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US-Kongresswahlen
"Die Republikaner müssen zeigen, dass sie die USA voranbringen"

Das Ergebnis der Kongresswahlen sei ein Denkzettel für US-Präsident Barack Obama, aber kein Rechtsruck, sagte David Knower, Mitglied im Führungsgremium der Republikaner, im DLF. Er habe die Hoffnung, dass der Kongress mit dem Präsidenten zusammenarbeite. "Die müssen an das Land denken, nicht nur an die Partei."

David Knower im Gespräch mit Dirk Müller |
    Der Republikaner David Perdue freut sich über seinen Sitz im US-Kongress.
    Die Republikaner wie David Perdue freuen sich über die Mehrheit im Kongress. (picture alliance / EPA / John Amis)
    Knower sagte weiter, die Republikaner müssten zeigen, dass sie das Land voranbringen können - auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren. Mit der Abstimmung habe der Kampf ums Weiße Haus begonnen. Er traue Obama mehr zu, als dieser bisher gezeigt habe. Wenn beide Seiten Kompromisse fänden, könnten sie viel bewegen.

    Das Interview in voller Länge:
    Dirk Müller: Eine große, ganz große Überraschung ist es nicht. Aber so klar und so deutlich? Die Auguren hatten es zumindest in der Tendenz vorhergesagt. Fulminant sind die Republikaner zurück auf der politischen Bühne, und zwar in der ersten Reihe. Die Opposition gewinnt die Kongresswahlen glasklar, erobert sogar die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, damit eben die Mehrheit in beiden Häusern. Damit steht Barack Obama vor einer Wand namens Republikaner. Regieren in Washington wird noch schwerer.
    Barack Obama verliert seine Mehrheit im amerikanischen Kongress - darüber wollen wir nun sprechen mit dem Amerikaner David Knower, Investmentbanker in Frankfurt, zugleich Mitglied im National Committee der Republikaner. Guten Tag.
    David Knower: Guten Tag.
    Müller: Herr Knower, geht es Ihnen jetzt besser?
    Knower: Ja, das werden wir sehen. Ich meine, es war natürlich eine lange Nacht und ich bin sehr glücklich mit den Ergebnissen. Aber wie man auch im Banking sagt: Wenn der Deal gemacht ist, fängt die Arbeit an, und wir müssen mal sehen, was der Kongress mit Präsident Obama erreichen kann.
    Hoffnung, dass der Kongress mit dem Präsidenten zusammenarbeitet
    Müller: Die amerikanische Politik ist noch nicht besser geworden?
    Knower: Das werden wir sehen. Man hat auch in der Vergangenheit gesehen, als Newt Gingrich _94 gewonnen hat und der Kongress war komplett republican und Bill Clinton war Präsident. Die haben sehr, sehr viel zusammen erreicht, und das ist meine Hoffnung auch, dass der Kongress mit dem Präsidenten zusammenarbeitet für die amerikanischen Menschen.
    Müller: Und das trauen Sie beiden Seiten zu?
    Knower: Ja, auf jeden Fall. Mitch McConnell hat gestern Abend auch gesagt, er möchte wieder in Richtung Bipartisanship gehen, wo wir schon lange nicht mehr waren, dass man in der Lage ist, wirklich miteinander zu reden, und die Results, die wir, ich sage mal, so vor 20 Jahren hatten, wo die Republicans und die Democrats, wo die Kinder zusammen in der Schule waren, wo die Abends zusammen essen gegangen sind. Die haben sich gestritten tagsüber und Abends sich getroffen miteinander verständlich gemacht und Kompromisse gefunden, und das ist das, was wir in den USA brauchen.
    Müller: Sie haben gesagt "Bipartisanship". Das heißt, die beiden Parteien arbeiten zusammen, jeder Politiker muss ein bisschen auch überparteilich denken, für das Land denken. Kann man das so übersetzen?
    Es kann viel mehr bewegt werden
    Knower: Ja. Bipartisan heißt, die müssen an das Land denken und nicht nur an die Partei, und die müssen Kompromisse finden, miteinander arbeiten, dass es vorwärtsgeht.
    Müller: Das sagen Sie jetzt so. Wir haben in den vergangenen Jahren zumindest in Deutschland immer gehört und in Europa, das klappt überhaupt nicht, die beiden können überhaupt nicht miteinander. Warum soll das jetzt anders werden?
    Knower: Jetzt ist die Gelegenheit da. Ich bin Optimist und ich hoffe sehr, dass das passiert. Wie ich anfangs gesagt habe: Jetzt fängt die Arbeit an. Aber es muss eigentlich in den nächsten zwei Jahren passieren. Für Obama ist es wichtig für seine Präsidentschaft, dass er was erreicht, und für die Republicans ist natürlich 2016 wichtig und die müssen zeigen, dass sie regieren können, dass sie mitmachen können, dass sie die USA voranbringen. Sonst haben die 2016 große Probleme.
    Müller: Ich bleibe bei dem Punkt noch mal, Herr Knower. Das heißt, Sie trauen Barack Obama viel, viel, viel mehr zu als das, was er bislang gezeigt hat?
    Knower: Yes! Auf jeden Fall! Das hat man auch gesehen wie gesagt _94 mit Clinton und Gingrich. Es gibt auch Informationen über verschiedene Szenarien in der Regierung, wenn der Kongress nur demokratisch ist oder nur republikanisch und der Präsident von der anderen Partei kommt, dass viel mehr bewegt werden kann.
    Müller: Jetzt machen wir uns das in Deutschland ja häufig sehr einfach, kritisieren jedenfalls viele Amerikaner, die da sagen, die Demokraten, die stehen in der Mitte, die sind vielleicht ein bisschen links, und die Republikaner sind rechts und durch die Tea-Party sind die noch viel weiter nach rechts gedriftet. Ist das für Sie auch ein Parameter, ein Maßstab, zu sagen, Amerika rückt jetzt durch dieses Ergebnis automatisch nach rechts?
    Das war ein Denkzettel
    Knower: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, dieses Ergebnis war eher so eine Gegenstimme zu Obama.
    Müller: So was wie ein Denkzettel?
    Knower: Ein Denkzettel. Und was dabei in der Zukunft herauskommt, muss man dann sehen. Die Tea-Party - wir haben auch gesehen in den ganzen Primaries für den Senat, die Gouverneure und so, da gab es nur ein Tea-Party-Mitglied, das gewonnen hat, der Rest hat alle verloren. Ich glaube, die Republican Party hat schon gemerkt, dass es zu weit gegangen ist und sie müssen mehr zurück in die Mitte. Auf der Democratic-Seite sind auch Leute wie Elizabeth Warren aus Massachusetts, die sehr weit links ist, und Pelosi aus Kalifornien, und die müssen auch ein bisschen nach rechts rücken. Nur wenn das passiert, können wir die Kompromisse finden, um die USA voranzubringen.
    Müller: Das ist ein bisschen jetzt so, daran erinnern Sie mich, was viele von uns im Studium versucht haben, zumindest zu lernen, oder wie das in Deutschland vermittelt worden ist. Es kommt nicht auf die Partei an - da reden wir jetzt von Mitte der 80er; das war die Einschätzung damals -, sondern es kommt darauf an, wo der Politiker, die Politikerin herkommt.
    Knower: Ja natürlich. Ich meine, jeder Bundesstaat hat unterschiedliche Prioritäten. In Midd-West ist Agrar Culture natürlich viel wichtiger ...
    Müller: Also Landwirtschaft!
    Knower: Landwirtschaft, ja. Sorry! An der Ostküste gibt es andere Interessen. Im Nordwesten von den USA, wo Boeing ist, ist natürlich die Manufaction von Flugzeugen wichtig und Defense Budgets, damit die halt ihre Jobs haben.
    Man muss gemeinsam schauen, dass die USA vorankommt
    Müller: Das muss ich noch kurz sagen: Flugzeugindustrie oder Verteidigungshaushalt beziehungsweise Verteidigungs- und Rüstungsgüter.
    Knower: Genau. Amerika ist groß. Die Westküste ist nicht die Ostküste und der Süden ist nicht Midd-West, und die Leute haben erst mal ihre eigenen Wähler zu unterstützen und zu helfen mit den Belangen, die die haben, aber letztendlich auch alle gemeinsam schauen, dass USA vorwärtskommt.
    Müller: Trotz der Tea-Party oder des Phänomens der Tea-Party in den vergangenen Jahren - darüber haben wir hier ja häufig berichtet - kann es immer noch so sein, dass ein Demokrat aus dem Süden viel, viel konservativer ist als ein Republikaner aus dem Norden oder von der Ostküste?
    Knower: Ja, ja. Das hat man schon öfters gesehen. Die sogenannten Reagan Democrats aus dem Süden, die eher dann republican gewählt haben, und wenn man nach Norden geht, Nordosten, vor allem in Maine, sind die republikanischen Senatoren eher links. Das stimmt.
    Müller: Herr Knower, wie lange sind Sie schon in Deutschland?
    Knower: Oh, sehr lange. 26 Jahre.
    Merkel wäre in den USA ein Demokrat
    Müller: Deshalb sprechen Sie so gut Deutsch.
    Knower: Ja.
    Müller: Haben Sie denn eine Erklärung dafür, warum die Deutschen - ich behaupte das jetzt einfach mal -, wenn die zu wählen hätten, wieder zu 95 Prozent Demokraten gewählt hätten und 99 Prozent Obama. Warum ist das so, dass die Deutschen das ganz, ganz anders sehen als die Amerikaner?
    Knower: Ja gut, Deutschland ist eine soziale Marktwirtschaft. Ich sage mal so: Die Frau Merkel wäre in den USA ein Demokrat und das ist einfach eine ganz andere Politik in den USA wie in Deutschland und auch in vielen anderen Ländern.
    Müller: Auch bei der Gesundheitsreform wundern sich ja viele Europäer, viele Deutsche: Es kann doch nicht wahr sein, dass das so umstritten ist. Jetzt hat Barack Obama endlich eine Gesundheitsreform umgesetzt und die Amerikaner finden es nicht gut.
    Knower: Nein, das würde ich nicht so sagen. Ich bin der Meinung, dass eine Gesundheitsreform auf jeden Fall nötig ist. Nur das, was er gemacht hat, erst mal totaly partisan, das heißt ohne eine einzige Stimme von der republican party, keine Unterstützung, ein Gesetz, das kein Mensch versteht. Mehrmals hat man festgestellt, dass das, was er gesagt hat, überhaupt nicht gestimmt hat. Die Leute können nicht ihre eigene Versicherung behalten. Viele Leute verlieren ihre Versicherung. Ich bin auch der Meinung, so wie es das in Deutschland gibt, finde ich das System hier super. Und was man nicht weiß: Der durchschnittliche Deutsche zahlt die Hälfte an Krankenversicherungskosten als der durchschnittliche Amerikaner und 40 Millionen Amerikaner haben gar keine Krankenversicherung.
    40 Millionen Amerikaner haben keine Krankenversicherung
    Müller: Also haben die Amerikaner es nicht verstanden, die gegen eine staatliche Pflichtversicherung sind?
    Knower: Ja. Ich glaube, es gibt andere Gründe, warum das System in den USA so teuer ist. Zum einen liegt es daran: Wenn in Deutschland der Arzt den falschen Finger abschneidet, dann kriegt man 5000 Euro Schmerzensgeld. In den USA der falsche Finger, dann kriegt man zwei Millionen, drei Millionen, und das verursacht natürlich erst mal sehr hohe Versicherungen, die bezahlt werden müssen. Und zweitens, dass jeder Arzt jeden Test, der möglich ist, durchführt, um sicherzugehen, dass er keine Fehlentscheidung macht, und das ist sehr, sehr teuer.
    Müller: Jetzt müssen wir noch einmal, Herr Knower, ganz kurz zum Schluss nach vorne schauen. Mit den Wahlen heute, mit dem Ergebnis heute vor allem, was feststeht, zugunsten der Republikaner, beginnt jetzt schon der Kampf ums Weiße Haus?
    Knower: Das stimmt. Deswegen habe ich ja auch gesagt, die Republicans müssen zeigen, dass sie regieren können und dass sie wirklich an den USA interessiert sind und vorwärtsgehen. Der Obama muss auch kämpfen, weil der weiß auch, dass seine Partei auch nach vorne kommen muss. Und jetzt ist die große Frage, was wird in der Zukunft, wer kommt 2016. Ich habe vor zwei Jahren, als Obama zum zweiten Mal gewonnen hat, gesagt, die gleichen Namen wie _92, es wird Bush gegen Clinton sein. Das habe ich damals gesagt und das glaube ich heute noch.
    Müller: Danke nach Frankfurt - der Amerikaner David Knower bei uns im Interview hier im Deutschlandfunk, Mitglied im National Committee der Republikaner. Vielen Dank!
    Knower: Gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.