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US-Kongresswahlen
Jetzt ist Kompromissbereitschaft gefragt

Die Republikaner haben künftig wieder die Mehrheit im US-Senat. Für US-Präsident Obama wird das Regieren so wieder schwieriger. Ob sich beide Seiten zu Kompromissen durchringen können, ist fraglich. Für große Gesetzesvorhaben wären die aber nötig.

Von Marcus Pindur |
    Das Kapitol in Washington D.C., in dem Repräsentantenhaus und Senat tagen.
    Die Republikaner haben künftig in beiden Kammern des US-Kongresses die Mehrheit. (picture alliance / dpa / Ron Sachs)
    Der Wahlabend begann mit einem Paukenschlag. Unerwartet deutlich setzte sich der Anführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell gegen seine demokratische Herausforderin durch – Erleichterung bei den Republikanern.
    McConnell, der Platzhirsch in Kentucky, seit 30 Jahren im Amt, hatte sich bis zwei Wochen vor der Wahl noch schwer getan gegen seine 36-jährige Konkurrentin Alison Lundergan Grimes. Zeitweise lagen die beiden in den Umfragen gleichauf. Doch das Ergebnis war am Ende deutlich: Mit 56 zu 41 Prozent setzte sich McConnell durch. An Barack Obama richtete er ungewöhnlich kompromissbereite Worte.
    "Ich erwarte nicht vom Präsidenten, dass er die Welt morgen früh ganz anders sieht als heute. Das werde ich auch nicht tun. Aber wir haben eine Verpflichtung zusammenzuarbeiten bei Themen, bei denen wir uns einigen können. Ich glaube, ich habe diese Bereitschaft in der Vergangenheit gezeigt. Und ich hoffe, der Präsident gibt mir die Chance, dass unter Beweis zu stellen."
    Überparteiliche Koalition bei Gesetzesvorhaben?
    In beiden Häusern haben die Republikaner eine Mehrheit, und Mitch McConnell gehört zu denjenigen Republikanern, die wissen, dass sie damit auch Verantwortung tragen. Will er gesetzgeberisch in den nächsten zwei Jahren etwas erreichen, dann muss er für wichtige Vorhaben – Haushalt, Immigration, Unternehmenssteuerreform – eine überparteiliche Koalition von Republikanern und Demokraten zusammenbekommen. Denn die Mehrheit der Republikaner im Senat reicht nicht aus, um eine Abstimmung über wichtige Gesetzesvorhaben zu erzwingen, dafür braucht es 60 Stimmen. Außerdem muss der Präsident zustimmen, der ansonsten sein Veto einlegen kann.
    Ob sich die gemäßigt Konservativen gegen die Tea Party-Ideologen durchsetzen ist unklar. Erster Ärger in der Republikanischen Partei deutet sich an. Der Tea Party-Senator Ted Cruz wollte sich nicht festlegen, ob er Mitch McConnell auf der Fraktionsversammlung der republikanischen Senatoren zum Mehrheitsführer wählen will.
    Das werde die republikanische Fraktion erst nächste Woche entscheiden, wich Ted Cruz aus. Das gab zu ersten Spekulationen Anlass, der Tea Party Senator Cruz wolle gegen Mitch McConnell als Mehrheitsführer kandidieren.
    Aufgaben gibt es genug
    Für die Demokraten war der Wahlabend ernüchternd, zumal nicht nur die Mehrheit im Senat verloren ging, sondern auch viele Gouverneursposten. Beispiel Maryland: eigentlich ein strukturell demokratischer Bundesstaat, doch dort setzte sich unerwartet deutlich ein Republikaner durch. Genauso in Massachusetts und Illinois. Auch im Repräsentantenhaus kein Lichtblick für die Demokraten: Dort konnten die Republikaner ihre Mehrheit noch leicht ausbauen.
    Die Frage ist, wie Präsident Obama jetzt damit umgeht. Ein optimistisches Szenario geht davon aus, dass sowohl der Präsident als auch die gemäßigten Republikaner in den nächsten zwei Jahren legislativ noch etwas erreichen wollen. Das würde zu Kompromissen zwingen. Denkbare Bereiche: Haushalt, Immigrationspolitik, Unternehmenssteuerreform. Doch die vergangenen Jahre haben auf beiden Seiten wenig Kompromissbereitschaft erkennen lassen. Das liegt nicht nur an den Hardlinern der Tea Party. Auch aus Kreisen der Demokraten mehren sich die Stimmen, die eine zunehmende Abschottung des Weißen Hauses beklagen.
    Barack Obama hat für Freitag die führenden Republikaner und Demokraten aus dem Kongress ins Weiße Haus eingeladen. Aufgaben, die in den letzten Jahren liegen geblieben sind, gibt es zuhauf. Die Weltmacht USA hat seit vier Jahren keinen ordentlichen Haushalt mehr verabschiedet. Doch ob auf beiden Seiten der Wille zur Aufhebung der Blockade vorhanden ist, ist auch nach dem gestrigen Wahlabend unklar.