Archiv

US-Austauschschüler
Fernweh nach Deutschland

Deutsche Schüler zieht es in die USA, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und das Land ihrer Pop-Idole oder Serienhelden kennenzulernen. Doch was zieht amerikanische Jugendliche nach Deutschland?

Von Thomas Reintjes |
    Der Blick in ein Container-Klassenzimmer
    Amerikanische Schüler kommen mit unterschiedlichen Austauschprogrammen nach Deutschland. (picture-alliance / dpa/Bernd Weißbrod)
    "Ich heiße Walter Schlect. Ich komme aus den USA, aus dem Bundesstaat Washington, aus der Stadt Yakima, eine kleine Stadt, die so zweieinhalb Stunden von Seattle entfernt ist."
    Washington liegt ganz im Westen, weiter weg von Deutschland geht in den USA kaum, außer in Alaska oder auf Hawaii. Aber selbst dort gibt es Schulen, an denen Deutsch als Fremdsprache angeboten wird. In allen US-Bundesstaaten pflegen High Schools Austauschprogramme mit deutschen Schulen. Auch an der West Valley High School von Walter Schlect gibt es einen Lehrer, der einen Austausch organisiert.
    "Wegen dieses Programms wollte ich eigentlich Deutsch lernen. Weil, ich wollte halt ins Ausland gehen und für Spanisch gab es kein ähnliches Programm und deswegen habe ich Deutsch genommen, als ich am Gymnasium war."
    "Deutschlehrer sind sehr an diesem Programm interessiert, weil es ihr Fach und ihr Department in der Schule etabliert."
    Stefanie Proessl betreut und koordiniert Schulpartnerschaften zwischen Deutschland und Amerika im German American Partnership Program, kurz GAPP.
    "Es gibt über 750 Partnerschulen, und es fahren jedes Jahr an die 4.000 Amerikaner nach Deutschland."
    Und GAPP ist nur eines von mehreren Programmen. Neben vielen kommerziellen und nicht-kommerziellen Anbietern gibt es auch noch das Parlamentarische Patenschafts-Programm von US-Kongress und Bundestag. Auch bei GAPP kommt das Geld vom Staat - dem amerikanischen State Department und dem Auswärtigen Amt. Doch während das Parlamentarische Patenschafts-Programm schon Budgetkürzungen in Millionenhöhe verkraften musste, bleibt der GAPP-Etat stabil. Das Geld investiert GAPP in Reisekostenzuschüsse für die Lehrer, die den Austausch organisieren. Pro teilnehmendem Schüler gibt es außerdem bis zu 85 Dollar pauschal, die die Lehrer nach eigenen Vorstellungen ausgeben können. Vor zwölf Jahren war Walter Schlect Teilnehmer einer so geförderten Austauschreise nach Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern.
    "Das war mein erstes Mal im Ausland, das erste Mal in einem nicht-englischsprachigen Milieu. Und auch wenn mein Deutsch damals nicht so besonders gut war, war es wirklich eine ganz, ganz interessante Erfahrung, andere Teenager und eine andere Kultur kennenzulernen, eine andere Stadt zu sehen, ja eigentlich eine andere Kultur zu erleben."
    Begegnung mit einem anderen Weltbild
    Aufgewachsen in einer recht konservativen amerikanischen 100.000-Einwohner-Stadt begegnet ihm 2003 in Güstrow ein ganz anderes Weltbild. Er erfährt von seinen Gasteltern wie das Leben im Sozialismus wirklich war und bekommt die damaligen Diskussionen um eine Teilnahme Deutschlands am Irak-Krieg mit. Die deutschen Teenager beneidet er um ihre Bewegungsfreiheit, weil sie nicht so sehr auf Autos angewiesen sind, um durch die Stadt zu kommen. Nach drei Wochen Güstrow und der anschließenden Deutschlandreise war das Kapitel für Walter Schlect noch lange nicht abgeschlossen.
    "Ich erinnere mich, dass ich irgendwie fühlte, dass ich noch nicht bereit war, heimzufahren. Weil irgendwie gab es noch etwas zu lernen, zu sehen und irgendwie sollte das weiter gehen."
    "Es geht weiter nach GAPP. GAPP wirkt wirklich nach vorne. Schüler, die im Austausch in Deutschland waren, nehmen Deutsch auch als Fach am College und öfter beeinflusst das auch den Berufsweg."
    "Also ich hab Germanistik studiert und dann danach habe ich mich beworben um Fremdsprachenassistent zu werden, in Österreich. Und das erste Jahr war ich in Klagenfurt und das zweite Jahr war ich in Wien. Und dann bin ich zurück in die USA gekommen und habe mich entschlossen einen Master zu machen. Ich habe Bibliotheks- und Informationswissenschaft an einer Uni in New York studiert, Pratt-Institute. Und jetzt bin ich Bibliothekar beim Goethe-Institut."
    Der GAPP-Alumnus ist Bibliothekar an dem Goethe-Institut in New York, an dem auch Stefanie Proessl mit dem GAPP-Büro angesiedelt ist, von wo sie jedes Jahr tausenden amerikanischen Schülern eine potenziell karriereentscheidende Reise nach Deutschland ermöglicht.