Archiv

US-Band !!! (Chk Chk Chk)
Vom Underground ins Establishment?

Die US-amerikanische Dance-Band !!! beziehungsweise Chk Chk Chk hat ihren Ursprung im Punk. Seit 20 Jahren im Geschäft, ist von der Punk-Attitüde heute nicht mehr viel geblieben, auch politische Texte sucht man vergebens. Das aktuelle Album "Shake your Shudder" bietet zeitgemäße Tanz- und Elektrosounds.

Von Andreas Zimmer |
    Die US-amerikanische Punk-Band !!! (Chk Chk Chk).
    Die US-amerikanische Punk-Band !!! (Chk Chk Chk). (Erez Avissar)
    Man muss schon irgendwie Insider sein, um überhaupt einmal von der Band mit den drei Ausrufezeichen als Namen gehört zu haben. Und weil die korrekte Aussprache so schwierig ist, lieferte die Gruppe die Hilfestellung dazu gleich mit: Chk Chk Chk. Die Legende sagt, alles gehe zurück auf die Klicklaute in der Buschmannsprache des südafrikanischen San-Volkes, wie in der Kinokomödie "Die Götter müssen verrückt sein" von 1980. Sänger Nic Offer klärt auf:
    "Die Idee hinter dem Bandnamen waren drei sich wiederholende Wörter oder Sounds. Und früher, als wir noch Punk-Shows in Clubs mit schlechten Verstärkern gespielt haben, gaben wir uns Namen wie 'Pau Pau Pau' oder 'Bämm Bämm Bämm' oder drei Mal Zungeschnalzen. Da bleib 'Chk Chk Chk' einfach irgendwie hängen."
    Schon 20 Jahre im Geschäft
    Geheimnis gelüftet. Gerade noch rechtzeitig zum 20-jährigen Bandjubiläum. Denn so lange sind Chk Chk Chk tatsächlich schon im Geschäft. So richtige Schnellschreiber sind die Musiker um Nic Offer aber nicht, denn das aktuelle Album "Shake your Shudder" ist erst das siebte. Dennoch: Nic und seine Bandkollegen können von ihrer Musik leben. Das bedeutet doch auch Erfolg – aber ist es auch ein Durchbruch?
    "Wir werden wohl nie erfolgreich genug sein, um den Underground zu verlassen. Darüber denken wir heute überhaupt nicht nach. Es gab mal einen Moment Anfang der Nullerjahre, als wir dem kommerziellen Erfolg nahe waren. Aber als es damit dann doch nichts wurde, waren wir fast glücklich. Denn es bedeutete: Wir können weiter alles machen, was uns Spaß macht."
    Vom Punk nicht mehr viel übrig
    Eine interessante Theorie, die Nic Offer da aufstellt. Schließlich unterstellt er ja, dass erfolgreichere Bands sich mehr oder weniger wiederholen und nicht mehr neu erfinden. Umgekehrt könnte das im Fall von Chk Chk Chk aber auch bedeuten, dass vom Label Dance-Punk, unter dem die Band zu Beginn firmierte, nicht mehr viel übrig ist.
    "Ich bin davon überzeugt, dass der Begriff immer noch zutrifft. Wir versuchen, Dance-Music zu machen und sind eine Live-Band. Also sind wir dem Begriff Disco sehr nah. Und Punk? Da kommen wir her. Inzwischen wird das als Abkürzung für jede Musik mit Haltung und einer Portion Rebellion benutzt."
    Dampf ablassen
    Von der Punk-Attitüde früherer Tage ist heute tatsächlich nicht mehr viel geblieben. Wobei sich natürlich auch die Dance-Musik immer weiter entwickelt. Und so finden sich auf der neuen Chk-Chk-Chk-Platte dann zeitgemäße Tanz- und vor allem Elektro-Sounds.
    Dieser moderne Ansatz korrespondiert sehr gut mit den althergebrachten Einflüssen aus der Motown- und Funk-Ära. In den Songs geht es vordergründig darum, einmal Dampf abzulassen. Vor allem durch Abtanzen. Bohrt man allerdings ein wenig tiefer, erfährt man von den Ängsten, denen sich die Musiker stellen müssen. Allen voran der Angst vor der eigenen Irr-Relevanz.
    Gegen das Establishment
    Punk ist ja bekanntlich nicht nur ein Lebensgefühl, sondern hat einen handfesten politischen Hintergrund. Punk richtet sich gegen das so genannte Establishment. Vordergründig betrachtet, müsste dieser Anspruch, Gewissheiten und Systeme zu zertrümmern, gut in die Zeit passen, mit einer US-Regierung, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, mit den alten Politik-Strukturen zu brechen. Dazu äußert sich die Band direkt nicht, lässt sich aber bereitwillig in die Karten schauen:
    "Wir haben am Wahlabend ein Konzert als Vorbereitung der Plattenaufnahme gespielt. Gerade als wir auf die Bühne gegangen sind, fing es an, schlecht auszusehen. Es lag eine unglaubliche Spannung in der Luft. So wie nie zuvor. Klar hätten wir darüber einen Song schreiben können, sowas kann man aber nicht erzwingen. Es muss einfach passieren."
    Wider den politischen Aktivismus
    Auf dem neuen Ch-Chk-Chk-Album "Shake the Shudder" findet man deshalb keine politischen Songs – ebenso wenig wie auf den drei oder vier Vorgängeralben. Das war in den Gründungsjahren einmal anders. Während sich derzeit viele Musiker krampfhaft an der Figur Trump abarbeiten, widersetzt sich Chk Chk Chk dem politischen Aktivismus. Vielleicht ist die Band mit dem Alter einfach gelassener geworden.
    "Dass wir jetzt selten politische Texte schreiben, kommt das vielleicht daher, dass wir schon früher so viele geschrieben haben. Wir kommen aus dieser Szene. Heute machen wir das nur noch, wenn wir glauben, dass wir wirklich etwas zu sagen haben. Sonst entstehen Songs, die am Ende niemand braucht."