatte die Regierung in Washington die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan gekappt und im Zuge der sogenannten Ein-China-Politik nur die Regierung in Peking anerkannt. Das Ausmaß eines Wandels dieser Politik wird bereits vorsichtig angedeutet.
So ließ der Protest aus Peking nicht lange auf sich warten. "Es muss darauf hingewiesen werden, dass es nur ein China auf der Welt gibt und Taiwan ein untrennbarer Teil des chinesischen Hoheitsgebietes ist", teilte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, mit. "Die Regierung der Volksrepublik China ist die einzige rechtmäßige Regierung, die China repräsentiert."
Taiwan hatte sich zum Ende des Bürgerkriegs 1948 von China abgespalten. Es wird aber von Peking weiter als abtrünnige Provinz betrachtet.
Sanfte und barsche Kritik
Die Verantwortung für das Telefonat wurde in Peking eindeutig Präsidentin Tsai zugeschrieben. Es handle sich um ein "von Taiwan ausgehecktes Manöver", sagte Chinas Außenminister Wang Yi dem Hongkonger Fernsehsender Phoenix. Die Reaktion an die Adresse Trumps fiel gemäßigter aus. Wang erinnerte den designierten US-Präsidenten an das Telefonat, das dieser nach seinem Wahlsieg im November mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping geführt hatte. Dieses sei "ein sehr positives Signal für die künftige Entwicklung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen" gewesen.
Das chinesische Außenministerium forderte Trumps künftige Regierung auf, das Thema Taiwan "vorsichtig und ordnungsgemäß" zu behandeln. Andernfalls könne es eine "unnötige Beeinträchtigung" der chinesisch-amerikanischen Beziehungen geben. Dies gelte es zu verhindern, hieß es.
Chinas einflussreiche, staatliche Tageszeitung "Global Times" warnte in einem Leitartikel vor den Konsequenzen für einen US-Präsidenten Trump: Sollte er die Ein-China-Politik beenden, würde das eine derartige Krise auslösen, dass er im Amt keine Zeit für andere Dinge haben werde - "aber das würde der gerissene Trump nicht tun".
Amtierende US-Regierung distanziert sich
Das Weiße Haus distanzierte sich umgehend. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Emily Horne, sagte kurz: "Es gibt keine Änderung an unserer seit langem geltenden Politik."
Angesichts der Aufregung um sein Telefonat betonte Trump, dass nicht er die Intiative dazu ergriffen habe, sondern die taiwanische Präsidentin. Und ergänzte: "Es ist interessant, dass die USA militärische Ausrüstung im Milliardenwert an Taiwan verkaufen, aber ich keinen Glückwunschanruf akzeptieren soll."
(sdö/am)