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US-Medien nach Trump
Neuer Dialog zwischen Regierung und Medien

Mit dem Amtswechsel im Weißen Haus dürfte sich auch für die US-Medien einiges ändern. Beleidigungen und öffentliche Angriffe wird es von Joe Biden wohl nicht geben. Doch der Journalist Christoph von Marschall erwartet in einigen Fragen auch Kontinuität.

Christoph von Marschall im Gespräch mit Antje Allroggen / Text: Sören Brinkmann |
Blick in den Briefing Room im Weißen Haus.
Der Briefing-Raum dürfte unter US-Präsident Biden wieder häufiger genutzt werden (imago/Allison Dinner)
Verbale Angriffe auf Journalisten, überraschende Nachrichten per Twitter oder Anrufe in Live-Sendungen bei Fox News: Während seiner Amtszeit als US-Präsident hatte Donald Trump ein zwiespältiges Verhältnis zu den Medien. Einerseits konnte er von stundenlangen TV-Übertragungen seiner Auftritte und Pressekonferenzen profitieren, andererseits unterstellte er dem Nachrichtensender CNN oder der New York Times, sie würden Fake News verbreiten.
Eine Person mit einer Schirmmütze auf dem Kopf liest eine englischsprachige Zeitung.
US-Medien nach der Ära Trump - Die lokalen Hoffnungsträger
Die viel diskutierte Spaltung der Gesellschaft in den USA zeigt sich auch in der Polarisierung der öffentlichen Meinung. Doch vor allem die lokalen Medien genießen noch ein breites Vertrauen in der Bevölkerung – eine Chance und eine Gefahr zugleich.
Zu hören waren solche Äußerungen bereits während des Wahlkampfs im Jahr 2016. Der eigentliche Bruch zwischen Trump und weiten Teilen der Presse habe jedoch rund zwei Jahre nach dem Amtsantritt als US-Präsident stattgefunden, so der Journalist Christoph von Marschall, "als Trump seine Sprecher gar keine Briefings mehr abhalten ließ und auch immer seltener selbst Pressekonferenzen gab". Damit sei die eigentliche journalistische Arbeit nicht mehr möglich gewesen.

Viele Wechsel der Pressesprecher im Weißen Haus

Hinzu kommt, dass mehrere Sprecher und Kommunikationschefs im Weißen Haus schnell von Donald Trump ausgewechselt wurden. Unter ihnen gilt vor allem Anthony Scaramucci, der nur zehn Tage im Amt war, als schillernde Figur.
Sein Vorgänger Sean Spicer wurde von einem Journalisten mit den Worten begrüßt "Sean, wir vermissen dich" – nachdem er sich über Wochen nicht der Presse gestellt hatte. In der Folge waren auch immer weniger Journalisten in den Briefing Raum des Weißen Hauses gekommen.

Kritische Medien profitierten in der Trump-Zeit

Christoph von Marschall sagte im Deutschlandfunk, dass seine Wahrnehmung während des Hypes um Barack Obama ganz anders gewesen war: "Da reichten die Räume überhaupt nicht aus, weil so viele Leute an diesen Briefings teilnehmen wollten."
Christoph von Marschall ist als Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion beim Berliner "Tagesspiegel" tätig. Von 2005 bis 2013 berichtete er aus den USA und war der einzige deutsche Zeitungskorrespondent mit Zugangspass zum Weißen Haus. In den Jahren 2017/18 berichtete von Marschall erneut aus den USA.
Insbesondere die kritischen Medien, die von Trump immer wieder angegriffen wurden, konnten allerdings auch profitieren: Die Quoten des Nachrichtensenders CNN sind im letzten Jahr so stark gestiegen, dass CNN mittlerweile auf Platz zwei der US-Nachrichtensender hinter FOX News liegt. Die Zahl der Digital-Abonnements der New York Times hat sich in den zurückliegenden vier Jahren von rund 1,5 Mio. auf mehr als 6 Mio. vervielfacht.

"Tradition der Pressebriefings wieder aufgenommen"

Unter Joe Biden erwartet von Marschall, dass sich der Dialog zwischen Medien und der Regierung wieder normalisieren wird: "Ich glaube, dass diese alte Tradition der nahezu täglichen Pressebriefings im Weißen Haus wieder aufgenommen wird", sagte er im Deutschlandfunk.
Donald Trump im Presseraum des Weißen Hauses am 5. November 2020
Donald Trump und die US-Medien - Aus für den Quoten-Star
Während seiner Präsidentschaft hat Donald Trump die Berichterstattung in den US-Medien dominiert. Dadurch haben viele TV-Sender Top-Quoten eingefahren. Doch Trump will auch weiterhin in der Öffentlichkeit mitreden - wer berichten wird, ist fraglich.
Mit Blick auf die Verfolgung von Whistleblowern erwartet von Marschall keine großen Veränderungen: "Da unterscheiden sich die beiden Parteien gar nicht so sehr voneinander. Da kannte weder George W. Bush viel Spaß, noch hat Barack Obama da viel Spaß gekannt."